Was ist Sibirische Schwertlilie?
Sibirische Schwertlilie (Iris sibirica) ist eine bei uns heimische, aber wild nur selten vorkommende Iris-Art, die als Zierpflanze in Gärten Verwendung findet. Der Vertreter aus der gleichnamigen Familie der Schwertliliengewächse (Iridaceae) wächst gesellig vor allem auf wechselfeuchten Moorwiesen, Schilfsümpfen, Flutmulden und Gräben im Süden Deutschlands, während sie im Nordwesten und Schleswig-Holstein fehlt. Darüber hinaus findet man sie in einem weiten Gebiet von Süd-, West- und Mitteleuropa, Kleinasien bis nach Zentralasien einschließlich Armenien, Aserbaidschan und das namensgebende Sibirien hinein.
Wie alle Schwertlilien bildet auch die Sibirische Schwertlilie ein ausdauerndes unterirdisches Rhizom, das knapp unter Oberfläche wächst und einen Zentimeter Durchmesser erreicht. Dem entspringen die aufrechten und wenig verzweigten runden Stängel; sie sind innen hohl und länger als die schwertförmigen, leicht gerippten Blätter. Letztere unterscheiden sich von denen der meisten anderen Schwertlilien-Arten durch ihren schmalen, beinahe grasartigen Wuchs und die am Grund hellrote Tönung. Insgesamt erreichen die Pflanzen eine Wuchshöhe von 30-80 Zentimetern und bilden dichte Horste mit einer Breite von 30-60 Zentimetern.
Jeder der Triebe trägt im Frühsommer 2-5 Blüten mit einem Durchmesser von rund sieben Zentimetern. Deren drei Hochblätter haben eine braune Farbe und sind im oberen Teil papierartig. Die blauvioletten Blütenhüllblätter der Sibirischen Schwertlilie sind gleich gestaltet und haben keinen Bart; die drei äußeren sind nach unten gebogen, schwach gelb gezeichnet, auf der Fläche hell und dazu dunkel geädert und verschmälern sich abrupt in den schmalen weißen Nagel, die drei inneren bilden einen aufrecht stehenden „Dom“ mit dunkelvioletten Adern, und ihre Perigonzipfel sind länger und breiter als die Griffeläste. Die Blüten riechen sehr angenehm. Aus ihnen entwickeln sich kurze stumpfe glatte und dreikantige Kapselfrüchte mit drei Fächern; sie haben eine Länge von 3-5 Zentimetern bei einer Breite von etwas über einen Zentimeter. Im Inneren der drei Fächer stehen die dünnen und flachen dunkelbraunen, D-förmigen und fünf Millimeter langen Samen.
Sibirische Schwertlilie im Garten

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Standort
Sibirische Schwertlilie bevorzugt einen wechselnassen, mäßig fruchtbaren, basenreichen und humosen Ton- oder Schlickboden, der einen schwach sauren bis neutralen pH-Wert um 5,6 aufweisen sollte; kalkhaltige Böden mag sie nicht. Auch auf Überdüngung reagiert sie empfindlich, und sie braucht viel Sonne und Wärme oder zumindest Halbschatten. An zu schattigen Stellen blüht sie kaum und kümmert vor sich hin. Sollte es im Sommer trocken werden musst Du sie unbedingt gießen, denn allzu lange Trockenheit vertragen die Pflanzen nicht. Stehendes Wasser gilt es zu vermeiden, gelegentliche Überflutung ist willkommen. Im Winter erweisen sie sich als frostverträglich bis -28°C, aber direkt am Wasser ist ein Kälteschutz angebracht.
Schnitt und Pflege
Pflanzen und Teilen sollte man die Sibirische Schwertlilie entweder im Frühjahr vor der Blüte oder besser zwischen Hochsommer und Herbst. Dazu gräbt man das dicht unter der Erde verlaufende Rhizom aus, teilt es mit einem scharfen Messer und pflanzt die Stücke in ähnlicher Tiefe an anderer Stelle wieder ein. Achtung, allzu viele Störungen im Wurzelbereich mögen die Pflanzen nicht. Im Herbst sollte man Pflanzen direkt am Wasser sicherheitshalber mit Stroh oder Laub als Kälteschutz umhäufeln, um Frostschäden zu verhindern. Wer die Iris in ihrem Ausbreitungsdrang begrenzen möchte kann dazu Körbe verwenden und die Rhizome dort einsetzen – das erleichtert die Handhabung. Bei Böden mit viel Sand oder Ton sollte man beim Einpflanzen organisches Material in Form von Kompost oder gut verrottetem Mist unterarbeiten.
Vermehrung
Am einfachsten gelingt die Vermehrung der Sibirischen Schwertlilie wie oben beschrieben durch Teilen der Rhizome. Die beste Zeit dafür liegt zwischen Hochsommer und frühem Herbst. Die Spitze des Rhizoms sollte jeweils etwa zwei Zentimeter unter der Oberfläche liegen. Da die Wurzeln von Eingriffen nicht begeistert sind sollte man eine Teilung erst dann vornehmen, wenn die Horste im Inneren kahl zu werden beginnen und die Pflanzen weniger blühen – meist nach 4-10 Jahren. Beim Hantieren müssen sie feucht gehalten werden – auch nur vorübergehendes Austrocknen nehmen die Wurzelstöcke übel.
