Was ist Zwerg-Rohrkolben?
Der Zwerg-Rohrkolben ist die Miniaturversion von Breitblättrigem Rohrkolben und Schmalblättrigem Rohrkolben; er lässt sich vor allen an den kleinen, fast kugeligen weiblichen Blütenständen erkennen. Im Garten ist das kleinste Mitglied aus der Familie der gleichnamigen Rohrkolbengewächse (Typhaceae) ebenso selten anzutreffen wie in der freien Natur, wo seine Bestände aufgrund schwindender Lebensräume als akut bedroht gelten. Vormals in den gemäßigten Zonen von Europa und Asien weit verbreitet wächst er zusehends seltener an den Ufern von Teichen und Flüssen, in Mooren und Sümpfen. Man findet ihn vor allem an den Flüssen von Alpen und Apennin, an der Donau, im Balkan und in den Gebirgen Zentralasiens.
Die Sumpfpflanzen werden lediglich etwas über einen Meter hoch und weist vergleichsweise filigrane matt blaugrüne Blätter auf. Auch die straff aufrechten, geraden und rundlichen Stängel sind mit nur 1-3 Millimetern Durchmesser sehr schmal; die Blütenstängel sind unbeblättert. Unterirdisch sitzt ein 5-8 Millimeter dickes, bis 20 Zentimeter langes Rhizom, das für die vegetative Vermehrung sorgt.
Die eingeschlechtlichen Blüten erscheinen wie bei den größeren Verwandten in endständigen Blütenständen. Hier sind die unteren weiblichen grünlichen, später zimtbraunen Blütenstände meist kurz länglich bis kugelig mit einer Länge von bis zu fünf Zentimeter und 1-2 Zentimetern Breite. Die wesentlich unauffälligeren mit ihren Staubbeuteln gelblichen männlichen Blütenstände stehen durch eine kleine Lücke getrennt weiter oben. Sobald die Samen reif geworden sind platzen die kugeligen Kolben auf und geben sie mitsamt ihrer flugförderlichen Samenwolle frei.
Hauptblüte ist beim Zwerg-Rohrkolben von Mai bis Juni. Je nach Wetterlage kann sich eine weitere Blütezeit im August anschließen.
Zwerg-Rohrkolben im Garten
Standort
Im sumpfigen Uferbereich des Gartenteiches angepflanzt präferiert der Zwerg-Rohrkolben eine lehmige und nährstoffreiche Erde mit reichlich Feuchtigkeit; längere Trockenphasen mag er überhaupt nicht, ebenso wie Schatten. Viel lieber steht er in der vollen Sonne oder zumindest im Halbschatten. Wasser mit etwas Bewegung ist ihm deutlich lieber als stehendes, und wechselnde Wasserstände machen ihm nichts aus – im Gegenteil, an seinen natürlichen Standorten sorgen die regelmäßig für die Regeneration des sumpfigen Lebensraumes. Als einheimische Pflanze verträgt er im Winter bis zu -23 °C und wartet mit bodennahen Überwinterungsknospen auf den Frühling.
Schnitt
Eigentlich brauchst Du den Zwerg-Rohrkolben nicht zu schneiden, er wächst auch so ganz prächtig heran, und was an abgestorbenen Teilen anfällt verrottet an den feuchten Standorten von Wind und Wetter unterstützt recht schnell. Lasse die Reste auf jeden Fall bis ins Frühjahr stehen; sie sehen auch im Winter noch dekorativ aus, und in der Zwischenzeit können sie noch Insekten und anderen Kleinlebewesen Unterschlupf und Nahrung bieten. Abgeschnittene Reste kannst Du natürlich auch zum Mulchen und zum Kompostieren weiterverwenden.
Vermehrung
Sich selbst vermehrt der Zwerg-Rohrkolben, nachdem Du ein Exemplar im Gartenmarkt gekauft und gepflanzt hast, ganz von allein mit seinen Rhizomen. Wenn es ihm an Deinem Teich gefällt bildet er schnell einen ordentlichen Bestand, den Du gegebenenfalls sogar begrenzen musst, damit er sich nicht über alle Maßen ausbreitet. Teilen und an Freunde, Nachbarn und Bekannte verschenken ist dann auf jeden Fall sinnvoller als die seltenen Pflänzchen auf dem Kompost zu entsorgen.
Probehalber kannst Du Dich natürlich auch mal an einer Aussaat versuchen; möglichst gleich nach der Samenreife, denn die verlieren ihre Keimfähigkeit recht schnell.
Verwendung
Außer am Ufer des Gartenteiches kannst Du den sehr übersichtlichen Zwerg-Rohrkolben auch sehr gut in wasserdichten Kübeln und ähnlichen Pflanzgefäßen auf Balkon und Terrasse unterbringen und Dir dort eine eigene kleine Sumpflandschaft basteln. Auf jeden Fall gibt er an gleich welchem Standort einen sehr ungewöhnlichen Anblick, der alle Augen auf sich zieht.
Ökologie
- An ihm zusagenden Standorten kann sich der Zwerg-Rohrkolben schnell ausbreiten; er gilt als potentiell invasiv.
- In der traurigen Realität scheitert die Verbreitung meistens am Fehlen geeigneter Lebensräume. Da mit Flussbegradigungen und Flurbereinigungen Uferbereiche, Sümpfe und Moore im Schwinden begriffen sind, es kaum noch Gebiete mit zeitweiser Überflutung gibt und zudem Überdüngung zum allgemeinen Problem geworden ist wird das kleine Rohrkolbengewächs in der freien Natur immer seltener.
- Inzwischen steht er auf der Roten Liste der bedrohten Arten, und das nicht allein in Deutschland, wo die vormals großen Vorkommen praktisch verschwunden sind; die Bestände des Zwerg-Rohrkolbens sind weltweit rückläufig. Er gilt als vom Aussterben bedroht.
- Für die Bestäubung sorgt wie bei allen Rohrkolben der Wind, der den Pollen von den kleinen männlichen auf die großen weiblichen Blütenstände überträgt.
- Die Verbreitung der Samen übernehmen Wind und Wasser, nachdem die Kolben aufgeplatzt sind und die Samen mit ihrer Samenwolle freigesetzt haben.
- Vögel lieben die kuschelige Samenwolle; etliche Singvögel polstern damit ihre Nester aus.
- Am Ufer sorgt der Zwerg-Rohrkolben mit seiner Biomasse für Verlandung; er reinigt das Wasser und reichert es mit Sauerstoff
Wissenswertes
- Wie bei allen Rohrkolben gibt die Samenwolle einen ausgezeichneten Zunder zum Feuer machen – ideal fürs Survival-Training.
- Rhizome, junge Triebe und noch nicht aufgeblühten Blütenstände sind essbar. Gleiches gilt für die gerösteten Samen.
- In den mittelalterlichen Kräuterbüchern hat man alle Typha-Arten als Heilpflanzen beschrieben, insbesondere als blutstillendes, gerinnungshemmendes, wurm- und harntreibendes Mittel.
Was sind mehrjährige Stauden?
Mehrjährige Stauden bleiben über viele Jahre erhalten. Den Winter überdauern sie eingezogen in Wurzeln, Zwiebeln oder anderen unterirdischen Speicherorganen und treiben im nächsten Frühjahr wieder aus.
Markus Wichert
Naturgärtner