Was ist Gemeiner Stechapfel?
Gemeiner Stechapfel oder Weißer Stechapfel (Datura stramonium) ist eine dekorativen Zier-, Arznei- und Giftpflanze aus der Familie der Nachtschattengewächse (Solanaceae). Ziemlich selten und unbeständig findet man die bis über einen Meter hohen Sträucher auch ausgewildert auf mäßig frischen und stickstoffreichen Ruderalstellen wie Wegrändern, Schuttplätzen und Müllhalden. Ursprünglich beheimatet ist er in Mexiko und im östlichen Nordamerika.
In unserem Klima sind die extrem schnellwüchsigen Pflanzen nur einjährig und bilden Büsche mit aufrechten Stängeln. Sie werden bis über einen Meter hoch und reichen mit ihrer dicken weißen Pfahlwurzel bis 1,20 Meter tief. Die kahlen, oft violett überlaufenen gabelartig verzweigten Triebe tragen eiförmige, buchtig gezähnte Blätter, mit einer dunkelgrünen Oberseite und graugrünen Unterseite. Vor allem die jungen Triebe und Blätter sind dicht mit Sternhaaren bedeckt; bei Berührung fällt ein unangenehmer mäuseartiger Geruch auf.
Von Sommer bis Herbst produziert der Gemeine Stechapfel zahlreiche trompetenförmige Blüten, die einzeln an kurzen Stielen in den Achseln der Blätter erscheinen. Sie sind 6-9 Zentimeter lang, sternförmig, fünfzählig mit doppelter Blütenhülle und zwittrig. Der längliche Kelch bildet eine unten leicht aufgeblasene Röhre mit kleinen Zipfeln und scharfen Falten; die verwachsenen Kronblätter zunächst eine eigenartig gezwirbelte Knospe, die sich erst am Abend öffnet. Die offenen Blüten riechen intensiv, um nicht zu sagen penetrant süßlich, und haben eine weiße, ebenfalls oftmals ins Violette changierende Farbe, manchmal sind sie cremeweiß oder vollständig violett. Sie halten nur eine Nacht und sind danach verblüht.
Die Fruchtknoten entwickeln sich zu den namensgebenden Stechäpfeln, 3-8 Zentimeter großen kugeligen oder eiförmigen vierkammerigen, außen stachlig bewehrten Kapseln. Sie reifen im Herbst und Winter aus und stehen dann aufrecht. An ihrer Spitze öffnen sie sich mit zunehmender Austrocknung nach und nach klappenförmig und verstreuen ihren Inhalt. Eine einzelne Frucht enthält mehrere hundert der schwarzen nierenförmigen Samen.
Gemeiner Stechapfel im Garten
Quelle: weha/shutterstock.com
Standort
Der Gemeine Stechapfel bevorzugt einen mäßig feuchten, möglichst nährstoffreichen und humosen, möglichst lockeren und sandhaltigen Lehm- oder Tonboden. Ebenso braucht er reichlich Licht und Wärme – die pralle Sonne ist für ihn ideal. Die Nähe von wintergestreuten Wegen macht ihm nichts aus, da er Salz recht gut verträgt. Im Garten sollte man ihn nicht in der Nähe des Hauses pflanzen, da nicht jeder den Geruch der Blüten mag. Zudem ist er hochgiftig und für Haushalte mit Kindern nur begrenzt geeignet.
Schnitt
Ein Schnitt ist bei der einjährigen Pflanze normalerweise nicht erforderlich, sie verwelkt spätestens im Winter sowieso. Dort bleiben sie einschließlich der Fruchtkapseln oft bis ins nächste Frühjahr stehen. Letztere kann man bei Reife ernten und für die nächste Aussaat verwenden. Wer eine Selbstaussaat verhindern möchte, sollte die sich öffnenden Kapsel regelmäßig entfernen.
