Es summt und brummt auf Lavendel, Natternkopf und Zwergmispel… einige Pflanzen im Garten sind im Sommer heiß begehrt. Viele Blüten duften nicht nur für Menschen angenehm, sie locken zudem jede Menge Insekten an. Zu den wichtigsten gehören Honigbienen; sie sind Hauptbestäuber vieler Obst- und Gemüsesorten. Aber auch andere Tiere profitieren von dem, was man eine gute Bienenweide nennt.
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Gute Bienenweiden sind Pflanzen, die reichlich Pollen und/oder Nektar liefern. Beide dienen als Nahrung für Honigbienen und Wildbienen. Dabei sind Letztere oft wesentlich wählerischer als ihre domestizierten Schwestern. Ebenso interessieren sich Schmetterlinge, Wespen, Fliegen und Käfer für die süßen Energiepakete.
Tiere bekommen von Pflanzen etwas zum Essen und übertragen im Gegenzug Pollen zur Fortpflanzung. Im Laufe der Evolution haben sich viele ökologische Gleichgewichte eingestellt: Eine win-win-Situation, von der beide Seiten profitieren. Oft sehr speziell: Einige Pflanzen und Tiere sind völlig aufeinander angewiesen.
Bestäubung heißt, männliche Mikrosporen mit weiblichen Makrosporen zu vereinigen. Die mikroskopisch kleinen Pollenkörner werden in den Staubbeuteln der Staubblätter gebildet, die Eizellen sitzen in den Fruchtknoten der Fruchtblätter. Aus dem Embryo entsteht ein Samen und letztlich eine neue Pflanze.
Selbstbestäubung ist auf Dauer unzuträglich. Durchmischung des Erbgutes sichert die genetische Vielfalt und ist wichtig für die Evolution. Fremdbestäubung ist daher der Inzucht unbedingt vorzuziehen.
Fest verwurzelt können sich Pflanzen keine Partner suchen gehen. Daher überließen sie die Bestäubung lange Zeit dem Wind. Der unzuverlässige Geselle weht den Pollen aber so ungezielt, dass sie Unmengen davon bilden mussten. Man sieht das noch heute bei Nadelbäumen wie Fichten und Kiefern, die an heißen Sommertagen ganze Wolken von gelbem Staub verteilen.
Tiere stellten bald fest, dass dieses pudrige Zeug äußerst nahrhaft ist und machten sich darüber her. Zwangsläufig blieben einige Pollenkörner an ihnen hängen und gelangten so auf die nächste Blüte. Wesentlich zielgerichteter als beim Wind.
Für Pflanzen war die Bestäubung durch Tiere ein großer Fortschritt, denn das spart eine Menge Ressourcen. Wie könnte man die Flugtaxis noch gezielter anlocken? Am besten mit mehr von dem, was sie suchen: Nahrung.
Kohlenhydrate stehen den Blütenpflanzen reichlich zur Verfügung. Mittels Photosynthese bilden sie Zucker, von denen sie einen Teil als Köder einsetzen. Ausgeschieden wird er von Nektarien, die weit unten in den Blüten versteckt sind. Daher müssen die Insekten tief hineinkriechen, wobei sie sich mit Pollen bepudern.
Pflanzen bilden mit leuchtend bunten Blüten auffällige Schauorgane. Als Hinweisschilder signalisieren sie Pollen und Nektar. Viele Blütenblätter weisen Saftmale auf und reflektieren das UV-Licht der Sonne, das einige Insekten im Gegensatz zum Menschen sehen können. Hinzu kommt ein betörender Duft, der die Tiere aus großer Entfernung anlockt.
Bienen erkennen die Blüten mit den Facettenaugen und ihren Riechorganen an den Fühlern. Selbst wenn die Taxis viel davon vertilgen bleiben genug Pollen übrig, um weitere Blüten zu bestäuben.
Für die Bestäubung haben sich Blütenpflanzen raffinierte Mechanismen einfallen lassen. Spezielle Vorrichtungen sorgen dafür, dass die Staubbeutel ihren Pollen ausgiebig im Bienenpelz verteilen. Bei den Fruchtblättern gewährleisten die klebrigen Narben der Griffel, dass davon etwas hängenbleibt und die Befruchtung erfolgt.
