Was ist Heimische Haselwurz?
Die Heimische Haselwurz, auch Europäische, Gewöhnliche Haselwurz oder einfach kurz Haselwurz genannt, ist einer der in Europa seltenen Vertreter der Osterluzeigewächse (Aristolochiaceae). Sie ist in einem breiten Streifen von Europa bis Sibirien weit verbreitet, aber in Mitteleuropa wächst sie nur sehr zerstreut. Man findet sie in Laub- und Mischwäldern, Au- und Bruchwäldern, seltener in reinen Nadelforsten. Oft bildet sie im krautreichen Unterholz kleine Teppiche.
Als immergrüne Staude überdauert die Haselwurz mit einem kräftigen, durchdringend nach Pfeffer riechenden Rhizom mit grobfaserigen Wurzeln, aus dem sich eine dicke kriechende, an den Knoten wurzelnde Sprossachse mit lang gestielten Blättern erhebt; diese sind rundlich nierenförmig bis herzförmig mit einer dunkelgrün glänzenden Oberseite und einer matten behaarten Unterseite. Insgesamt werden die Pflanzen nur eine Handbreit hoch. Allen Pflanzenteilen ist ein intensiver typischer Geruch zu eigen.
Die kuriosen Blüten der Haselwurz erheben sich im Spätwinter und Frühjahr nur wenig über den Boden und bleiben meistens unter den Blättern versteckt; sie sind krugförmig mit drei Zipfeln und haben eine braunrote Färbung. Ebenso typisch wie Form und Farbe ist der pfefferartige Geruch, der sich noch aus einiger Entfernung wahrnehmen lässt. Nach der Bestäubung entwickeln sich daraus Kapseln, die sich mit sechs Klappen öffnen und die Samen freigeben.
Heimische Haselwurz im Garten

Quelle: weha/shutterstock.com
Standort
Die Haselwurz bevorzugt einen durchlässigen, nährstoffreichen und kalkhaltigen Lehm- oder Tonboden mit reichlich Mulch; dieser sollte möglichst gleichmäßig feucht sein, auch wenn sie eine Weile sommerliche Trockenzeiten klaglos hinnimmt. Im Winter vertragen sie Minusgrade bis -28 °C.
Vermehrung
Für ihre Ausbreitung sorgt die Haselwurz mit ihren Ausläufern, weniger mit den Samen. Hast Du erst einmal ein paar Pflanze gekauft, so machen sie sich ohne weiteres Zutun selber breit.
Faustregel: Für einen Quadratmeter reichen neun Pflanzen; die brauchen zum Vollwachsen etwa vier Jahre.
Verwendung
Als typische Pflanze der Krautschicht von Wäldern macht sich die Heimische Haselwurz naturgemäß am besten als Unterwuchs von Hecken, Sträuchern und Bäumen. Dabei lässt sie sich gut mit anderen Unterholzbewohnern kombinieren wie Farnen und Waldgräsern, Nieswurz und Lungenkraut oder dem ebenfalls auf Fliegen als Bestäuber hoffenden Aronstab. Positiver Nebeneffekt: Rhizom und Wurzeln lockern den Boden und sorgen so für gute Durchlüftung und Wasseraufnahme.
Schädlinge und Krankheiten
weiß sich die Haselwurz mit ihren Inhaltsstoffen fernzuhalten. Sie gilt als ausgesprochen robust und widerstandsfähig, und selbst die gefräßigen Schnecken machen einen großen Bogen um das offenbar für sie ungenießbare Kraut.
Ökologie
Haselwurz ist eine Zeigerpflanze für lehmigen und feuchten Boden. Die Vorliebe für mulchreichen Untergrund teilt sie mit Pilzen, und das hat seinen guten Grund: Sie ist eine Fliegen-Täuschblume, die Pilze nachahmt. Die bräunliche Farbe und der durchdringende Geruch der Blüten tun ihr Übriges, um Pilzmücken (Mycetophilidae) als Bestäuber anzulocken. Falls das nicht funktioniert kommt sie auf Selbstbestäubung zurück.
Die Samen haben ein großes fettreiches Elaisosom, das sie für Ameisen unwiderstehlich macht. Sie sind die Hauptverbreiter der Haselwurz.
Wissenswertes
- Die Europäische Haselwurz ist die einzige Art der etwa 100 Arten umfassenden Gattung Asarum, die in Europa wächst.
- Der botanische Namen kommt vom griechischen asaron, unverzweigt, der deutsche Name davon, dass sie (angeblich) besonders häufig unter Haselsträuchern wächst.
- Von den antiken Autoren wie Dioskurides, Plinius d.Ä. und Galen wie auch von den Kräuterbüchern des Mittelalters wird die Haselwurz ausführlich behandelt. Als Heilpflanze nutzte man sie bei Wassersucht und Ischias, als Brech- und Abführmittel. Das Rhizom läuft offizinell unter Radix asari; es enthält ein ätherisches Öl, das unverkennbar nach Kampfer riecht.
- Heute wird die Haselwurz von Naturheilkunde und Phytotherapie nicht mehr angewendet, da ihre Inhaltsstoffe, vor allem Asarin und Aristolochinsäure bei hohen Dosierungen zum Tod durch innere Blutungen und Lähmung der Atemmuskulatur führen können. In niedrigen Dosen verursacht der Verzehr der schleimhautreizenden Pflanzenteile ein Brennen in der Mundhöhle, Übelkeit, Erbrechen und Durchfälle.
- Haselwurz steht im Verdacht, das Risiko von Leberkrebs und Nierenkrebs zu erhöhen. Zudem wirkt sie nierenschädigend (nephrotoxisch).
- Letzte Bastion der Haselwurz als Heilpflanze: In der Homoöpathie macht man daraus eine Urtinktur, mit der sich Asarum-Globuli herstellen lassen.
- Das mit den Schleimhautreizungen gilt auch für die Gebärmutter; daher wurde das Kraut früher von den Engelmacherinnen auch für Abtreibungen verwendet.
- Pferde reagieren besonders empfindlich auf den Verzehr von Haselwurz, sie bekommen davon Übelkeit und Erbrechen.
- Nicht ganz so tödlich ist die Schleimhautreizung mit Schneeberger Schnupftabak aus dem sächsischen Erzgebirge. Der „weiße Schnupftabak“ enthält anstelle von Tabak diverse Zucker, Stärke und getrocknete aromatische Kräuter wie Haselwurz, ist also nikotinfrei.
- Auch nicht mehr ganz so gängig: Früher nutzte man die Wurzel der Haselwurz auch für die Herstellung von Kräuterschnaps.
- Hurra, ich kann fliegen! Die Inhaltsstoffe der Haselwurz wirken auch psychotrop und können Halluzinationen auslösen. Kein Wunder, dass sie regelmäßiger Bestandteil von Hexensalben (Flugsalben) war.
Was sind mehrjährige Stauden?
Mehrjährige Stauden bleiben über viele Jahre erhalten. Den Winter überdauern sie eingezogen in Wurzeln, Zwiebeln oder anderen unterirdischen Speicherorganen und treiben im nächsten Frühjahr wieder aus.
Markus Wichert
Naturgärtner