Was ist Essigrose?
Essigrose, Französische Rose oder Gallische Rose (Rosa gallica) gehört zu den eher seltenen einheimischen Wildrosen – man findet den Vertreter aus der Familie der Rosengewächse (Rosaceae) am häufigsten in lichten und krautreichen Laubwäldern mit Eichen und Hainbuchen, weniger in Nadelmischwäldern oder im Buchenwald. Vor allem im Süden Deutschlands wächst sie vor allem auf Lichtungen und an den Waldrändern oder am Wegesrand. Vom Tiefland aus steigt sie in den Mittelgebirgen und Gebirgen bis auf eine Höhe von etwa 1300 Meter. Außer in Deutschland findet man sie an vielen Stellen Mittel- und Südeuropas östlich des Kaukasus und der Türkei.
Die aufrechten und gedrungenen sommergrünen Hecken der Essigrose werden nur etwa einen Meter hoch; in der Erde verbergen sich kriechende Sproßachsen, aus denen die kurzen und dünnen, mattgrünen Triebe abzweigen und einen Weg nach oben suchen. In Gebüschen klettert sie nicht ganz so fleißig in die Höhe wie andere Wildrosen, und auch die Zahl der Ausläufer hält sich in Grenzen. Typisch sind vor allem die zahlreichen dünnen Stacheln, Stachelborsten und Stieldrüsen, nur die größten Stacheln sind gebogen, die kleineren bleiben gerade.
Die 6-12 Zentimeter langen ledrigen Blätter sind bei der Essigrose unpaarig 3-5, selten 7-zählig gefiedert, mit zur Mitte gefalteten, 2-6 Zentimeter langen eiförmigen Fiederblättchen. Ihr Blattstiel ist durch Drüsen rau und mit kleinen hakenförmigen Stacheln versehen, und die Blättchen in Stielnähe nach unten geschlagen; nur bei wenig Licht breiten sie sich vollkommen flach aus. Auch die Oberseite fühlt sich rau an; sie ist dunkelgrün und kahl, die Unterseite hingegen heller und oft leicht behaart. Am Grund des Blattstieles stehen schmale Nebenblätter.
Wie bei Wildrosen üblich sind die einfachen, 4-6 Zentimeter großen duftenden Blüten der Essigrose zwittrig, sternförmig und fünfzählig mit doppelter Blütenhülle. Sie erscheinen aufrecht und zumeist einzeln, seltener mit bis zu vier Exemplaren gemeinsam an besonders langen, wie die Blattstiele drüsigen und hakenstacheligen Stielen. Die langen Kelchblätter sind am Rand gefiedert und dort ebenso wie auf ihrer Fläche dicht mit Drüsen besetzt; nach dem Abblühen biegen sich nach hinten und fallen letztlich ab, sodass sie an den Butten fehlen. Die großen auffälligen und ausgerandeten Kronblätter haben eine leuchtend hell- bis dunkelrote Farbe und werden nach innen zum Nagel hin heller bis fast weiß. Über dem weiten Griffelkanal der kurzen freien Griffel erhebt sich ein wolliges Narbenköpfchen. Die ziegel- bis braunroten, durch dichtstehende Stieldrüsen rauen Hagebutten haben eine kugelige bis kegelförmige Form und werden 1-2 Zentimeter lang. Außen weisen sie nur wenig Fruchtfleisch auf, und in ihrem Inneren befinden sich zahlreiche hellbraune Samen. Rosa gallica ist eine einmalblühende Rosensorte und zeigt ihren Blütenreichtum mit Juni und Juli relativ früh im Jahr.
Essigrose im Garten
Standort
An ihren natürlichen Standorten wächst die Essigrose auf feuchten und nährstoff- und basenreichen Lehm- oder Tonböden, die auch Steine enthalten dürfen und die einen neutralen bis mäßig sauren pH-Wert aufweisen. Sie steht gerne in der Sonne oder im Halbschatten und weiß sommerliche Wärme zu schätzen. Als einheimische Wildrose ist sie im Gegensatz zu vielen Edelrosen vollkommen winterhart und schert sich nicht um die bei uns üblichen Minusgrade.
Schnitt
Als einmalblühende Wildrose blüht die Essigrose an den einjährigen Trieben. Daher ist es am besten, die Hecken erst nach der Blüte zu schneiden. Allerdings gehen dadurch natürlich einige der Hagebutten für Vögel und Kleinsäuger verloren. Ansonsten erfolgt das Einkürzen wie bei allen Rosen grundsätzlich direkt über einer Knospe. Man schneidet niemals direkt am Boden, sondern immer in einer halben Handbreit Höhe, damit der Saft in die sich neu bildenden Triebe geht. Den nach einiger Zeit vertrockneten Rest kann man danach entfernen.
Vermehrung
Die Essigrose vermehren gelingt am einfachsten mithilfe von Steckreisern, die sich leicht bewurzeln lassen. Eine Veredlung auf eine wüchsige Unterlage ist nur bei den verschiedenen Sorten erforderlich; wer sich daran versuchen möchte sollte das im Sommer tun.
