Was ist Echter Baldrian?
Echter Baldrian (Valeriana officinalis) ist eine ausdauernde krautige Pflanze aus der Familie der Geißblattgewächse (Caprifoliaceae). Das bis zu anderthalb Meter hohe Kraut findet sich relaitv selten in Staudenfluren, Moorwiesen, feuchten Waldlichtungen, Gräbern und Ufern.
Unterirdisch weist er ein weithin kriechendes verzweigtes Wurzelwerk auf, aus dem sich die aufrechten, gerippten und innen hohlen Stängel erheben. Alle Blätter sind unpaarig gefiedert, unten am Stängel bis zu 20 Zentimeter lang und lang gestielt, weiter oben kürzer und zusehends sitzend. Die einzelnen saftig grünen Fiederblättchen sind ungestielt, lanzettlich mit ganzem oder grob ungleich gezähntem Rand und einer schwach behaarten Unterseite mit deutlich hevortretenden Nerven.
Beim Echten Baldrian gibt es sowohl rein weibliche als auch zwittrige Exemplare mit entsprechenden Blüten. Diese stehen endständig in großen auffälligen Schirmrispen und sind fünfzählig, 4-5 Millimeter groß und bestehen aus einem eingerollten verwachsenen Kelch und einer trichterförmigen, oft gespornten Krone mit fünf kurzen abgerundeten Lappen. Sie sind weiß bis rosa mit roten strichförmigen Saftmalen. Aus den Fruchtknoten bilden sich bis zu vier Millimeter lange braune Achänen mit einem fedrigen Pappus.
Echter Baldrian im Garten
Standort
Der Echte Baldrian bevorzugt einen nassen bis wechselfeuchten, mäßig nährstoffreichen und basenreichen humosen Lehm- und Tonboden und wächst auch auf Kalkschuttböden. Halbschatten ist ihm lieber als volle Sonne.
Schnitt
Ein Schnitt ist beim Baldrian nur zum Entfernen alter verwelkter Triebe erforderlich – oder wenn man die Wurzeln ernten möchte.
Vermehrung
Die Vermehrung des Echten Baldrians erfolgt am einfachsten vegetativ, indem man die Wurzelstöcke teilt. Eine Vermehrung mit Samen ist ebenfalls möglich.
Verwendung
Baldrian macht sich gut im nicht ganz so nassen Uferbereich eines Gartenteiches oder in feuchten Wiesen und an Bachläufen.
Schädlinge
Die intensiv duftenden etherischen Öle dürften der Grund sein, warum die meisten Schädlinge einen großen Bogen um die Pflanze machen.
Ökologie
Der Nektar sitzt in den wohlriechenden kleinen Blüten des Baldrians tief in den Kronröhren, die oft einen Sporn bilden. Bestäuber sind Fliegen, Schwebfliegen, Bienen und Schmetterlinge. Die UV-sichtigen Bienen orientieren sich an den purpurroten Saftmalen, die mit zunehmendem Alter verblassen und signalisieren, dass hier die Nektarquelle langsam versiegt.
Vier Wildbienen sammeln Pollen für ihre Nachkommen, die beiden Sandbienen Andrena fulvida und Andrena congruens sowie die Furchenbienen Halictus quadricinctus und Lasioglossum subfasciatum. Fünf Schmetterlinge legen am Baldrian ihre Eier ab und nutzen die Blätter als Raupenfutter, etwa der Baldrian-Scheckenfalter (Melitaea diamina), Baldrian-Blütenspanner (Eupithecia valerianata) oder der Nierenfleck-Zipfelfalter (Thecla betulae).
Für die Verbreitung sorgt der schirmchenartige Pappus, der sich bei Feuchtigkeit einrollt und bei trockenen Wetter entfaltet, sodass ihn der Wind davontragen kann. Er schwimmt auf dem Wasser und kann auch mit den meist nicht fernen Gewässern verbreitet werden.
Wissenswertes
Den botanischen Namen hat der Baldrian vom lateinischen valens für kräftig, der deutsche soll sich vom Asen Balder der nordischen Götterwelt ableiten. Als Heilpflanze war er bereits in der Antike bekannt und wurde schon von Hippokrates und Dioskurides ausführlich beschrieben.
Die alte Heilpflanze enthält Alkaloide und etherische Öle, die beim Trocknen teilweise zu Valeriansäure zerfallen. Für die beruhigende, angstlösende und schlaffördernde Wirkung sind vor allem die darin enthaltenen sauren Sesquiterpene, Lignane, Flavonoide und Valepotriate verantwortlich. Man gewinnt sie vor allem aus der aromatischen Wurzel, die man mit Wasser oder Alkohol extrahiert.
Was auf den Menschen beruhigend wirkt, wirkt bei Katzen genau gegenteilig – der Geruch von Baldrian lässt die Samtpfoten ausflippen, ähnlich wie ihre Dosenöffner bei Alkohol- oder Cannabisrausch. Zu fressen geben sollte man ihnen Baldrianwurzel auf keinen Fall, da ihre Leber die etherischen Substanzen nicht abbauen kann und giftig für die Tiere sind. Wohlverschlossen in einem Baldriankissen oder in Form von Baldriantropfen ist der spieltrieb-weckende Rausch unbedenklich.
Was sind mehrjährige Stauden?
Mehrjährige Stauden bleiben über viele Jahre erhalten. Den Winter überdauern sie eingezogen in Wurzeln, Zwiebeln oder anderen unterirdischen Speicherorganen und treiben im nächsten Frühjahr wieder aus.
Markus Wichert
Naturgärtner