Heimische Wildpflanzen sind die neuen Exoten
Heimische Wildpflanzen sind vielerorts selten geworden und damit die neuen Exoten in unseren Gärten. Sie sind, im Gegensatz zu Neuzüchtungen und Neuankömmlingen, eine wichtige Nahrungsquelle für Wildbienen und Schmetterlinge. In puncto Stand- und Klimafestigkeit sind sie anderen Arten deutlich überlegen. Auch kalte Winter überleben sie meist ohne Probleme. Gut für dich, gut für die Natur.
Also pflanzt heimische Arten, so wie diese!
Markus Wichert
Naturgärtner
Was ist Golddistel?
Regional nennt man die auffällige Golddistel auch Gemeine Wetterdistel oder Kleine Eberwurz; sie gehört wie alle „richtigen“ Disteln zur Familie der Korbblütler (Asteraceae). Wild wächst sie auf kalkhaltigen mageren Böden wie Magerrasen und Bergwiesen Europas, Russlands und Nordafrikas, in den Alpen bis auf 1700 Meter Höhe.
Der Name Wetterdistel kommt von den hygroskopischen Hüllblättern: Je nach Luftfeuchtigkeit biegen sich die inneren nach innen und schützen so die Röhrenblüten vor Regen. Sobald es wieder warm und trocken wird machen sie den Weg für Bestäuber wieder frei.
Die ausdauernden zweijährigen Stauden werden bis über 40 Zentimeter hoch; im ersten Jahr bildet ihre lange Pfahlwurzel nur eine bodennahe Blattrosette aus 8-10 Zentimeter langen graugrünen Blättern, die Blütenstände kommen erst im zweiten Jahr hinzu, wenn die Rosette verwelkt. Die wechselständig stehenden fiederlappigen bis fiederschnittigen Blätter sind an den Rändern typisch gezähnt und stachelig, auf der Unterseite filzig behaart.
An den Enden der straff aufrechten, meist erst im oberen Teil verzweigenden Stängel stehen ein bis drei Blütenkörbchen mit den namensgebenden goldgelb glänzenden Hüllblättern und zahlreichen Röhrenblüten im Inneren. Die rostbraunen behaarten Achänen tragen einen 7-8 Millimeter langen borstig gefiederten Pappus.
Die Blütenkörbchen sind selbst nur 2-4 Zentimeter groß, aber mit den abstehenden Hochblättern erreichen sie einen Durchmesser von bis zu zwölf Zentimetern.
Golddistel im Garten
Standort
Die Golddistel braucht einen durchlässigen lehmigen Boden, der gerne sandig und steinig sein darf und möglichst kalkhaltig sein sollte. Am liebsten steht sie in der Sonne; Trockenheit im Sommer ist für sie kein Problem. Im Winter verträgt sie bis zu -23 °C.
Schnitt
Die Golddistel bleibt über Winter stehen, denn ihre Stängel vertragen das Austrocknen unbeschadet. Du solltest sie zumindest bis zum Frühjahr stehenlassen; einige Wildbienen nutzen solche trockenen markhaltigen Stängel zum Anlegen ihrer Brutröhren.
Vermehrung
Vermehren lässt sich die Golddistel mit Samen.
Verwendung
Mit ihrer Vorliebe für trockene, nährstoffarme und sonnenbeschienene Standorte ist die Golddistel bestens für den Steingarten und Steppengarten geeignet.
Schädlinge
spielen bei dem äußerst robusten Alpenbewohner keine besondere Rolle; Schnecken machen einen großen Bogen um die Pflanzen.
Ökologie
- Als Hauptbestäuber gelten Honigbienen, Hummeln sowie tag- und nachtaktive Schmetterlinge.
- Den Pollen der Golddistel holen sich 71 Wildbienen als Futter für ihre Nachkommenschaft, davon sind neun Arten auf sie spezialisiert. Davon gilt die Breitlappige Schienenbiene Pseudapis femoralis als verschollen, die Weißgürtel-Schmalbiene Lasioglossum albotinctum und die Mohn-Mauerbiene Osmia papaveris als vom Aussterben bedroht.
- Als Nektarpflanze nutzen sie unter anderem der extrem selten gewordene und vom Aussterben bedrohte weißgefleckte Spätsommer-Würfeldickkopffalter Pyrgus cirsii, dessen Nachkommen einzig Fingerkräuter (Potentilla spec.) als Raupenfutter nutzen. Der ebenfalls interessierte Rotbindige Samtfalter Arethusana arethusa ist in Deutschland verschollen und nur noch in südosteuropäischen Ländern zu finden.
- Die Verbreitung der Samen übernimmt der Wind; dank des fedrigen Pappus können sie große Strecken zurücklegen. Zudem werden sie von Ameisen verschleppt und können im Fell von vorüberstreifenden Tieren hängenbleiben.
- Eigentlich kann sich die Golddistel gegen andere Pflanzen recht gut durchsetzen. Was ihr allerdings in unseren heimischen Wiesen zum Verhängnis wird ist das häufige Mähen der Wiesen, denn das verträgt sie überhaupt nicht.
- In Nordamerika gilt sie als invasiver Neophyt.
Wissenswertes
- Der botanische Gattungsname Carlina leitet sich von Karl dem Großen ab. Angeblich zeigte ihm ein Engel diese Pflanze als Heilmittel gegen die Pest, die seinerzeit seine Armee reduzierte.
- In der Naturheilkunde wird sie heute nicht mehr verwendet, aber in den Kräuterbüchern des ausgehenden Mittelalters und der Volksheilkunde nutzte man die Heilpflanze als abführendes und schweißtreibendes Mittel.
- Im Verhältnis 5:3 mit Baldrian gemischt soll die Golddistel als Aphrodisiakum wirken.
- Die fleischigen Anteile kann man essen, ganz ähnlich wie bei der Artischocke, die auch ein Korbblütler ist.
Was sind zweijährige Pflanzen?
Zweijähre Pflanzen bilden im ersten Jahr meist nur eine flache Rosette. Im nächsten Jahr wächst die Pflanze in die Höhe, blüht und versamt sich. Die Pflanze stirbt und aus dem Samen entsteht die nächste Generation.
Markus Wichert
Naturgärtner