Alternativ dazu kann man Iris sibirica auch aus Samen ziehen. Für die Aussaat kann man die Kaltkeimer vorbehandeln: Dazu werden die Samen mit Schmirgelpapier leicht angeschliffen und vor dem Ausbringen über Nacht gewässert. Das erhöht die Keimrate deutlich; ansonsten kann man sie auch einfach im Herbst unmittelbar nach der Samenreife direkt ins Freie aussäen.
Verwendung
Sibirische Schwertlilie liebt feuchte Moorwiesen und ist daher im heimischen Garten für den Ufer- und Sumpfbereich des Gartenteiches prädestiniert. Sie kommt mit Wassertiefen bis höchstens 20 Zentimeter klar und lässt sich gut kombinieren mit Rohrkolben, Sumpfdotterblume und Drachenwurz oder mit horstbildenden Gräsern wie Schwaden und Rohr-Glanzgras. Bei ausreichender Feuchtigkeit kann man sie auch in naturnahen Wiesen und in Rabatten pflanzen.
Schädlinge
Die Sibirische Schwertlilie gilt als recht robust, sodass Krankheiten und Schädlinge eher selten vorkommen. Bisweilen finden sich an den linealischen Blättern Flecken, die durch Rostpilze verursacht werden.
Ökologie
Moorwiesen und ähnlich feuchte Standorte sind in akutem Rückgang begriffen, und so gilt auch die dort ansässige und ohnehin seltene Sibirische Schwertlilie als akut gefährdet. Auch erhöhter Eintrag von Düngemitteln und regelmäßiges Mähen schaden den Beständen. Bestäubt werden die Blüten der Sibirischen Schwertlilie vor allem von Hummeln und Bienen, auch eine Selbstbestäubung ist möglich.
Wissenswertes
Aus Sibirien in die Klostergärten
Bekannt war die Iris sibirica bereits im 16. Jahrhundert und wurde vom flämischen Arzt und Botaniker Carolus Clusius (1526-1609) als Iris angustifolia media beschrieben, später von Carl von Linné mit dem heutigen Namen bedacht. Sie wurde vermutlich im Mittelalter in Sibirien von Mönchen gesammelt und gelangte so im Laufe der Zeit auch in die europäischen Klostergärten, aus denen sie auswilderten und weite Verbreitung fanden.
Selten geworden und Blume des Jahres 2010
Wie alle Iris-Arten mit Ausnahme von Iris pseudoacorus steht auch Iris sibirica unter Naturschutz – die selten gewordenen Pflanzen dürfen in der freien Natur nicht gepflückt oder ausgegraben werden. 2010 hat man sie zur Blume des Jahres erkoren.
Giftige Heilpflanze als Abführmittel und zur Empfängnisverhütung
Schwertlilien gelten in allen Teilen als schwach giftig, da macht auch Iris sibirica keine Ausnahme. Der Verzehr der Blätter oder des Rhizoms kann zu Magenbeschwerden, Übelkeit und Erbrechen führen. Ähnlich wie die Wurzeln von Iris germanica dienten diese früher in der Volksheilkunde als ausgesprochen effektives Abführmittel. Andererseits gewinnt man in China aus den Rhizomen eine essbare Stärke. Bei empfindlichen Menschen kann bereits der Saft der Pflanze zu Hautreizungen oder allergischen Reaktionen führen.
Eine ungewöhnliche Anwendung der Giftstoffe war früher in Polen Tradition: Die Bräute verzehrten vor der Hochzeitsnacht die gekochten Samen zur Empfängnisverhütung. Wegen der unberechenbaren Giftstoffe ist das auf keinen Fall zur Nachahmung zu empfehlen.
Zahlreiche Sorten und Hybriden von Iris sibirica
Die Grundfarbe der Perigonblätter ist violett, aber bei den zahlreichen im Handel erhältlichen Sorten und Hybriden finden sich auch weiß, gelb, rot, blau oder zweifarbig blühende Vertreter. Einige davon haben deutlich kürzere Domblätter als die Wildform oder wachsen deutlich kleiner. Allen gemein ist der betörende Duft. Die Verwandtschaftsbeziehungen sind mittlerweile so kompliziert, dass Iris sibirica im Namen oft überhaupt nicht mehr vorkommt. Allein bei der American Iris Society sind mehrere hundert Sorten registriert, unter anderem mit Japanische Sumpf-Schwertlilie Iris ensata oder Ostsibirische Schwertlilie Iris sanguinea als weiterem Elternteil. Den prestigeträchtigen Award of Garden Merit der Royal Horticultural Society haben davon die Sorten Iris sibirica ‚Butter and Sugar‘, ‚Cambridge‘, ‚Ruffled Velvet‘ und ‚Silver Edge‘ gewonnen. Unten sind die wichtigsten „bartlosen Schwertlilien“ aufgeführt, die sich unter anderem von Iris sibirica ableiten.
Was sind mehrjährige Stauden?
Mehrjährige Stauden bleiben über viele Jahre erhalten. Den Winter überdauern sie eingezogen in Wurzeln, Zwiebeln oder anderen unterirdischen Speicherorganen und treiben im nächsten Frühjahr wieder aus.
Markus Wichert
Naturgärtner