Was ist Gewöhnlicher Gilbweiderich?
Der Gewöhnliche Gilbweiderich ist eine sommergrüne heimische Staude. Man findet ihn in fast ganz Europa, in Asien und Nordafrika an feuchten Stellen wie Auwäldern, Moorwiesen, Gräben und Quellhorizonten. Er gehört zur Familie der Schlüsselblumengewächse (Primulaceae).
Die ausdauernden krautigen Stauden erreichen mit ihren aufrechten und oben verzweigten, flaumig behaarten Stängeln eine Höhe von bis zu eineinhalb Metern. Daran stehen die mit roten Drüsen punktierten und auf der Unterseite dicht behaarten, kurzstieligen und eiförmig-lanzettlichen Blätter gegenständig oder zu dritt oder viert in Quirlen. Die Blüten erscheinen zahlreich in endständigen Rispen und in den oberen Blattachseln; ihre Kelchzipfel sind rot gerandet, die Kronblätter leuchtend goldgelb. Aus ihnen entwickeln sich einfächerige Kapselfrüchte, die sich an der Spitze mit fünf Klappen öffnen und die dreikantigen warzigen Samen freisetzen.
Gewöhnlicher Gilbweiderich zeigt einen ungewöhnlichen Photodimorphismus der Blüten: in voller Sonne werden sie groß, dunkelgelb mit roter Basis und mit einem Griffel, der wesentlich länger ist als die Staubblätter. Diese Blüten werden von Insekten bestäubt. Dagegen findet bei den Schattenblüten eine Selbstbestäubung statt; sie sind deutlich kleiner und heller gefärbt, und gleich lange Griffel und Staubfäden fördern die Bestäubung in Eigenregie.
Gewöhnlicher Gilbweiderich im Garten

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Standort
Der Gewöhnliche Gilbweiderich ist ein Tiefwurzler und bevorzugt einen durchlässigen, sandigen und humosen Lehmboden mit ausreichend Feuchtigkeit und möglichst etwas Kalk. Notfalls verträgt er im Sommer auch ein paar trockene Tage, ohne dadurch einzugehen. Sonne bis Halbschatten wäre angebracht, denn im Schatten kümmern die Pflanzen und blühend und wachsen kaum. Im Winter vertragen sie bis zu -28 °C, sodass ein spezieller Winterschutz nicht erforderlich sein dürfte.
Schnitt
Die Staude solltest Du am besten erst im Frühjahr schneiden, denn die abgestorbenen Teile schützen die unterirdischen Überdauerungsorgane vor Frost und bieten Insekten und anderen Kleintiere ebenfalls Schutz. Zudem sehen sie im Winter immer noch recht attraktiv aus. Ab Ende März kannst Du den Gilbweiderich eine Handbreit über dem Boden abschneiden und die Reste zu Mulch oder Kompost verarbeiten.
Vermehrung
Für eine rasche Ausbreitung in der Umgebung sorgen beim Gewöhnlichen Gilbweiderich seine reichlich gebildeten unterirdischen Ausläufer.
Verwendung
Als Zierpflanze setzt man den Gewöhnlichen Gilbweiderich vor allem auf feuchten Blumenbeeten und als Randbepflanzung des Gartenteiches ein.
Ökologie

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Sehr ungewöhnlich in der europäischen Flora: Die leuchtendgelben Blüten von Lysimachia vulgaris setzen nicht Nektar ein, um damit Insekten anzulocken, sondern ein Öl, das aus speziellen Drüsenhaaren auf der Außenseite der Filamentröhre austritt.
Für ihren Nachwuchs holen sich hier drei Wildbienen den Pollen, die Wald-Schenkelbiene Macropis fulvipes und Auen-Schenkelbiene Macropis europaea wie auch die Gewöhnliche Schmalbiene Lasioglossum calceatum. Erstere gilt als die Hauptbestäuberin und ist auf diese Pflanzen angewiesen. Sie vermischt besagtes Öl mit dem Pollen zu dicken Klumpen und sammelt es ähnlich wie die Honigbienen in ihren Hosen an den Hinterbeinen.
Noch beliebter als bei Wildbienen sind die Pflanzen bei Schmetterlingen als Raupenfutter. Vierzehn Schmetterlinge, allesamt Nachtfalter, legen hier ihre Eier ab. Dazu gehören auch seltene Vertreter wie die Heidemoor-Rindeneule Acronicta menyanthidis und die vom Aussterben bedrohten Moorwiesen-Striemenspanner Chariaspilates formosaria und Weißen Johanniskraut-Kleinspanner Scopula nemoraria.
Für die Verbreitung der Samen sorgen der Wind und vorbeistreifende Tiere. Sie sind durch Luftpolster extrem leicht und nicht nur besonders flugfähig, sie können auch schwimmen und mit fließendem Wasser transportiert werden.
Besonders zu erwähnen wäre die Zippammer Emberiza cia, ein sperlingsähnlicher Vogel, der beim Picken an den Kapseln die Samen ebenfalls verteilt. Sie ist in der Mittelmeerregion wesentlich häufiger als in Deutschland, wo sie nur noch selten brütet und laut Roter Liste als vom Aussterben bedroht gilt.
Mit ihren Ausläufern kann der Gewöhnliche Gilbweiderich fleißig wuchern; im Bundesstaat Washington gilt er als invasiver Neophyt. Die Samen sind bestenfalls drei Jahre keimfähig, aber das unterirdische Rhizom ist geradezu unkaputtbar.
Wissenswertes
- Der Gewöhnliche Gilbweiderich ist essbar; man kann seine Blätter und Blüten als Deko, für Saft und Smoothies, in Kräuterquark oder Pesto verwenden.
- Bei Rindern und Schafen sind die Pflanzen allerdings weniger beliebt; auf Weiden bleiben sie oft allein auf weiter Flur stehen, während das Gras rundherum sauber abgefressen ist.
- Laut Dioskurides nutzte man die getrockneten Pflanzen als Räuchermittel gegen Fliegen und Schlangen.
- Der Gewöhnliche Gilbweiderich enthält reichlich Gerbstoffe, wegen denen man ihn früher als Heilpflanze verwendet hat. Sie gelten in der Volksheilkunde östlicher Länder bis heute als probates Mittel gegen Durchfälle, Fieber, Wunden und Geschwüre und wirken analgetisch, adstringierend und schleimlösend. Zudem enthält das Kraut reichlich Vitamin C, das man auf Schiffen gegen die Mangelkrankheit Skorbut einsetzte.
- Mit Gilbweiderich hat früher Wolle gefärbt. Der aus den Blättern gewonnene Farbstoff färbt gelb und grün, der aus der Wurzel braun und schwarz.
Was sind mehrjährige Stauden?
Mehrjährige Stauden bleiben über viele Jahre erhalten. Den Winter überdauern sie eingezogen in Wurzeln, Zwiebeln oder anderen unterirdischen Speicherorganen und treiben im nächsten Frühjahr wieder aus.
Markus Wichert
Naturgärtner