Was ist Anis?
Anis (Pimpinella anisum) ist eine alte Heil- und Gewürzpflanze aus der Familie der Doldenblütler (Apiaceae). Aus Gärten verwildert findet man ihn nur selten an Schuttplätzen. Beheimatet ist er in der östlichen Mittelmeerregion und in Südwestasien.
Es handelt sich dabei um eine einjährige krautige Pflanze, die eine Wuchshöhe von 10-60 Zentimetern erreicht. Sie entspringt einer bis zu einem halben Meter in die Tiefe ragenden faserigen Wurzel und hat aufrechte oder aufsteigende und reich verzweigte behaarte Stängel. Die unteren Blätter sind ungeteilt und am Rand gesägt, die mittleren gefiedert, die obersten 2-3fach gefiedert mit linealisch-lanzettlichen Zipfeln. Sie sind alle im Gegensatz zum Stängel kahl.
Blütenstände sind bis zu sechs Zentimeter große Doppeldolden mit 7-15 Strahlen und ein oder zwei Hüllblättern. Die Blüten sind fünfzählig, zwittrig und radiärsymmetrisch, ohne Kelchblätter und mit weißen, an der Spitze umgeschlagenen Kronblättern. Aus den weich behaarten Fruchtknoten entwickeln sich breit-herzeiförmige bis birnenförmige, gelbbraune und geriefte Doppelachänen von 3-5 Millimeter Länge. Sie reifen sehr unterschiedlich und sind ebenso wie der Rest der Pflanze reich an etherischen Ölen, die für das typische Aroma verantwortlich sind.
Anis im Garten
Quelle: Manfred Ruckszio/shutterstock.com
Standort
Anis liebt frische, gut durchlässige und nährstoff- und basenreiche Böden; er braucht viel Wärme und Sonne. Schwere Lehm- oder Sandböden sind für die Kultur ungeeignet. Er gilt als etwas heikel, vor allem weil er während der gesamten Vegetationsperiode gleichmäßige Feuchtigkeit benötigt, allerdings ohne Staunässe. Düngen sollte man ihn höchsten äußert sparsam, wenn überhaupt. Eine Fruchtfolge ist empfehlenswert, da Doldenblütler hintereinander an der gleichen Stelle gepflanzt mangels Nährstoffen nicht mehr ordentlich gedeihen und anfällig für Krankheiten und Schädlinge werden.
Schnitt
Im Garten erntet man den Anis mit seinen ungleich reifenden Früchten am besten im September, sobald sich die Stängel gelb zu verfärben beginnen – auch wenn sich noch grüne Früchte daran befinden. Man bindet die Pflanzen in Garben und lässt sie an einem regengeschützten Ort kopfüber hängend trocknen - am besten in einem luftigen Tuch, damit nicht so viele Samen verlorengehen. Bei kleinen Mengen kann man sie mit den Händen lösen, bei gewerbsmäßigem Anbau werden sie gedroschen.
Vermehrung
Die Vermehrung mit Samen ist einfach; sie benötigen viel gleichmäßige Feuchtigkeit zum Keimen. Man kann sie bereits im zeitigen Frühjahr aussäen, denn sie vertragen auch vorübergehende Minusgrade. Es handelt sich dabei um Dunkelkeimer, die man mindestens einen Zentimeter mit Erde bedecken muss.
Verwendung
Anis lässt sich nicht nur im Kräutergarten anbauen, er macht sich auch gut im Apothekergarten und ist eine wichtige Pollen- und Nektarquelle für Insekten. Für Balkon und Terrasse ist er nur bedingt empfehlenswert, da er ziemlich tiefreichende Wurzeln hat und entsprechend große Pflanzgefäße benötigt.
Schädlinge
Im Garten macht man sich Anis mit seinem ausgeprägten Aroma zunutze, um lästige Blattläuse zu vertreiben. Dementsprechend wird er von vielen geruchsempfindlichen Schädlingen gemieden. Nur bei ungünstigen Wuchsbedingungen treten Mehltau und Rostpilze auf.