Vermehrung
Vermehren lässt sich der Gemeine Stechapfel durch Samen, die schnell und zuverlässig keimen. Sie bleiben jahrelang keimfähig und warten gegebenenfalls darauf, dass der ihnen nicht zusagende Boden gestört wird. Am besten nimmt man die Aussaat an Ort und Stelle im Freiland vor, vorzugsweise gleich im Frühjahr. Wer ganz sicher gehen möchte kann damit bis nach den Eisheiligen warten – die Keimlinge entwickeln sich ohnehin mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit.
Verwendung
Da die Pflanze feuchte und nährstoffreiche Böden mit viel Sonne bevorzugt, sollte man ihn im Apothekergarten, am Rand von Gartenwegen oder ruderalen Stellen im Garten anpflanzen.
Schädlinge
Fressfeinde hält sich der Stechapfel recht erfolgreich mit seinen starken Giften vom Leib. Unbeeindruckt davon sind bestenfalls Blattläuse, Spinnmilben und Weiße Fliege wie auch diverse Viruserkrankungen.
Ökologie
Die Form der Stechäpfel hat ihren Zweck, denn mit ihrer stacheligen Außenseite bleiben sie im Fell von Tieren hängen und werden so zum Herausschütteln der Samen bewegt. Ansonsten ist er bei unserer einheimischen Fauna nicht sonderlich beliebt; selbst unsere Nachtfalter zeigen sich weniger an den nachts geöffneten Blüten interessiert als ihre Verwandten jenseits des Großen Teiches.
Wissenswertes
Der Stechapfel gilt als eine der giftigsten Pflanzen in unseren Gärten – besonders toxisch sind die Wurzeln und Samen. Die wichtigsten Alkaloide sind Hyoscyamin, Atropin und Scopolamin, die bereits in Milligramm-Mengen zu Kratzen im Hals, erweiterten Pupillen und Lähmungserscheinungen führen. Die Vergiftungserscheinungen ähneln denen der Tollkirsche. Auf die sonderbaren Wirkungen deuten volkstümliche Namen wie Dornkraut, Donnerkugel, Schlafkraut oder Teufelsapfel.
In geringer Dosierung diente er als Heilpflanze; er wurde bereits von der indigenen Bevölkerung seiner amerikanischen Heimat als solche genutzt. Cherokee und Navajo nutzten zudem seine halluzinogenen Eigenschaften in religiösen Zeremonien. In der Antike war der amerikanische Exot unbekannt, und in unsere Gärten gelangte er im 16. Jahrhundert über Umwege aus Südrussland. In Wien führte Anton von Stoerck (1731-1803), der Leibarzt der Kaiserin Maria Theresia, erste umfangreiche Untersuchungen durch, die als Vorläufer der Hahnemannschen Arzneimittelprüfung gelten. Man stellte aus ihm wundersame Zaubersalben, Tränke und Einreibungen her. Gegen Asthma und krampfartigen Husten verwendete man den Rauch der verbrennenden Blätter in Form von Räucherpulver, in Pfeifen oder Zigaretten. Zu Tinktur verarbeitete Samen galten ebenfalls als Asthmamittel.
Auf den Einsatz als Heilpflanze verzichtet man heutzutage, vor allem wegen der schwankenden Alkaloidgehalte, die ihn schwierig in der Handhabung machen. Anders sieht das in der Homöopathie aus, wo man Datura stramonium-Globuli mit hochgradig verdünntem Extrakt herstellt. Die Urtinktur gewinnt man aus der frischen jungen Pflanze, die man zu Beginn der Blütezeit erntet. Meist kommen hier höhere Potenzen ab D6 zum Einsatz, vor alle gegen Asthma, Keuchhusten und verschiedene Neuralgien.
Eine botanische Rarität ist die Varietät Datura stramonium var. tatula mit blau überlaufenen Blüten und violetten Stängeln.
Was sind einjährige Pflanzen?
Einjährige Pflanzen keimen, wachsen und blühen innerhalb eines Jahres. Durch Versamen können sie sich erhalten und wieder am selben Standort erscheinen. Manche „wandern“ so durch den Garten und erfreuen uns an immer neuen Standorten.
Markus Wichert
Naturgärtner