Was ist Bärwurz?
Bärwurz (Meum athamanticum) wächst bei uns heimisch zerstreut aber gesellig in den Gebirgen West- und Mitteleuropas sowie in Marokko auf Bergwiesen, nährstoffarmen Weiden und Magerrasen, an Wegrändern und Felshängen in Höhen von 400-1.400 Metern. Die alte Heil- und Gewürzpflanze ist in der Natur selten geworden und findet in Gärten willkommene Zuflucht. Die kleine Gruppen bildende ausdauernde Staude gehört zur Familie der Doldenblütler (Apiaceae) und ist recht nah mit Dill, Liebstöckel und Fenchel verwandt – insbesondere nach Letzterem riecht sie intensiv in allen Teilen.
Der auffällige faserschopfige Wurzelhals am Grund des Stängels reicht mit einem kräftigen Rhizom bis zu einem Meter tief in die Erde, während das oberirdische Kraut mitsamt seiner Blütenstände nur einen halben Meter Höhe erreicht. Die aufrechten Stängel sind gerillt, innen hohl, außen kahl und dunkelgrün, die vor allem in einer Halbrosette stehenden Blätter 2-4-fach gefiedert und in wirtelig stehende haarfeine, 2-6 Millimeter lange hell- bis mittelgrüne Zipfelchen aufgelöst. Insgesamt hat die Blattspreite einen länglich-dreieckigen Umriss; am Grund des Blattstiel findet sich eine Blattscheide.
Die Doppeldolden der Bärwurz weisen 3-15 Strahlen auf, die Hülle fehlt oder weist bis zu sechs Blätter auf und die Hüllchen der kleinen Döldchen sind vielblättrig. Ihre winzigen Blüten sind fünfzählig mit doppelter Blütenhülle, am Rand und in der Mitte zwittrig, ansonsten rein männlich. Die Farbe der Krone ist reinweiß und oft von einem rosafarbenen Hauch überzogen.
Die Bärwurzfrüchte sind länglich-eiförmige Doppelachänen, 6-8 Millimeter lang und kahl mit deutlich hervortretenden Rippen.
Bärwurz im Garten

Quelle: cristo95/shutterstock.com
Standort
Bärwurz braucht einen frischen bis mäßig trockenen, mäßig basenreichen und möglichst kalkarmen, modrig-humosen Lehmboden. Dieser sollte schwach sauer bis sauer sein und darf sandig oder steinig sein, Hauptsache gut durchlässig, denn Staunässe wird nicht vertragen. Die Pflanzen sind vollkommen winterhart.
Schnitt
Schneiden muss man bei der Bärwurz eigentlich nichts. Wenn Du etwas davon ernten möchtest, dann vorzugsweise an einem trockenen und sonnigen Tag.
Vermehrung
Eine Vermehrung mit Samen erfolgt am besten nach der Samenreife im Herbst im Anzuchtbeet. Im Frühjahr werden die Keimlinge dann getrennt und einzeln in Töpfen weitergezogen, bis man sie in den Garten setzt.
Verwendung
Die Bärwurz fällt vor allem mit ihrem feingliedrigen Blattwerk ins Auge. Sie macht sich gut als Grünpflanze in gemischten Rabatten und Beeten. Dort lässt sie nicht nur andere Blüten gut zur Geltung kommen, sondern trägt auch selbst in Mai und Juni ihre hübschen weißen Dolden bei. Ebenso gut ist sie für Steingarten oder felsige Hänge geeignet.
Schädlinge
Schnecken riechen die aromatische Bärwurz schon von weitem und fressen die feinen Blätter ratzekahl ab. Sie sind so zart, dass auch die saugenden Blattläuse schnell zu großen Populationen heranwachsen und zum Problem werden können.
Ökologie
Bei den kleinen Blüten der Bärwurz sind Pollen und Nektar leicht zugänglich, sodass keine langen Rüssel notwendig sind. Dementsprechend finden sich hier vor allem Käfer, Fliegen und Schwebfliegen, Wespen und Wildbienen als Bestäuber ein.
Wissenswertes
Woher kommt der Name Bärwurz?
Die Gattung Meum enthält nur die eine Art. Dass der niederländische Botaniker Nikolaus Joseph von Jacquin diese 1764 mit athamanticum – zum Berg Athamas gehörig – bedacht hat war wohl ein Irrtum, denn in Griechenland wächst sie überhaupt nicht. Der intensive Geruch nach Fenchel bleibt auch nach dem Trocknen erhalten – ganz anders als beim Dill - und in Frankreich nennt man das Kraut auch fenouil des alpes, Alpenfenchel. Am ehesten erinnert das Aroma tatsächlich an Fenchel, Anis oder Engelwurz.
Essbar und selten geworden
In Deutschland findet man die selten gewordene Bärwurz in größeren Beständen nur noch im Schwarzwald und Thüringer Wald, in der Eifel, im Harz und Erzgebirge. Sie steht in vielen Bundesländern auf der Roten Liste der gefährdeten Arten. Früher hat man die essbaren Wurzeln als Gemüse gekocht und die aromatischen Blätter und Samen als Gewürz verwendet; heute ist Letzteres nur noch regional in Frankreich üblich, wo man damit Fischgerichte, Salate und Gemüse würzt.
Bärwurz als Heilpflanze
Vermutlich ist die Bärwurz mit ihrem intensiven Aroma schon früh dem Menschen aufgefallen. Erste schriftliche Berichte stammen von Dioskurides und Galen, die sie bei Rheuma, Magen-Darm-Beschwerden und Harnverhalt empfahlen. Heute wird die Bärwurz in der Naturheilkunde kaum noch verwendet und landet stattdessen meistens im berühmten Bärwurzschnaps, der beispielsweise im Bayrischen Wald einen legendären Ruf genießt. Er gilt als verdauungsfördernd, harntreibend und schleimlösend.
Noch im Mittelalter war die Bärwurz als Heilpflanze sehr beliebt, wie so gut wie alle Kräuterbücher dieser Zeit berichten, von Matthiolus über Leonhart Fuchs bis Tabernaemontanus. Hildegard von Bingen beschreibt den „Bärenfenchel“ als warm und trocken und empfiehlt das Pulver gegen Fieber und Gicht und die in Essig zerriebene Wurzel gegen Gelbsucht. Legendär ist der Bärwurz-Birnenhonig aus gehackter Bärwurz, Galgant und Süßholz, die mit Honig und Birnen gekocht werden. Die Mischung verwendet man noch heute zur Darmreinigung.
Was sind mehrjährige Stauden?
Mehrjährige Stauden bleiben über viele Jahre erhalten. Den Winter überdauern sie eingezogen in Wurzeln, Zwiebeln oder anderen unterirdischen Speicherorganen und treiben im nächsten Frühjahr wieder aus.
Markus Wichert
Naturgärtner