Was ist Schwarze Nieswurz?
Schwarze Nieswurz, Schneerose oder Christrose (Helleborus niger) ist nicht nur eine häufige Zierpflanze, sondern wächst in unseren Breiten auch wild. Selten findet man ihre prächtigen Blüten in subalpinen Buchenmischwäldern und in Kiefernwäldern. Sie gehört zur Familie der Hahnenfußgewächse (Ranunculaceae) und ist in den Ostalpen und im Südosten Europas beheimatet.
Die immergrünen krautigen Blütenstauden erreichen eine Wuchshöhe von bis zu 30 Zentimetern. Namensgebend ist das pechschwarze Rhizom mit ebenso gefärbten Wurzeln. Die daraus erscheinenden lang gestielten, ledrig-festen Blätter sind fußförmig geteilt und weisen 7-9 Abschnitte auf; diese sind nur im vorderen Teil entfernt gesägt oder gezähnt. Alte Blätter sind tief dunkelgrün, jüngere deutlich heller und noch nicht so zäh wie ihre Vorgänger.
Die reinweißen, ausgebreiteten Blüten sitzen am Ende der mit ein oder zwei Hochblättern besetzten Stängel. Sie stehen meist alleine, selten zu zweit oder zu dritt und werden bis zu 10 Zentimeter breit. Die Blüten sind fünfzählig, radiärsymmetrisch und zwittrig mit doppelter Blütenhülle: Was da so einen auffälligen Schauapparat bildet, sind in Wirklichkeit keine Kronblätter, sondern die umgestalteten Kelchblätter. Das erklärt auch, warum sie zu Beginn der Blüte und beim Abblühen grün sind und so lange halten. Die Kronblätter sind zu äußerst ergiebigen Nektarien umgebildet, die reichlich Sekret absondern. In der Mitte der Blüten stehen zahlreiche gelbe Staubblätter und ebensolche kopfige Narben. Aus den nur basal verwachsenen Fruchtblättern gehen nach der Bestäubung lang gespitzte fleischige Balgfrüchte hervor. Die Samen tragen ein Elaisosom, das sie für Ameisen interessant macht.
Schwarze Nieswurz im Garten
Standort
Die Schwarze Nieswurz braucht einen frischen bis mäßig trockenen, nährstoff- und basenreichen Stein- oder Lehmboden, der gerne Kalk enthalten darf. Er muss neutral bis mild, humos und durchlässig sein. Durchlässig ist umso wichtiger, als dass die Pflanzen Trockenheit eher vertragen als Staunässe. Man sollte eher im Winter und im Frühjahr für ausreichende Feuchtigkeit sorgen als im Sommer, denn in der warmen Jahreszeit ist wenig Wasser weniger kritisch. Der Standort sollte warm, aber nicht gerade in der prallen Sonne liegen, auch wenn die kleinen Stauden das vertragen – besser im Halbschatten oder lichten Schatten. Frosthart ist bei der Alpenpflanze nicht das Problem.
Schnitt
Im Frühjahr sollte man alles alte Blattwerk entfernen, das während der Blüte ohnehin abstirbt. Umpflanzen sollte man die langsam wachsenden Stauden nicht; sie gedeihen umso besser, je mehr sie sich an ihren Platz im Garten gewöhnt haben. Grund dafür ist die empfindliche Wurzel, die alle Eingriffe übelnimmt. Auch Haken und Graben in der Nähe mag das Sensibelchen nicht besonders. Wenn sie sich aber erst einmal wohlfühlt, werden die Christrosen an ihrem Stammplatz oft über 20 Jahre alt.
Vermehrung
Daraus folgt auch, dass das mit dem Teilen bei der Christrose eher schwierig ist. Wenn die Bestände zu groß werden, sollte man sie im Spätsommer verkleinern. Am besten greift man zur Neupflanzung auf junge Pflänzchen aus dem Gartenmarkt zurück; die Vermehrung mit Samen ist ein langwieriges Geschäft und muss sofort nach der Samenreife erfolgen.
Bei den zahlreichen Kreuzungen bleiben dabei die Eigenschaften naturgemäß nicht erhalten, aber ungewollte Verpaarungen ergeben oft interessante Blüten und sind allemal eine Aussaat wert. Unter uns gesagt: Bei vielen der im Handel erhältlichen Christrosen-Sorten ist es nicht viel anders und man weiß bis heute nicht, wer bei diesen Zufallsprodukten als Pollenspender hergehalten hat.
