Was ist Zwerg-Glockenblume?
Die Zwerg-Glockenblume macht ihrem Namen alle Ehre, denn ihre hübschen blauen Blüten erheben sich gerade mal um die 15 Zentimeter über die sattgrünen Polster. Dementsprechend wirst Du sie im Handel auch bisweilen unter Bezeichnungen wie Kleine Glockenblume, Niedrige Glockenblume oder Zierliche Glockenblume antreffen.
In der freien Natur wächst das kalkliebende Glockenblumengewächs (Campanulaceae) bevorzugt in mageren Rasen, trockenen felsigen Hängen, auf Kies- und Schuttflächen der Gebirge und Gebirgsflüsse, insbesondere der Alpen, Pyrenäen und Karpaten. Ebenfalls trifft man sie als Relikte im Alpenvorland, der Schwäbischen Alb und im Schwarzwald und den Vogesen an; sie erklimmt dabei Höhen von bis zu 3000 Metern.
Die ausdauernden krautigen Pflanzen überdauern mit ihren zähen verzweigten Rhizomen und bodennahen Überwinterungsknospen die kalte Jahreszeit und breiten sich mit ihnen in der kargen Erde zwischen Felsen und Steinen aus. Der größte Teil der polsterförmig wachsenden Blattrosetten bleibt steril und besteht aus gestielten breit-eiförmigen Blättern und im unteren Teil dicht behaarten drahtigen Stängeln. Sie bleiben erhalten, wenn sich im Hochsommer daneben auch Blütenstände erscheinen; die unteren Stängelblätter sind lanzettlich, weiter nach oben werden sie zusehends kleiner und linealisch mit kurzen Borsten. Im Inneren befindet sich ein heller Milchsaft.
An den Enden der fertilen Triebe erscheinen die typischen nickenden Glockenblumen einzeln oder in Trauben von bis zu sechs Exemplaren; oft zeigen sie gemeinsam in die gleiche Richtung. Auch wenn die einzelnen Stängel nur wenige Blüten tragen erscheinen doch reichlich davon und hinterlassen einen reichblühenden Eindruck. Die glockenförmige hellblaue bis violette Krone wird selten bis zu zwei Zentimeter lang, meistens bleibt sie kürzer.
Aus den Blüten entwickeln sich hängende dreikammerige Kapseln, die aufspringen und die zahlreichen Samen verstreuen.
Zwerg-Glockenblume im Garten
Standort
Im Garten bevorzugt die Zwerg-Glockenblume einen ähnlichen Stand wie in der freien Natur: ein durchlässiger, möglichst kalkhaltiger Boden mit Steinen und Sand, der möglichst arm an Nährstoffen und organischer Substanz sein sollte und am besten in Sonne oder Halbschatten liegt. Notfalls wächst sie auch im Schatten, aber deutlich langsamer und mit weniger Blütenflor. Besonders viel Erde braucht sie nicht, sie nimmt auch mit dem wenigen vorlieb, was sie in den Ritzen von Steinen und Mauern vorfindet.
Mit etwas Wasser wächst sie natürlich am besten, aber notfalls kann sie im Sommer auch lange Durststrecken verwinden. Bloß nicht zu viel düngen; ab und zu mal ein wenig Mineraldünger ist okay, aber mit der großen Kanne einen Haufen Nitrophoska verfüttern oder reichlich Mulch aufbringen (mögen keine großen Mengen organischen Materials) bringt die kleinen Gewächse ebenso zuverlässig um wie zu viel Gießen.
Im Winter kommt die Gebirgsbewohnerin mit bis zu -28 °C klar.
Schnitt
Schneiden ist bei der Zwerg-Glockenblume eigentlich nicht erforderlich; was im Frühjahr abgestorben ist kannst Du rechtzeitig vor dem neuen Austrieb als Mulch oder auf dem Kompost entsorgen, aber unbedingt notwendig ist das nicht – das alte Grün zersetzt sich bei Wind und Wetter auch so recht zügig. Zumindest können die kleinen Pölsterchen so im Winter noch dem einen oder anderen Insekt oder anderem Kleingetier als Zuflucht dienen.
Vermehrung
Die Vermehrung gelingt mit Stecklingen oder Samen. Du kannst die bestehenden Polster problemlos teilen und versetzen, dank des Rhizoms wachsen die Ableger schnell wieder an.
Verwendung
Sonnig, trocken, wenig zu Futtern: Kein Wunder, dass sich die Zwerg-Glockenblume im Steingarten, Steppengarten und auf trockenen Mauern am wohlsten fühlt. Dabei braucht sie kaum Pflege und blüht reichhaltig, sodass Insekten sie im Sommer umschwirren. In der Tat gilt sie als eine der pflegeleichtesten Glockenblumen im Garten überhaupt. Kein Wunder, dass Züchter auch eine Reihe bezaubernder Sorten geschaffen haben, beispielsweise mit weißen Blüten.
Schädlinge
Schädlinge und Krankheiten wirst Du bei der recht robusten Zwerg-Glockenblume eher selten finden; Schnecken interessieren sich am ehesten für die frischen Sämlinge, und die im Sommer unumgänglichen Blattläuse schaffen es in der Regel nicht sie umzubringen.
Der Zwerg-Glockenblume machen im Garten eher zu viel Wasser und zu nährstoffreicher Boden zu schaffen als ungebetene Gäste oder Pilzerkrankungen.
Ökologie
- Die Bestäubung der Blüten übernehmen vor allem Bienen und tag- und nachtaktive Schmetterlinge.
- Am Pollen interessiert zeigen sich 32 Wildbienen, davon sind 12 auf diese Glockenblumen spezialisiert. Etliche davon sind vom Aussterben bedroht wie die Kahle Schuppensandbiene Andrena paucisquama und die Rote Schuppensandbiene Andrena rufizona, andere „nur“ stark gefährdet wie die Ungezähnte Glanzbiene Duforea inermis, die Birken-Blattschneiderbiene Megachile analis und Osmia mitis.
- Frische und saubere Luft wie in den Gebirgen ist der Zwerg-Glockenblume am liebsten. Hohe Luftverschmutzung etwa in der Nähe einer vielbefahrenen Straße findet sie mindestens ebenso grausam wie Streusalz oder stehende Nässe. Übrigens auch einer der Gründe, warum die natürlichen Bestände in den Gebirgen im Rückgang begriffen sind.
- Die Verbreitung der Samen erfolgt, indem sie von Wind und Tieren aus den getrockneten Kapseln herausgeschüttelt werden. Ameisen übernehmen gerne den weiteren Transport.
Wissenswertes
- Die hübschen Blüten sind essbar; Du kannst sie auch sehr schön zu Dekoration auf kalten Platten oder auf Kräuterquark und ähnlichem verwenden. In den Alpen werden die Blüten und Blätter regional in Salat verarbeitet.
- Die hübschen blauen Glöckchen haben der Zwerg-Glockenblume den renommierten Award of Garden Merit der Royal Horticultural Society
Was sind mehrjährige Stauden?
Mehrjährige Stauden bleiben über viele Jahre erhalten. Den Winter überdauern sie eingezogen in Wurzeln, Zwiebeln oder anderen unterirdischen Speicherorganen und treiben im nächsten Frühjahr wieder aus.
Markus Wichert
Naturgärtner