Was ist Gewöhnliche Goldnessel?
Gewöhnliche Goldnessel (Lamium galeobdolon) gehört zu den Lippenblütlern (Lamiaceae) und wächst verbreitet in krautreichen Laub- und Nadelmischwäldern, in Auwäldern und im Hochstaudengebüsch der Gebirgsregionen Europas und Westasiens. Die Nordgrenze der Verbreitung zieht sich von den Britischen Inseln über Nordschweden bis nach Estland, im Osten durch Ural und Kaukasus, im Süden vom Mittelmeer bis nach Spanien.
Die ausdauernde krautige Staude weist ein kräftiges Rhizom mit flachem Wurzelwerk und zumeist oberirdische Ausläufer auf. Die bis zu einem halben Meter hohen Stängel sind aufrecht oder aufsteigend, vierkantig, mit bisweilen geröteten Haaren vor allem an den Kanten. Daran stehen kreuzgegenständig die breit eiförmigen bis rhombischen, am Grund herzförmigen Blättern, die dunkelgrün gefärbt sind. Ihr Blattrand ist grob unregelmäßig gesägt, der Blattstiel 1-3 Zentimeter lang, die Oberseite weist bei einigen Sorten eine silbrig-weiße, das Licht reflektierende Zeichnung auf. Beim Zerreiben verströmen die behaarten Blätter einen unangenehmen Geruch. Nebenblätter sind keine vorhanden.
Die bis zu zwei Zentimeter langen goldgelben Lippenblüten der Goldnessel stehen zu 4-8 Exemplaren wirtelig in Scheinähren in den oberen Blattachseln und erscheinen im Sommer. Sie sind fünfzählig mit doppelter Blütenhülle, zwittrig, mit aktinomorphem Kelch und zygomorpher Krone mit der typischen Ober- und Unterlippe. Die Zipfel der Unterlippe sind bei dieser Art spitzlich, die Unterlippe selbst orange gezeichnet, die Staubblätter kahl. Ihre Kelchblätter sind grün und zipfelförmig, und die unten einen geraden Trichter bildende Krone wird von der großen kappenförmigen Oberlippe überragt. Die ringförmigen Nektarien befinden sich am Grund der halb oberständigen Fruchtknoten. Der männliche Anteil besteht aus zwei langen und zwei kurzen Staubblättern, das fünfte ist verkümmert. Als Früchte werden zerfallende Klausen gebildet; daraus werden einzelne Samen, die mit ihren großen Elaisosomen Ameisen anlocken.
Gewöhnliche Goldnessel im Garten

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Standort
Die Goldnessel braucht einen frischen, nährstoff- und basenreichen, neutralen bis mäßig sauren, humos-lockeren Lehmboden und steht am liebsten im Schatten oder Halbschatten. Die Pflanzen sind vollkommen frosthart; die kalte Jahreszeit überstehen sie mit Überwinterungsknospen.
Schnitt
Ein Schneiden ist bei der wüchsigen Goldnessel vor allen dann angebracht, wenn sie mit ihrem Wachstum auszuufern droht. Das geht mitunter schneller als dem Gärtner lieb ist – gegebenenfalls musst Du die Rhizome wiederholt gründlich kappen und ausgraben, bevor Dein Garten zur Goldnesselplantage wird.
Vermehrung
Am schnellsten kommt man bei der Goldnessel mit einer vegetativen Vermehrung voran – wie die Pflanze es selbst vormacht. Ein kleines Stück der Ausläufer oder der Rhizome reicht aus, um sie in einem anderen Bereich des Gartens anzusiedeln. Im Vergleich dazu ist die Aussaat mühsamer; man sät die reifen Samen im Herbst oder im folgenden Frühjahr in Kästen vor und bringt sie später ins Freiland. Sprossspitzen ohne Blüten lassen sich oft erfolgreich als Stecklinge bewurzeln.
Verwendung
Die Goldnessel verwendet man im Garten vor allem als schnellwüchsigen Bodendecker, der mit seinen reichlich gebildeten Ausläufern Lücken rasch auffüllt. Bisweilen pflanzt man sie unter Obstbäumen, denn ihre Wurzelknöllchen binden Stickstoff aus der Luft und sorgen so für zusätzliche Nährstoffe. Ansonsten macht sie sich gut in Blumenbeeten und Staudenrabatten, wo sie mit ihren leuchtenden gelben Blüten von weitem auffällt.