Nektar liefert schnelle Energie – er besteht vor allem aus Wasser und Zuckern. Schmetterlingen, Fliegen und Käfern dient er als Flugbenzin. Die Honigbienen legen mit dem reichhaltigen Angebot einer guten Bienenweide einen haltbaren und kalorienreichen Wintervorrat an: Sie müssen nur sammeln und Honig herstellen.
Den Nektar saugen Bienen mit ihren Mundwerkzeugen auf. Er gelangt in die Honigblase, einen als Tank ausgelegten Teil des Darms. Dort sammeln sie auch Honigtau, die zuckerreichen Ausscheidungen von Läusen – Fichtenhonig und Kastanienhonig werden sogar vorwiegend aus diesem Material gewonnen.
Einen Teil des Nektars nutzen die Sammelbienen selbst, den Rest bringen sie zum Bienenstock. Der Honigmagen fasst höchstens 50 Mikroliter, also ein zwanzigstel Milliliter. Dabei wiegt eine Arbeiterin selbst gerade mal 82 Milligramm.
Im Bienenstock lagern Honigmacherinnen den Nektar in speziellen Waben und sorgen mit Wärme und Flügelschlägen für Verdunstung. Der Wasseranteil von 40-70 Prozent sinkt so auf unter 20 Prozent. Das Konzentrat ist vor Schimmel und Bakterien geschützt und verdirbt nicht. Deckel auf der Wabe heißt: Honig ist fertig, der Winter kann kommen.
Honig besteht aus Fruktose, Glukose, Wasser und Enzymen aus dem Bienenmagen. Eines davon liefert ständig Wasserstoffperoxid, das Keime abtötet und ihn zusätzlich haltbar macht. Daher wirkt Honig auch wundheilend.
Wichtig ist Honig als Heizöl. Im Winter schrumpft ein Bienenvolk von 50.000 auf oft nur noch 5.000 Tiere. Bei Temperaturen nahe am Gefrierpunkt sterben Bienen, daher müssen sie sich gegenseitig warmhalten. Sie sammeln sich zu einer Bienentraube und brummen mit den Flugmuskeln. Durch das Zittern entsteht Wärme; die ausgekoppelten Flügel bewegen sich dabei nicht.
Die notwendige Energie liefert der Honig. Sobald sich die Stocktemperatur den kritischen 10 °C nähert heizen die Bienen einen Tag lang auf bis zu 30 °C. Verflüssigt sich der kältestarre Honig können sie sich für die nächste Runde volltanken. Nur mit genug Kraftstoff lässt sich der Winter überleben.
Ein Bienenvolk sammelt pro Jahr 70-80 Kilo Honig als Wintervorrat und 25-30 Kilo Pollen als Hauptnahrung. Genau wie wir können sie sich nicht allein von Süßigkeiten ernähren. Vor allem im Wachstum benötigen sie Eiweiß, Fette, Mineralstoffe und Spurenelemente. Im Pollen ist all das reichlich vorhanden.
Arbeiterinnen haben spezielle Vorrichtungen an den Hinterbeinen. Sind sie mit Pollen eingepudert, streifen sie ihn im Flug mit den Beinen nach hinten und formen daraus kleine Kügelchen – sie „höseln“. In den beiden Pollenhöschen lassen sich 20 Milligramm auf einmal transportieren. Damit die zulässige Höchstladung nicht überschritten wird sammeln einige Bienen Nektar, andere nur Pollen.
Zum Pollen ernten stellt der Imker am Eingang des Bienenstocks eine Pollenfalle auf. Beim Passieren der Engstelle streifen die Bienen ihr Pollenpaket ab, das in einen Behälter fällt. Der Imker muss diesen täglich leeren und den Pollen durch Trocknen haltbar machen.
Pollen verdirbt schnell; daher wird er sofort zerkaut, getrocknet und mit Honig gemischt. Milchsäurebakterien sorgen für Fermentierung, und etwas Propolis macht das Gemisch lange haltbar. Dieses Bienenbrot oder Perga pressen die Bienen bis zur weiteren Verwendung in separate Waben.
