Was ist Blut-Storchschnabel?
Blut-Storchschnabel oder Blutroter Storchschnabel (Geranium sanguineum) ist nicht blutdürstig, sondern hat seinen Namen den blutroten Blüten zu verdanken. Damit ist er als Zierpflanze im Garten gelandet, aber auch in der freien Natur erfreut er uns mit seinem Anblick. Man findet den Vertreter aus der Familie der Storchschnabelgewächse (Geraniaceae) zerstreut am Saum sonniger und trockener Gebüsche und Wälder, in Eichen- und Kiefernwäldern, gerne auch an exponierten Böschungen, Hängen und Halden. Im nördlichen Tiefland fehlt er, wohingegen er in Alpen und Mittelgebirgen bis über 1000 Meter Höhe aufsteigt. In Europa und Kleinasien liegt seine ursprüngliche Heimat.
Es handelt sich dabei um eine ausdauernde krautige Staude mit einem dicken rotbraunen Rhizom und einem weithin kriechenden Wurzelwerk, mit dessen Hilfe sie dichte Gruppen bildet. Mit ihren Blütenstängeln wird die Pflanze gut einen halben Meter hoch. Ihre niederliegenden und aufsteigenden Stängel sind reich dichotom verzweigt, mit deutlichen Knoten und 2-3 Millimeter lang abstehend behaart. Die dunkelgrünen Blätter sind maximal 2-4 Zentimeter lang mit Blattspreiten, die in 5-7 wenig gezähnte Lappen aufgeteilt sind. Diese wiederum bestehen aus jeweils drei bis fast an den Grund eingeschnittenen linealischen Abschnitten. Am Grund des 2-3 Zentimeter langen Blattstiels finden sich lanzettliche bis eiförmige, zottelig behaarte Nebenblätter. Die anfangs eine kleine Rosette bildenden bodennahen Blätter sind zur Blütezeit bereits verwelkt, und die Blattstiele verfärben sich gegen Ende der Saison rötlich.
Im Sommer erscheinen die aufrechten Blüten in lockeren Zymen, welche ihre Tragblätter weit überragen. Die 1-3 Zentimeter lang gestielten schüsselartigen Einzelblüten sind gut zwei Zentimeter lang und 2,5-4 Zentimeter breit, mit einer sternförmigen doppelten fünfzähligen Blütenhülle. Die Kronblätter sind purpurrot mit deutlicher dunkler Aderung, vorne ausgerandet und mit 15-18 Millimetern gut doppelt so lang wie die lanzettlichen zugespitzten, nicht verwachsenen Kelchblätter. Im Inneren stehen zwei Staubblattkreise, der oberständige Fruchtknoten, fünf Nektardrüsen und ein hellvioletter Griffel.
Aus den Blüten entwickeln sich nach der Bestäubung die typischen Achänen dieser Gattung, die mit ihrer schmalen langgestreckten Form an den Schnabel eines Storches erinnern. Sie sind weich behaart, fünfkammerig mit jeweils einem glatten Samen und werden bis zu vier Zentimeter lang. Bei der Reife springen sie sich von der Basis her aufrollend auf, um ihren Inhalt weit wegzuschleudern.
Blut-Storchschnabel im Garten

Quelle: Kersti Lindstrom/shutterstock.com
Standort
Sommerwarm, eher trocken, eher mager und tiefgründig – das sind die Hauptvorlieben des Blutroten Storchschnabels, auch wenn er als recht anspruchslos gilt und so ziemlich in jeder halbwegs brauchbaren Erde gedeiht. Der Boden sollte locker, mäßig sauer bis mild humos sein und Lehm, Löss oder Kalk und Kalksandstein enthalten. Am liebsten lässt er sich von der Sonne verwöhnen und dankt es mit umso größerem Blütenreichtum und hoher Widerstandsfähigkeit; aber auch Halbschatten verträgt er, nur im Notfall sogar etwas Schatten. Ganz im Gegensatz zu Staunässe, die ihm in kürzester Zeit den Garaus macht. Die Pflanzen sind vollkommen frosthart. Im Winter braucht man sie auch kaum zu gießen, wenn überhaupt; dagegen sollte man sie im Sommer ab und zu mit der Gießkanne beglücken, wenn die Sonne den Boden gar zu sehr ausgetrocknet hat. Er ist in Sachen Trockenheit aber hart im Nehmen.
