Was ist Gewöhnliches Pfeifengras?
Gewöhnliches Pfeifengras, Blaues Pfeifengras, Besenried oder Benthalm (Molinia caerulea) fällt vor allem durch seine dichten und kompakten, im Alter recht groß werdenden Horste auf. Das Mitglied aus der Familie der Süßgräser (Poaceae) findet sich auch wild gesellig wachsend auf nährstoffarmen feuchten Moorwiesen, austrocknenden Mooren, Heiden und in mageren Wäldern und ist in Europa bis nach Vorderasien und Westsibirien weit verbreitet.
Die ausdauernden Pflanzen wurzeln bis zu einem Meter tief und werden zur Blütezeit bis zu 80 Zentimeter hoch. Typischerweise weisen die Stängel nur am Grund Knoten auf, sodass sie hier deutlich verdickt und weiter oben völlig gleichförmig sind. Die zwiebelartig dichtstehenden Knoten dienen als Nährstoffspeicher. Die bis zu 45 Zentimeter lange und 3-10 Millimeter breite mittelgrüne Blattspreite ist am Grund mit Wimpern besetzt und weist eine 3-8 Millimeter große Blattscheide auf.
Seine zwei- bis fünfblütigen grünen bis violetten und gelb gestielten lanzettlichen Ährchen stehen in schmalen, zumeist schieferblauen langgestreckten Rispen, die eine Länge von bis zu einem halben Meter erreichen können. Sie sind so dicht zusammengezogen, dass sie von weitem eher an eine Ähre erinnern. Die Deckspelze der untersten Blüten ist 3-4 Millimeter lang, eiförmig und auf der Oberseite mehr oder weniger gerundet. Als Frucht wird eine eiförmige zwei Millimeter lange Karyopse gebildet.
Gewöhnliches Pfeifengras im Garten

Quelle: Tatyana Mut/shutterstock.com
Standort
Am wohlsten fühlt sich das Gewöhnliche Pfeifengras auf einem wechselfeuchten kalk- und nährstoffarmen, aber basenreichen, gut durchlüfteten Lehm- oder Tonboden. Er sollte mäßig sauer und modrig-torfig humos ausfallen und darf nicht zu schnell trocken werden. Düngung verträgt der Magerkeitszeiger nur schlecht. Sonne oder Halbschatten werden bevorzugt, Schatten wird aber ebenso hingenommen. Haben sich die Pflanzen erst einmal an ihrem Standort etabliert, ist praktisch keine Pflege mehr erforderlich. Sie sind vollkommen winterhart.
Schnitt
Schneiden ist bestenfalls zur Entfernung vertrockneter Anteile erforderlich, oder wenn man die Pflanzen teilen möchte.
Vermehrung
Im Garten ist eine vegetative Vermehrung am einfachsten vorzunehmen – dazu teilt man die Horste und verpflanzt den Abstich. Bei den Sorten aus dem Fachhandel ist nur so eine Weitergabe der typischen Wuchseigenschaften möglich, bei Samen gehen sie verloren. Ansonsten kann man das Pfeifengras auch problemlos aussäen, am besten im zeitigen Frühjahr. Eher selten bilden sich in den Ährchen Brutknospen – dann entstehen statt Blüten junge Pflänzchen. Auch diese kann man absammeln und in die Erde setzen.
Verwendung
Das Gewöhnliche Pfeifengras treibt relativ spät aus und blüht auch entsprechend erst im Hochsommer. Richtig eindrucksvoll wird es im Herbst, wenn sich die Rispen rotbraun bis golden verfärben und die Sonne darauf scheint – dann werden sie zum beherrschenden Blickpunkt. Man pflanzt es vorzugsweise am Rand von Gartenteichen oder im Misch- und Krautrabatten zwischen Stauden und Sträuchern, im Heidegarten oder in Staudenbeeten. Kombinieren lassen sie sich wunderbar mit kräftigen Farben – bunten Herbstastern (Aster novi-angliae) beispielsweise, Blutweiderich (Lythrum salicaria) und Sonnenhut (Rudbeckia spec.) oder dem Mädesüß (Filipendula spec.) mit seinen filigranen Blüten.
Schädlinge
Schädlinge oder Erkrankungen wird man beim ausgesprochen robusten Pfeifengras so gut wie nie finden – es gilt als geradezu unkaputtbar, wenn es erst einmal gut angewachsen ist. Selten findet sich der Schlauchpilz Claviceps purpurea an den Ähren, wo er giftige Mutterkörner bildet, ähnlich wie beim Getreide.
Ökologie
Die Übertragung des Pollens übernimmt der Wind, der auch für die Verbreitung der Samen zuständig ist. Diese werden auch vom Regen fortgeschwemmt. Ungewöhnlich für ein Gras ist die Ausbildung einer Mykorrhiza – die Wurzeln leben symbiontisch mit Pilzen und tauschen Nährstoffe gegen Zucker aus der Photosynthese. Ebenfalls nicht üblich ist der Fraßschutz der Ährchen gegen hungrige Insekten – die Spelzen sind durch hohen Turgor gespannt, und bei Berührung schnappen sie blitzschnell zusammen.
Auch die Zahl der sich hier einfindenden Tagfalter und Eulen sind für ein Süßgras eher selten – 26 Schmetterlinge nutzen die Blätter als Raupenfutter, darunter vom Aussterben bedrohte Arten wie die Helle Pfeifengras-Grasbüscheleule (Eremobina pabulatricula), aber auch bekannte wie verschiedene Mohrenfalter (Erebia spec.), Wiesenvögelchen (Coenonympha spec.) und Dickkopffalter (Carterocephalus spec.).
Vögel verwenden die Rispen gerne zum Nestbau. In Mooren und Heiden übersteht das Gewöhnliche Pfeifengras dank seiner knolligen Speicher und unterirdischen Anteile sogar Brände unbeschadet.
Wissenswertes
In Mooren erleichtert das Gewöhnliche Pfeifengras die Ansiedlung von Pionierpflanzen wie Heidekraut, Birke und Sanddorn, verdrängt allerdings kleinere und konkurrenzschwächere Arten wie Preiselbeeren, Heidelbeeren und Moorlilien. Dementsprechend kann es für empfindliche Moorgesellschaften auch durchaus problematisch werden und sich invasiv entwickeln.
Durch Düngung und Mähen von Moorwiesen ist das Blaue Pfeifengras vielerorts stark zurückgegangen. Es ist außerordentlich vielgestaltig und variiert stark im Gesamteindruck und vor allem in der Größe, Gestalt und Farbe seiner Ährchen. Bei Molinia caerulea ssp. caerulea sind die Rispen jedenfalls ährenförmig.
Pfeifengras nennt man die Pflanze, weil man die knotenfreien Halme mit den Ähren früher zum Reinigen von Pfeifen verwendete; Besenried deutet auf seine Verwendung zum Besenbinden, Benthalm (Bindehalm) auf das Binden von Weinreben und Obst oder bei der Korbflechterei hin. Das Art-Epitheton caerulea, lateinisch himmelblau verweist auf die Färbung der Rispen. Als Futterpflanze für Weidevieh ist es von nur geringem Wert.