Pollen ist das Mehl, aus dem die Bienen ihr tägliches Bienenbrot backen. Die sechskantigen Bröckchen haben einen aromatischen Geruch und schmecken säuerlich süß.
Tracht ist das, was die Bienen sammeln. Die Tiere sind blütenstet und besuchen die aktuell am besten blühende Trachtpflanze. Mit dem richtigen Timing kann der Imker Sortenhonige wie Kleehonig, Fichtenhonig oder Akazienhonig ernten.
Für einen bienenfreundlichen Garten ist eine kontinuierliche Versorgung wichtig. Am Anfang und Ende des Jahres ist das Futter knapp. Hat man von März bis Oktober immer einige Blüten offen, ist das Büffet ganzjährig gedeckt. So ein beständiges Angebot bezeichnet man als Trachtfließband.
Nektarwert und Pollenwert geben die Menge an produziertem Nektar und Pollen an. Ein Wert von 4 gilt als sehr gut, 0 bedeutet hier gibt es nichts zu holen. Bei Raps liegen beide bei 4 – kurz N4 P4. Kein Wunder, dass riesige Rapsfelder mit Rapshonig den häufigsten Trachtenhonig liefern.
Die meisten Arten von Obst und Gemüse und rund ein Drittel aller Nutzpflanzen werden von Honigbienen und Wildbienen bestäubt. Bienenfreundliche Pflanzen im Garten helfen ihnen beim Überleben. Damit sind sie auch für den Menschen wichtig, obwohl er von den Bienenweiden nicht direkt profitiert.
Der wirtschaftliche Nutzen der Honigbiene ist immens: Nach Rind und Schwein gilt sie als drittwichtigstes Nutztier des Menschen.
Honigbienen haben sich im Laufe der Evolution an die Flora angepasst. Daher sind die meisten guten Bienenweiden einheimische Arten.
Archäophyten sind Pflanzen, die mindestens seit dem 16. Jahrhundert bei uns wachsen. Die Zeit ist so gewählt, dass Nutz- und Zierpflanzen aus der Neuen Welt dazugehören wie Kartoffel, Tomate, Kürbis und Tabak. Neophyten kamen erst später hinzu. Drüsiges Springkraut ist beispielsweise erst vor hundert Jahren aus botanischen Gärten ausgebüchst.
Neophyten haben sich oft mit Tieren entwickelt, die es bei uns nicht gibt. Viele Petunien werden in ihrer amerikanischen Heimat von Nachtfaltern und Kolibris bestäubt. Pummelige Bienchen kommen nicht mal in die enge Kronröhre hinein.
Exotisch bedeutet aber nicht automatisch schlecht:
Problematisch sind invasive Neophyten – sie verdrängen einheimische Pflanzen und reduzieren die Artenvielfalt. Dazu gehören Kanadische Goldrute, Herkulesstaude und Japanischer Staudenknöterich.
Naturbewusste Gärtner ziehen Sorten mit ungefüllten Blüten vor. Gefüllte Akelei, Pfingstrosen und Hahnenfüße machen die beste Bienenweide zur Nullnummer. Bei ihnen sind Staubblätter in Blütenblätter umgewandelt. Das heißt aber auch weniger Pollen. Zugleich ist der Zugang zum Nektar versperrt. Meistens heißt das: Nektarwert 0 - Pollenwert 0.
Viele der besten Bienenweiden gehören zu relativ wenigen Pflanzenfamilien. Besonders ergiebig mit hohem Nektarwert und/oder Pollenwert sind
Die Pollenkörner sehen bei jeder Pflanze anders aus. Daher können Lebensmittelchemiker feststellen, wo ein Honig herkommt.
Mit der schieren Menge an Blüten sind auch viele einheimische Bäume als Bienenweide nicht zu unterschätzen. Dazu zählen
Die Frühblüher Sal-Weide, Feld-Ahorn und ihre Verwandten bieten zu einer Zeit Nahrung, wo diese rar ist – übrig bleibt davon nichts. Die anderen blühen zur Hauptsaison und liefern Überschüsse für beliebte Sortenhonige wie Kastanienhonig, Akazienhonig (korrekt: Robinienhonig) und Lindenhonig. Die ganzen Obstbäume ergeben den nicht näher bezeichneten Blütenhonig.