Schädlinge
Besonders lästig sind Schnecken, die mit besonderer Vorliebe über die jungen Pflanzen der Goldnessel herfallen und sie ratzeputz abfressen. Ansonsten sind die Pflanzen recht robust und werden nur selten von Pilzen oder anderen Krankheiten befallen.
Ökologie
Bestäubt wird die Goldnessel vor allem von Hummeln, die sich in großer Zahl an den nur wenig duftenden, aber umso nektarreicheren gelben Lippenblüten einfinden. Ihre Rüssel sind lang genug, um an den tief unten in den Blüten verborgenen Nektar zu gelangen. Beim Landen auf der Unterlippe sorgt die kräftige Hummel durch Brummen für die ungewöhnliche Vibrationsbestäubung, dank derer der Pollen von den Staubbeuteln auf ihren Pelz herabrieselt.
Für ungebetene Besucher ist die Kronröhre nicht nur zu lang, sondern zudem mit Haaren verstellt. Kleinere Hummeln und frustrierte Honigbienen machen des Öfteren kurzen Prozess und nagen die Kronröhren auf, um an der süßen Fracht zu räubern, ohne dabei etwas zur Bestäubung beizutragen. Die Verbreitung der Samen übernehmen Ameisen.
In etlichen anderen Ländern ist die Goldnessel mit ihrem schnellen Wachstum nicht gerne gesehen, denn sie entwickelt sich ohne natürliche Konkurrenz schnell zum invasiven Neophyten. In den US-amerikanischen Bundestaaten Wisconsin und Washington ist ihr Verkauf verboten.
Wissenswertes
Von der Medusa und stinkenden Wieseln
Den lateinischen Namen hat die Gattung Lamium von dem griechischen Monster Lamia – besser bekannt als die drei Gorgonen, insbesondere die Medusa, die von Perseus trickreich enthauptet wurde. Mit etwas Fantasie kann man in der Lippenblüte ein Wesen mit vor Schreck weit offen stehendem Mund erkennen – typisch für die im Anblick der Medusa zu Stein erstarrten Opfer. Trivialer ist der von Plinius stammende Beiname galeobdolon, von griechisch gale, Wiesel und bdolos, Gestank. Den impertinent strengen Geruch bemerkt man, sobald man eines der Blätter zerreibt.
Synonyme, Unterarten und Sorten der Goldnessel
Alte Synonyme für Lamium galeobdolon sind Lamiastrum galeobdolon und Galeobdolon luteum, unter denen die Goldnesseln bisweilen noch im Handel auftauchen. Botaniker unterscheiden zudem mindestens drei Unterarten:
- Lamium galeobdolon ssp. galeobdolon ist die am häufigsten vorkommende Subspezies und Typart, die in krautreichen Laubwäldern häufig auftritt.
- Lamium galeobdolon ssp. montanum oder Berg-Goldnessel findet sich in frischen Laubmischwäldern von der Ebene bis ins Gebirge und ist im Nordwesten Deutschlands nur selten. Hier ist der Stängel rundum dicht behaart, die Blätter länglich-lanzettlich.
- Lamium galeobdolon ssp. flavum – noch gelber als gelb? – ist eine Rarität in den Mischwäldern der Alpen mit blassgelben Blüten, reichverzweigtem Stängel und ohne Ausläufer.
Die Goldnessel gilt aufgrund ihrer reichlich gebildeten Ausläufer als recht aggressiv. Für einige der im Garten wegen ihrer silbrig gefärbten Blätter beliebten Sorten wie ‚Hermann’s Pride‘, ‚Florentinum‘ oder ‚Silver Angel‘ gilt das weniger ausgeprägt. Trotzdem sollte man auch diese weniger schnell wüchsigen Arten im Auge behalten, damit sie nicht gleich überhandnehmen.
Was sind mehrjährige Stauden?
Mehrjährige Stauden bleiben über viele Jahre erhalten. Den Winter überdauern sie eingezogen in Wurzeln, Zwiebeln oder anderen unterirdischen Speicherorganen und treiben im nächsten Frühjahr wieder aus.
Markus Wichert
Naturgärtner