Verwendung
Im Garten wie auch in Parks und Grünanlagen pflanzt man die Essigrose meistens einzeln oder in kleinen Gruppen, sodass ihre Blütenpracht gut zur Geltung kommt. Mit ihrer überschaubaren Größe ist sie auch als Kübelpflanze geeignet und lässt sich so auf Balkon und Terrasse unterbringen.
Schädlinge
Wie alle Wildrosen ist auch die Rosa gallica vergleichsweise unempfindlich gegenüber Krankheiten und Schädlingen. Trotzdem leidet sie mitunter an den üblichen Rosenkrankheiten, insbesondere an Mehltau, für den sie relativ anfällig ist. Andere Pilzerkrankungen sind Brandflecken und Rostpilze, zu den gängigsten Schädlingen gehören Blattläuse, Schildläuse und Spinnmilben.
Ökologie
Für die heimische Insektenwelt ist vor allem der Reichtum an Pollen und Nektar interessant. Dementsprechend finden sich neben Honigbienen auch zahlreiche andere Insekten an den großen Blüten ein.
Die Verbreitung der Samen übernehmen vor allem Vögel, die sich an den Hagebutten gütlich tun. Sie fressen diese entweder komplett, so viele Krähenvögel, und scheiden sie unbeschadet an entfernter Stelle wieder aus oder zerzupfen die Früchte und verteilen dabei die Samen in der Umgebung. Zudem bieten die stacheligen Hecken den gefiederten Gesellen Unterschlupf und Nistmöglichkeiten, und in der kalten Jahreszeit stellen die roten, im Schnee weithin sichtbaren Früchte eine wichtiges Winterfutter dar. Ähnliches gilt auch für zahlreiche Kleinsäuger.
Wissenswertes
Essigrosen seit der Antike – auch als Heilpflanze
Die Essigrose gilt in der Botanik als Lehmzeiger. Sie wurde bereits in der Antike von den alten Griechen und Römern kultiviert und als Heilpflanze und zur Gewinnung von Rosenöl und Rosenwasser eingesetzt. Noch heute verwendet man den Tee aus den Rosenblüten als Adstringens bei Entzündungen im Mundraum und äußerlich zur Wundbehandlung.
Wichtiger Vorläufer zahlreicher Rosensorten
Im Mittelalter blieb sie in den Klostergärten angesiedelt und avancierte in der Neuzeit zu einem wichtigen Elternteil zahlreicher Gartenrosen. Bis ins 19. Jahrhundert blieb sie die wichtigste kultivierte Rosenart. Bedeutsam war sie für die französischen Barockgärten, und viele davon entstanden in der Stadt Provins nahe Paris. Die Sorte Provins-Rose (Rosa gallica ‚Provins‘) ist danach benannt, und auch der deutsche Name Gallische Rose oder Französische Rose leitet sich davon ab.
Andere Sorten sind wegen ihres für Wildrosen kleinen Wuchses beliebt. Ihre Blüten sind häufig einfach oder doppelt gefüllt, und die Farbe reicht vom seltenen Weiß über Rosa bis zu einem tiefen Purpur. Dazu zählen
- Apothekerrose (Rosa gallica ‚Officinalis‘, Name weil früher wegen ihrer adstringierenden Wirkung gegen Durchfälle verwendet),
- Frankfurter Rose (Rosa gallica ‚Splendens‘) und
- Konditor-Rose (Rosa gallica ‚Conditorum‘).
- Rosa gallica ‚Versicolor‘ ist eine alte Rosensorte, die bereits vor 1581 beschrieben wurde. Sie weist weiß und rosa gestreifte und gescheckte Blüten auf.
- Rosa gallica ‚Tuscany Superb‘ ist mit ihren leicht gefüllten, mit tief dunkelroten und braun schattierten Kronblättern und damit kontrastierenden gelben Staubgefäßen besonders auffällig.
Etliche Essigrosen-Sorten haben bereits den prestigeträchtigen Award of Garden Merit der Royal Horticultural Society gewonnen.
Blaue Rose – der Trick mit Tinte oder Gentechnik
Rosa gallica ‚Cardinal de Richelieu‘, eine alte Essigrosensorte, diente als Ausgangsmaterial für die erste blaue Rose. Da Rosengewächse nur rote, aber keine blauen Farbstoffe bilden ging das nur mittels Gentechnik – dazu wurden die Gene für die roten Farbstoffe ausgeschaltet und das für eine Vorstufe des blauen Anthocyanins Delphinidin aus Petunien mit einem Umweg über Stiefmütterchen eingesetzt. Der nicht unerhebliche Aufwand kostete die australische Firma Florigene und die japanische Firma Suntory dreizehn Jahre, bis 2009 die erste blaue Rose präsentiert werden konnte – für bis zu 30 Euro das Stück. So ganz von Erfolg gekrönt war das Vorhaben nicht, denn das Ergebnis war nicht leuchtend blau, sondern eher lavendelfarben, weil sich die Produktion der natürlichen Rosenfarbe nicht vollständig unterdrücken ließ. Wozu dieser Aufwand? In Japan haben blaue Rosen einen hohen symbolischen Wert und werden zu Hochzeiten verschenkt. Vorher war die Farbe nur mit dem im Vergleich dazu billigen Trick zu erzielen, dass man weiße Rosen in Wasser mit blauer Tinte stellte.