Im Fachhandel bekommt man jede Menge bienenfreundliche Saatmischungen. Sie sind nach dem Motto Viel hilft viel zusammengestellt. Das ist sinnvoll, wenn man sich nicht die Mühe mit Pikieren machen will. Egal wo im Garten man eine solche Bienensaat ausbringt: Einige Keimlinge werden es überleben und eine bunte Blumenwiese bilden. Achtung: Die frische Saat ist eine Attraktion für hungrige Vögel.
Für die Artenvielfalt von Flora und Fauna sind moderne Monokulturen katastrophal. Glücklicherweise erfreuen sich Blühstreifen wachsender Beliebtheit: Bienensaaten zwischen Äckern und Feldern sichern ein Maximum an Diversität - so wie es früher normal war. Die alten Ackerunkräuter wie Kornblume, Kornrade, Klatsch-Mohn und Gauchheil wurden durch Herbizide verdrängt. Windbestäubte Getreidefelder wurden zu toten Zonen; dank Blühstreifen finden hier Wildbienen und andere Insekten endlich wieder Futter.
Bienenfreundliche Blumen liefern reichlich Pollen und Nektar, den die Honigbienen als Futter und Wintervorrat benötigen. Pollen ist auch für Wildbienen wichtig, denn die versorgen damit ihre Brutnester, und Nektar dient auch Schmetterlingen als Nahrung.
Bienensaat besteht aus einer bunten Mischung von pollen- und nektarreichen Blühpflanzen. Sonnenblumen, Esparsette, Lupinen und Kleesorten werden auch für Blühstreifen zwischen landwirtschaftlich genutzten Flächen eingesetzt.
Viele Kräuter für die Küche sind auch für Bienen interessant, vor allem Lippenblütler wie Salbei, Thymian und Lavendel oder Doldenblütler wie Fenchel, Anis und Kümmel.
Wichtig sind hier vor allem Weiden und Ahornarten, denn sie blühen bereits früh im Jahr und liefern den erwachenden Bienen und Wildbienen erste Nahrung. Später bieten Robinien, Ess- und Rosskastanien oder Linden reichlich Pollen und Nektar. Wenn der Imker das richtig einplant kann er Sortenhonig wie Lindenhonig und Kastanienhonig ernten.
Meistens haben sich die lokalen Bienen und Gewächse optimal aneinander angepasst. Dagegen werden viele Exoten von Kolibris oder Schmetterlingen bestäubt, die bei uns nicht vorkommen. Einige invasive Neophyten bedrohen zudem die heimischen Ökosysteme und verdrängen alteingesessene Arten.
Bei gefüllten Sorten sind Staubblätter in zusätzliche Blütenblätter umgewandelt. Die tragen keine Staubbeutel und liefern daher keinen Pollen. Zudem versperrt die Füllung den Weg zum Nektar tief unten in den Blüten. Was dekorativ aussieht erweist sich für Bestäuber als Mogelpackung.
Pollen brauchen die Pflanzen für ihre Fortpflanzung. Dabei helfen vielen Bedecktsamern Tiere, die sich für den nahrhaften Pollen interessieren. Den Nektar produzieren sie, um noch mehr Besucher anzulocken. Dazu dienen auch die großen auffälligen Blüten, die teils das UV-Licht reflektieren. Bienen können dieses im Gegensatz zum Menschen sehen.
Honig ist getrockneter und aufbereiteter Nektar. Die konzentrierte Zuckerlösung ist ewig haltbar und dient Bienen als Wintervorrat. Mit den schnell verfügbaren Zuckern lassen sie bei Minusgraden ihre Muskeln zittern, ohne dabei die Flügel zu bewegen. Aneinander gekuschelt erzeugen sie Wärme und halten ihr Volk am Leben.
Pollen sammelnde Bienen erkennt man an den Pollenhöschen an den Hinterbeinen. Im Stock machen sie daraus Bienenbrot. Mit Honig und Propolis vermischt wird es durch Bakterien fermentiert. Die dadurch gebildete Milchsäure konserviert das tägliche Nahrungsmittel der Bienen; es liefert Eiweiß, Fette, Vitamine und alle Mineralstoffe, die vor allem die Brut benötigt. Honig dagegen ist reiner Zucker.
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