Was ist Traubige Graslilie?
Die Traubige, Astlose oder Große Graslilie ist im Garten unverkennbar dank ihrer schmalen grasartigen Blätter und den lilienartigen weißen Blüten, die im Sommer in großer Zahl daran erscheinen. Sie gehört zur Familie der Spargelgewächse (Asparagaceae) und ist in Süd- und Mitteleuropa, in Kleinasien und Nordafrika weit verbreitet. Sie bevorzugt trockene steinige Hänge, lichte Wälder und Trockenrasen.
Die ausdauernden krautigen Pflanzen erreichen eine Höhe von nicht ganz einem Meter; unterirdisch verfügen sie über ein kurzes schräges Rhizom mit langen fleischigen, bis zu einem halben Zentimeter dicken Wurzeln. Daraus erheben sich die aufrechten oder aufsteigenden runden und massiven Stängel und eine bodennahe Rosette aus grasartigen, oft leicht rinnigen und spitz zulaufenden matt blaugrünen Blättern. Diese werden bis zu 40 Zentimeter lang und einen knappen Zentimeter breit.
An den Enden der Stängel stehen lockere, meist unverzweigte Trauben aus 6-20, selten bis zu 30 wohlriechenden Blüten an schräg stehenden 1-1,5 Zentimeter langen Stielen; sie sind sternförmig dreizählig mit sechs schmalen weißen Blütenblättern, cremefarbenen Staubfäden und orangenen Staubbeuteln. Aus den dreikammerigen Fruchtknoten entwickeln sich nach Bestäubung zentimetergroße eiförmige, an der Spitze abgestumpfte Kapseln mit jeweils 2-8 schwarzen Samen in jeder der drei Kammern.
Traubige Graslilie im Garten
Standort
Der Tiefwurzler braucht einen gut durchlässigen, lehmigen und gerne sandigen Boden mit nicht zu reichlich Nährstoffen – Überdüngung bringt die Traubige Graslilie ähnlich zuverlässig um wie stehende Nässe. Dagegen macht ihr sommerliche Trockenheit über mehrere Tage nichts aus; überhaupt mag sie es gerne warm. Der pH-Wert sollte neutral bis alkalisch sein. Im Winter verträgt sie bis zu -17 °C.
Weniger ist mehr: Zu viel Wasser, zu viele Nährstoffe und zu viel Schatten sind der Traubigen Graslilie unzuträglich – dann wächst sie kümmerlich, blüht nur wenig, bildet kaum Samen und wird anfällig für Krankheiten und Schädlinge.
Schnitt
Viel zu schneiden brauchst Du bei der Traubigen Graslilie nicht, die vertrockneten Anteile verrotten bei Wind und Wetter recht zügig. Falls sie Dich stören kannst Du sie im Frühjahr eine Handbreit über dem Boden kappen, bevor der neue Austrieb erscheint. Die Reste kannst Du zum Mulchen einsetzen oder auf dem Kompost zu Dünger verarbeiten.
Vermehrung
Die Vermehrung mit Samen ist recht einfach, sie keimen recht zuverlässig. Die Dunkel- und Kaltkeimer kannst Du im Herbst unmittelbar nach der Reife an Ort und Stelle im Garten aussäen; bedecke sie gründlich mit Erde, damit es ihnen dunkel genug zum Keimen ist. Nicht wundern: Sie keimen äußerst ungleichmäßig und brauchen oft mehrere Monate. Zudem breitet sich die Graslilie selbst auch mit ihrem Rhizom in ihrer Umgebung aus; nach einigen Jahren kannst Du also die Bestände auch problemlos teilen.
Die Traubige Graslilie ist ausgesprochen zäh und langlebig. Nach der Keimung brauchen sie meist drei Jahre, bis die ersten Blüten erscheinen. Im ersten Blütejahr bildet sich nur ein einzelner Blütenstand, ältere Pflanzen blühen bisweilen im Herbst ein zweites Mal.
Verwendung
Mit ihrer Vorliebe für magere und trockene Böden empfiehlt sich die Traubige Graslilie für den Steingarten und Heidegarten, ist aber ebenso für trockene Blumen- und Staudenbeete geeignet. Ihre ungewöhnlichen Blätter und Blüten sorgen dafür, dass sie sich gut mit kontrastierenden Pflanzen kombinieren lassen.
Die Blütenstände geben übrigens auch hübsche und dauerhafte Schnittblumen für die Vase ab.
Schädlinge
Im Garten machen den meisten Traubigen Graslilien unzuträgliche Lebensbedingungen mehr zu schaffen als Krankheiten und Schädlinge. Vor allem zu viel Wasser und Dünger machen sie anfällig für Pilzerkrankungen, Rote Spinne, Blattläuse und andere ungebetene Gäste. Insbesondere Jungpflanzen fallen oft den gefräßigen Schnecken zum Opfer.
Ökologie
- Beim Wassersparen an den trockenen Standorten hilft eine Wachsschicht auf den Blättern und Stängeln.
- Für die Bestäubung sind Bienen, Schwebfliegen und Schmetterlinge zuständig, die vom Nektar angelockt werden.
- Für den Pollen der Traubigen Graslilie interessiert sich die Gewöhnliche Schmalbiene Lasioglossum calceatum. Glücklicherweise gehört diese noch zu den häufigeren Wildbienen, die bisher nicht als akut gefährdet gelten.
- Die Pflanzen haben der Graslilieneule Episema glaucina zu ihrem Namen verholfen; die Nachtfalter sind farblich sehr variabel, die Männchen an ihren typisch bewimperten Fühlern leicht zu erkennen. Die Raupen sind mit ihrer braunen, leicht violett schimmernden Farbe und einer helleren Rückenlinie gut getarnt.
- Die natürlichen Bestände der Traubigen Graslilie sind in vielen Ländern im Rückzug begriffen. Das liegt nicht zuletzt an der wachsenden Vereinnahmung zur landwirtschaftlichen Nutzung und Überdüngung. Zudem fressen Weidetiere die unreifen Kapseln ab und verhindern so die Samenbildung. In zahlreichen Regionen ist sie mittlerweile sogar verschwunden.
Wissenswertes
In der Volksheilkunde wurde die Traubige Graslilie früher als Heilpflanze genutzt; sie enthält Alkaloide, die dem Colchicin der Herbstzeitlose ähneln. Heute ist sie wegen der unberechenbaren Giftstoffe nicht mehr gebräuchlich.
Was sind mehrjährige Stauden?
Mehrjährige Stauden bleiben über viele Jahre erhalten. Den Winter überdauern sie eingezogen in Wurzeln, Zwiebeln oder anderen unterirdischen Speicherorganen und treiben im nächsten Frühjahr wieder aus.
Markus Wichert
Naturgärtner