Schnitt
Viel tun muss man eigentlich nicht, aber wenn man sich regelmäßig darum kümmert, die verwelkten Blütentriebe und Blätter zu entfernen, so sieht er nicht nur hübscher aus, sondern dankt es mit lange anhaltender Blütenpracht und schönem dichten Wachstum.
Vermehrung
Die selbst gesammelten Samen kann man im Garten an Ort und Stelle aussäen, sobald sie reif sind – oder man wartet das folgende Frühjahr ab. Gruppen lassen sich problemlos teilen. Stecklinge sind eher etwas heikel und gelingen am besten, wenn man sie im Frühjahr schneidet und erst einmal gleichmäßig feucht mit Bodenheizung Wurzeln schlagen lässt.
Verwendung
Mit seinem Ausbreitungsdrang und seiner unkomplizierten Pflege ist der Blutrote Storchschnabel ein schöner Bodendecker insbesondere für trockenwarme, nicht allzu nährstoffreiche Standorte. Am wohlsten fühlt er sich im Steingarten, in Staudenrabatten, am Rand von Gehölz und sonnigen Bumenbeeten oder an einem sonnenbeschienenen trockenen Hang. Dort bildet er mit seinem Kontrast aus dunkelgrünen Blättern und leuchtendroten Blüten einen schönen Blickfang. Ideale Begleitpflanzen sind verschiedene Gräser, Lungenkraut, Primeln und Buschwindröschen.
Schädlinge
Zwar ist der Blut-Storchschnabel recht robust, aber bisweilen machen ihm Mehltau, Viruserkrankungen und Blattwespen zu schaffen. Bei Sämlingen und Jungpflanzen muss man besonders darauf achten, dass sie nicht den Schneckenzum Opfer fallen.
Ökologie

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Obwohl in den Blüten die Staubblätter vor den Fruchtblättern reif werden kann es zu einer Selbstbestäubung kommen.
Der Nektar liegt beim Blut-Storchschabel gut erreichbar am Grund der kleinen Blüten. Das wissen vor allem Fliegen mit ihren relativ kurzen Mundwerkzeugen zu schätzen, die daher zu den Hauptbestäubern gehören. Ebenso finden sich Bienen, Schmetterlinge und sogar Käfer und Wanzen ein. Die beiden bekanntesten Vertreter aus dem Reich der Schmetterlinge, die sich an den Pflanzen bedienen, sind der Zwerg-Bläuling (Cupido minimus) und der Große Sonnenröschen-Bläuling (Aricia artaxerxes). Ersterer saugt Nektar, letzterer legt seine Eier hier ab, ebenso wie einige andere Falter. Insgesamt ist der Blut-Storchschnabel für fünf Schmetterlingsarten von Interesse.
Die Verbreitung der Samen mit dem Schleudermechanismus der reifen „Storchenschnäbel“ ist ein Schauspiel – besonders bei trockenem und warmem Wetter reicht ein sanftes Antippen. Schnell wird daraus ein kurzweiliges Spiel, an dem Kinder viel Spaß haben. Mit diesem Mechanismus bleiben die Samen auch im Fell von Tieren hängen, die so mit zur Verbreitung beitragen.
Wissenswertes
Nicht nur bei Insekten ist der Blutrote Storchschnabel beliebt, sondern vollkommen zu Recht auch bei Gärtnern. Das hat ihm 2001 zum Titel „Blume des Jahres“ verholfen. Beliebte Sorten sind im Handel erhältlich, darunter ‚Album‘, ‚Ankum’s Pride‘, ‚Aviemore‘, ‚Little Bead‘, ‚Shepherd’s Warning“ und „Splendens‘, eine Sorte der Unterart Geranium sanguineum var. striatum.
Was sind mehrjährige Stauden?
Mehrjährige Stauden bleiben über viele Jahre erhalten. Den Winter überdauern sie eingezogen in Wurzeln, Zwiebeln oder anderen unterirdischen Speicherorganen und treiben im nächsten Frühjahr wieder aus.
Markus Wichert
Naturgärtner