Was ist Gemeine Nachtkerze?
Die Gemeine Nachtkerze (Oenothera biennis) ist ursprünglich in Nordamerika beheimatet und als Zierpflanze nach Europa gekommen. Mittlerweile ist das Mitglied aus der Familie der Nachtkerzengewächse (Onagraceae) vielerorts ausgewildert und findet sich bevorzugt auf sonnigen Ruderalstellen, an Wegrändern und kiesigen oder schotterigen Untergründen wie Bachufern und Bahngleisen.
Mit ihrer großen fleischigen Pfahlwurzel wächst sie in der Regel zweijährig und bildet erst im zweiten Jahr bis zu anderthalb Meter hohe Blütenstände. Grundständig steht eine große Rosette länglicher bis lanzettlicher Blätter, die bis zu 30 Zentimeter lang werden und einen schwach gesägten Rand aufweisen. Sie sind mittelgrün, klebrig und rot geadert. Dagegen sind die weiter oben stehenden Stängelblätter lanzettlich und bis zu 15 Zentimeter groß.
Die Stängel ist einzelstehend oder spärlich verzweigt. An den endständigen, beblätterten ährenartigen Trauben erscheinen grüne gestielte Knospen und später die schüsselförmigen Blüten, die sich sich von Sommer bis Herbst in den Abendstunden innerhalb einer Minute öffnen und bis zum nächsten Mittag halten. Sie duften intensiv, erreichen einen Durchmesser von bis zu fünf Zentimetern und sind blaßgelb, später intensiv goldgelb. Die zylindrischen Kapselfrüchte werden bei der Reife braun und reißen von der Spitze her auf, um die bis zu zwei Millimeter großen, kantigen Samen freizugeben. Obwohl die einzelnen Blüten nur von kurzer Dauer sind, blüht die Gemeine Nachtkerze bis in den späten Herbst hinein.
Gemeine Nachtkerze im Garten
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Standort
Die Gemeine Nachtkerze bevorzugt einen gut durchlässigen, kalkhaltigen, gerne auch sandigen oder kiesigen Boden, der ruhig längere Zeit trockenfallen darf. Viel Sonne dankt sie mit reichlich Blüten.
Schnitt
Eine besondere Pflege ist nicht notwendig. Nur zur Ernte der Wurzeln werden diese ausgegraben, und die Samen lassen sich im Herbst gewinnen, sobald die Kapseln aufplatzen.
Vermehrung
Die Vermehrung erfolgt mit Samen von Frühjahr bis Sommer. Die jungen Keimlinge versetzt man mit gebührendem Abstand, sobald sie kräftig genug sind. Eine Teilung ist wegen der ausgeprägten Pfahlwurzeln nicht möglich.
Verwendung
Mit ihren markanten Blütentrauben und großen bodenständigen Rosetten eignet sich die Gemeine Nachtkerze für sonnige Beete und Rabatten oder als Randbepflanzung, für Trockenmauern, Bauerngarten und Steingärten.
Schädlinge
Die Gemeine Nachtkerze ist von Mehltau und Rostpilzen bedroht. Erdflöhe machen sich an den Rüben zu schaffen.
Ökologie
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In ihrer nordamerikanischen Heimat ist die Gemeine Nachtkerze eine wichtige Futterpflanze für oligolektische Wildbienen. Dagegen sind unsere einheimischen Honigbienen, Hummeln und andere Wildbienen wenig interessiert und sammeln bestenfalls in den Morgenstunden den Pollen des Vortages.
Interessanter sind die Blätter als Raupenfutter, vor allem bei nachtaktiven Schwärmern wie dem Nachtkerzenschwärmer (Proserpinus proserpinus) und der Mittlere Weinschwärmer (Deilephila elpenor).
Vögel machen sich an den Fruchtkapseln mit ihren nahrhaften Samen zu schaffen. Trotzdem ist der ökologische Nutzwert des Neophyten für unsere einheimische Fauna gering.
Wissenswertes
Nicht nur die Gartenflüchtlinge haben zur Ausbreitung der Stauden geführt. Botaniker bezeichnen die Gemeine Nachtkerze als „Eisenbahnpflanze“, da sie ihre Samen entlang der Eisenbahnstrecken übers Land verteilt hat und im Schotterbett der Gleise häufig anzutreffen ist. Jede Kapsel enthält um die 200 Samen, die von Wind, Tieren oder eben auch Zügen verbreitet werden.
Die fleischigen Pfahlwurzeln der Gemeinen Nachtkerze waren früher ein beliebtes Gemüse ähnlich wie Pastinake und Möhre. Beim Kochen verfärbt sich das anfangs gelbe Gemüse rosarot, weswegen man vielerorts auch Schinkenwurzel nennt. Will man ähnliches im Garten versuchen, muss man die Blüten entfernen oder vor der Blütezeit ernten, da die Rübe dann Geschmack verliert und verholzt. Vorzugsweise geschieht die Ernte der Gemeinen Nachtkerze als Gemüse im ersten Jahr des zweijährigen Bestandes.
Für die Gewinnung von Nachtkerzenöl aus den Samen baut man die Gemeine Nachtkerze gewerbsmäßig auf Feldern an. Der Ölgehalt liegt bei rund einem Drittel des Trockengewichtes. In der Naturheilkunde verwendet man das entzündungshemmende Öl innerlich und äußerlich bei Schuppenflechte, Asthma, Migräne und rheumatischen Beschwerden. Ebenso ist es in vielen Kosmetikprodukten zur Hautpflege zu finden.
Was sind zweijährige Pflanzen?
Zweijähre Pflanzen bilden im ersten Jahr meist nur eine flache Rosette. Im nächsten Jahr wächst die Pflanze in die Höhe, blüht und versamt sich. Die Pflanze stirbt und aus dem Samen entsteht die nächste Generation.
Markus Wichert
Naturgärtner