
Schattenbalkone gehören nicht zu den beliebtesten Balkonen. Immer noch haftet ihnen der Ruf an, es wachsen dort nur Moos, Farne und Fuchsien und sonst nicht viel. Selbst in Gärtnereien heißt es oft: „Im Schatten dürfen Sie keine Blütenpracht erwarten!”
Wer sich aber schon einmal in den Wald begeben hat, der weiß: Im Schatten blüht eine ganze Menge: Buschwindröschen, Taubnesseln, Goldnesseln, Waldmeister, Bärlauch… – und es tummeln sich dort vor auch eine ganze Menge Insekten: diverse Hummeln, Frühlings-Pelzbienen, Mauerbienen, Schmalbienen, Schwebfliegen, Käfer und viele mehr. Ebenso wie ein Wald kann ein schattiger Balkon ein echter grüner Rückzugsort werden, der an heißen Tagen Abkühlung spendet und dessen zarte Schönheit so manchen Sonnenbalkon in den Schatten stellt.
Die Pflanzenauswahl für den Schattenbalkon ist größer als gedacht. Eine hervorragende Wahl für schattige Balkonflächen sind Wald- oder Waldrandstauden: Sie sind von Natur aus an wenig Licht gewöhnt und kommen ohne direkte Sonne aus. Neben diesen typischen Schattenstauden kommen unter Umständen aber auch Halbschattenstauden in Frage, da sie zwar auch gerne ein paar Sonnenstrahlen einfangen, aber auch sehr schattenverträglich sind. Auch wenn vielerorts vor allem Farne & Co. für schattige Bereiche empfohlen werden, lohnt es sich, die Fülle der Schatten- und Halbschattenstauden in Augenschein zu nehmen und im Zweifel einfach auszuprobieren.
Im Frühjahr streckt schon sehr früh der Bärlauch (Allium ursinum) seine frischen, grünen Blattspitzen aus der Erde. Mit seiner weißen Blüte im April und Mai lockt er auch das eine oder andere Insekt an. Sowohl der Blaustern (Scilla siberica) als auch das Lungenkraut (Pulmonaria officinalis) stehen ihm dabei in nichts nach, gehören sie doch ab März zu den ersten wichtigen Nektarquellen für früh fliegende Insekten wie die Mauerbienen und Hummelköniginnen.
Im Sommer beginnt das große Blütenfest auch im Schatten: Der Knotige Berg-Storchschnabel (Geranium nodosum) bringt mit seinen zarten violetten Blüten Farbe in dunkle Ecken und blüht von Juni bis in den Herbst. Auch viele Glockenblumen (Campanula-Arten), etwa die Nesselblättrige Glockenblume (Campanula trachelium), fühlen sich im Halbschatten wohl, blühen ausdauernd und locken Wildbienen zuverlässig an. Taubnesseln (Lamium), wie die Gewöhnliche Goldnessel (Lamium galeobdolon) oder Gefleckte Taubnessel (Lamium maculatum), bieten nicht nur hübsches Laub, sondern auch lange Blütezeiten – vor allem Hummeln lieben sie. Der Waldziest (Stachys sylvatica) ist eine klassische Waldstaude mit dunklen, duftenden Blütenrispen, die zahlreiche Insekten anzieht. Auch filigranere Arten wie Wald-Habichtskraut oder Wilde Malve kommen im Schatten gut zurecht, solange er nicht zu dicht ist – sie sind nützlich als Nektarquelle und bringen Bewegung in die Pflanzung. Einige dieser Stauden locken neben Wildbienen auch Schmetterlinge und Schwebfliegen an und machen den Schattenbalkon so zu einem kleinen Trittsteinbiotop.
Spätsommer, früher Herbst – die Sonne steht tiefer, die Tage werden kürzer, doch einige Stauden legen jetzt erst richtig los. Die Herbst-Anemone (Anemone hupehensis) bringt ab August mit ihren eleganten rosa oder weißen Blüten Bewegung in halbschattige Ecken. Auch der tiefblaue Eisenhut (Aconitum napellus) blüht bis in den Oktober hinein – ein geheimnisvoller Akzent, der jedoch aufgrund seiner Giftigkeit mit Bedacht gesetzt werden will. Einige Glockenblumenarten, wie die Marien-Glockenblume, blühen spät und verlängern die Saison. Und mit der Weißen Waldaster (Eurybia divaricata) zeigt sich zum Schluss noch ein feines Leuchten – ein zarter Abschiedsgruß an die Insekten, bevor der Balkon in die Winterruhe geht.
Mehrjährige, winterharte und idealerweise heimische Stauden sind auch für den Schatten eine gute Wahl. Sie helfen der Insektenwelt, sind pflegeleicht und kommen jedes Jahr zuverlässig wieder aus der Erde. Da die meisten Schattenstauden Waldstauden sind, bevorzugen sie lockere, humusreiche Erde. Torffreie Bio-Blumenerde ist daher für den Anfang eine gute und unkomplizierte Wahl. Sie trocknet nicht so stark aus und reduziert das Gießen. Weitere Tipps zu Erde, Töpfen und Co. gibt es auf unserer Themenseite.