Ökologie
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Das Kraut der Anispflanze ist eine der Futterpflanzen für die Raupen eines der bekanntesten Schmetterlinge Deutschlands: Der Schwalbenschwanz (Papilio machaon) legt hier seine Eier ab. Darüber hinaus sind die Pflanzen gute Nektarlieferanten; im feldmäßigen Anbau liefert ein Hektar Anis 50-100 Kilogramm Nektar.
Wissenswertes
Der Name Anis leitet sich vom griechischen anison ab. Bekannt war die Pflanze bereits im antiken Mittleren Osten und bei den alten Ägyptern, von denen die Griechen das Wort vermutlich übernommen haben. Man fand die Samen in über 4.000 Jahre alten Gräbern und sogar in steinzeitlichen Pfahlbauten. Die griechischen Ärzte Dioskurides, Theophrastos und Hippokrates erwähnten sie lobend in ihren Schriften. Im alten Rom waren mustacei, Lorbeerkuchen eine beliebte verdauungsfördernde Nachspeise bei Festen. Der wildwachsende Vorfahr war vermutlich Pimpinella cretica.
Die getrockneten Anisfrüchte enthalten 1-3,5 Prozent, selten bis zu sechs Prozent etherisches Öl, 16-28 Prozent Öle und Fette, 19 Prozent Eiweiß sowie Zucker und organische Säuren. Wichtigster Bestandteil des etherischen Öls ist mit 80- 90 Prozent Anethol; hinzu kommen Methylchavicol (10 Prozent) und in kleineren Mengen Anisalkohol, Anisaldehyd, Ansinsäure, Camphen und weitere. Die Zusammensetzung hängt von Anbau und klimatischen Bedingungen ab und schwankt stark; gewinnen lässt sich Anisöl durch Wasserdampfdestillation.
Anis wurde 2014 zur Heilpflanze des Jahres gewählt. Die Samen (Fructus anisi) wirken entzündungshemmend, antiseptisch, krampf- und schleimlösend und verdauungsfördernd. Sie werden bei Bauchschmerzen mit Krämpfen und Blähungen zusammen mit Fenchel und Kümmel in gleichen Teilen für einen Tee verwendet. Vor allem die karminative Wirkung wird in den alten Kräuterbüchern ausführlich behandelt.
In der Küche nutzt man Anissamen wegen ihrer Süße und ihres charakteristischen Aromas. Bei uns erfreuen sie sich vor allem bei Süßspeisen, Desserts und in der Weihnachtsbäckerei großer Beliebtheit, beispielsweise in Form von Anisplätzchen. Man kann sie auch beim Brotbacken als Gewürz verwenden, und in Italien würzt man damit Fleischprodukte wie Würste oder Biscotti. Unverzichtbar sind sie für viele Spirituosen: In Griechenland sind sie wichtiger Bestandteil des Ouzo, in Frankreich von Anisette und Absinth, in der Türkei von Raki wie auch dem spanischen Anís del Mono und dem Arak aus dem Nahen Osten. Allen gemein ist der „Ouzo-Effekt“ – bei Verdünnen mit Wasser fällt das im Alkohol gelöste ätherische Öl aus und die Flüssigkeit wird weißlich-trübe.
Eine eher ungewöhnliche Anwendung von Anisöl ist das Angeln: Auf Köder geträufelt soll es die Fische anlocken. Umgekehrt sieht es im Kleiderschrank aus, wo es die äußerst geruchsempfindlichen Kleidermotten zuverlässig vertreibt.
Auch die Anisblätter lassen sich in der Küche verwenden, etwa bei Kräuterkäse, Salaten und Eintöpfen.
Angebaut wird Anis in Südeuropa, Kleinasien, Ägypten und Mexiko. Die größten Mengen liefert Russland; hier verwendet man die Presskuchen aus der Ölgewinnung als Kakaoersatz, das nach Abdestillieren des etherischen Öls übrigbleibende Öl zur Herstellung von Seife.
Was sind einjährige Pflanzen?
Einjährige Pflanzen keimen, wachsen und blühen innerhalb eines Jahres. Durch Versamen können sie sich erhalten und wieder am selben Standort erscheinen. Manche „wandern“ so durch den Garten und erfreuen uns an immer neuen Standorten.
Markus Wichert
Naturgärtner