Verwendung
Ideal für die Schwarze Nieswurz ist ein Platz am Rand von Gehölz oder vor trockenen Mauern. Dort lassen sie sich gut mit anderen Stauden kombinieren. Ökologisch wertvoll sind Zusammenstellungen mit anderen Frühblühern – so deckt man den ersten erwachenden Insekten ein reichhaltiges Buffet. Ebenfalls passend sind Seidelbast, Lungenkraut und Elfenblume. Ebenso alpin wie das Schneeglöckchen muten daneben auch Alpenveilchen und Anemonen an. Dazwischen noch ein paar niedrig bleibende Gräser oder Farne – perfekt.
Schädlinge
Frisches zartes Grün wissen leider auch Schneckenzu würdigen; ihnen machen die Giftstoffe der Christrose nichts aus. Andere ungebetene Gäste sind vor allem Pilzerkrankungen wie Mehltau und Schwarzfleckenkrankheit. Wurzelfäule im Sommer ist meist auf zu viel Feuchtigkeit und nicht auf Krankheitserreger zurückzuführen.
Ökologie

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Die Bestäubung übernehmen bei der Schwarzen Nieswurz vor allem Bienen. Für sie sind die Pflanzen besonders im zeitigen Frühjahr von Wert, denn die Christrose blüht bereits im Januar und liefert so an den ersten warmen Tagen des Jahres Pollen und Nektar, wo sonst Leere in der Speisekammer herrscht. Ebenso begeistern sich Hummeln, Wildbienen und Schmetterlinge für das extrem frühe Nahrungsangebot. Angelockt werden die Insekten durch den intensiven Geruch sowohl der Nektarien als auch des Schauapparates; die weißen Perigonblätter reflektieren zudem das UV-Licht, sodass Bienen und Wildbienen sie besonders gut wahrnehmen können. Die Verbreitung der Samen übernehmen Ameisen, die sie wegen ihres ölreichen Elaisoms in ihre Nester tragen.
Wissenswertes
Die Christrose war bereits den alten Griechen bekannt, die sie auch mit dem Namen Helleborus bedacht haben. Ovid beschreibt in seinen Metamorphosen, wie der Ziegenhirte Melampus die beiden Töchter des Königs Proitos von Argos heilte: Sie hielten sich für Kühe hielten und verwüsteten das Land, bis ein Aufguss der Helleborus in Milch die vermeintlichen Rinder von ihrem Wahnsinn befreite.
Vor allem die Wurzeln der alten Heilpflanze enthalten herzwirksame Glykoside und Steroidsaponine wie Helleborin. Das bei Hahnenfußgewächsen häufige Protoanemonin hat beim deutschen Namen der Gattung Nieswurz Pate gestanden: Im Pulver aus der getrockneten Wurzel reizt die Schleimhäute – auch die der Nase und besser bekannt als Niespulver.
Die ungewöhnliche quietschegrüne Verfärbung der vormals weißen Perigonblätter hat ihren physiologischen Sinn: Da die Blätter zu diesem Zeitpunkt meist vollständig abgestorben sind, können sie durch das frisch eingelagerte Blattgrün Photosynthese betreiben und die sich bildenden Balgfrüchte mit Nährstoffen versorgen. Daher halten sie auch so ungewöhnlich lange.
Die Blüten der Schwarzen Nieswurz ergeben auch schöne Schnittblumen. Am besten schneidet man dafür die Stiele sehr lang abgeschrägt ab, so wie bei Rosen. So kommt genug Wasser in die Leitungsbahnen und die Blumen halten in der Vase viele Tage.
Wildwachsende Exemplare dürften nicht gepflückt werden, da sie unter Naturschutz stehen. Im Garten verwendet man nicht nur die Wildform der Schwarzen Christrose als Zierpflanze, noch viel häufiger werden ihre Hybriden genutzt. Besonders beliebter Elternteil sind Orientalische Christrosen (Helleborus orientalis), die in Kleinasien beheimatet ist. Das Ergebnis ist oft unter der Bezeichnung Frühlings-Schneerose im Handel und zeichnet sich durch besonders aparte Blüten aus, die ein wenig an Orchideen erinnern.
Was sind mehrjährige Stauden?
Mehrjährige Stauden bleiben über viele Jahre erhalten. Den Winter überdauern sie eingezogen in Wurzeln, Zwiebeln oder anderen unterirdischen Speicherorganen und treiben im nächsten Frühjahr wieder aus.
Markus Wichert
Naturgärtner