Verena Kienzler

Verena Kienzler

-

Interview

Verena Kienzler - Ein wunderbarer Ort zum Verweilen, Sehen, Riechen, Träumen

Wenn mir Jemand vor 10 Jahren gesagt hätte „Verena Du liebst und brauchst Deinen Garten“, dann hätte ich lachend und verneinend den Kopf geschüttelt.                                                                                                            

Ich möchte ein bisschen weiter ausholen, wie es dazu kam, dass ich heute von ganzem Herzen sagen darf: „Ich liebe und brauche meinen Garten!“           

Ich bin Verena, 49 Jahre, verheiratet und habe zwei erwachsene Kinder. Inzwischen arbeite ich selbstständig als Heilpraktikerin in meiner Praxis auf dem Lande und bin begeisterte Gärtnerin, die alles Mögliche und Unmögliche ausprobiert rund um meinen wild gepflegt aussehenden Garten.

Verena Kienzler

So sieht der Garten heute aus

Das Areal und wie alles anfing

Vor 13 Jahren haben mein Mann und ich uns im Hinterland vom Bodensee ein großes altes Haus mit einem noch größeren Grundstück gekauft. Sage und schreibe 3000 Quadratmeter, aufgeteilt in einmal 1500 Quadratmeter auf dem unser Haus steht und gleich daneben (nur getrennt durch einen etwa zwei Meter breiten Weg) die anderen 1500 Quadratmeter. Ich nenne es liebevoll das vordere Grundstück, worauf das Haus, die Werkstatt und die Garagen stehen und das hintere Grundstück, worauf einst ein Fischweiher vom Vorbesitzer betrieben wurde.

Davor lebten mein Mann, meine Tochter, mein Sohn und ich 10 Jahre in einem üblichen engen Baugebiet in unserem ersten neugebauten Haus. Alles war schick und akkurat. Jeden Samstag holte ein Nachbar nach dem anderen den Elektrorasenmäher aus den kleinen Gartenhäuschen und wir mähten um die Wette. Hecken und Zäune waren alle gleich niedrig und hatten wenig mit Bienenfreundlich und Schmetterlingslieblingsplätzen zu tun. Irgendwie glich ein Gärtchen dem anderen. Sauber zurecht geschnitten all die Kirschlorbeerbüsche und Thujen, kein Löwenzahn und keine Brennnessel hatte hier eine Chance zu wachsen. Wurde ja regelmäßig gemäht und „Unkraut“ gejätet.                           

Verena Kienzler

Der Garten, wie er früher einmal aussah

Da standen wir also vor 13 Jahren auf unserem Riesengrundstück und wussten wirklich beide nicht so Recht, wo wir anfangen sollten. 

Unsere Familien und Freunde meinten, viel zu groß oder wer soll das pflegen oder da fehlt euch doch die Zeit und so weiter. Ich weiß es noch genau, wie ich damals Jedem, der irgendwas in dieser Art äußerte, entgegensetzte, „das wird toll, machen mein Mann und ich zusammen“. Selbstbewusst nach außen, aber innerlich hatte ich wirklich gar keinen Plan. Ich schmunzle heute noch darüber.

Die ersten Jahre habe ich hauptsächlich Töpfe bepflanzt. Ohne groß darüber nachzudenken, was und wie und überhaupt. Die habe ich dann rund ums Haus gestellt, dass etwas Farbe war. Freude war das damals noch nicht. Da war ich zu lange Baugebiet gewöhnt: ich machte halt, dass andere es schön fanden. Zudem hätte ich Hunderte von Töpfen bepflanzen können und es hätte sich trotzdem „verloren“ auf dem ganzen Areal: 

Verena Kienzler

Etwas später habe ich dann darauf geachtet, dass ich Pflanzen nehme, die mehrjährig sind. Ein kleiner – großer Fortschritt in dem ganzen Garten. Aber weiterhin Töpfe, Töpfe, Töpfe. 

Mein Mann war währenddessen damit beschäftigt, das hintere Grundstück auszulichten. Auf diesem Bereich war seit vielen Jahren nichts mehr gemacht worden. Meterhohe Holunder- und Haselnussbüsche, ein Meer an Fichten rund um den eingewachsenen Weiher, drei riesengroße Birken, ein kranker alter Mostobstbaum, unendlich viele wilde Rosen, die überall ihre langen Ruten mit Dornen ausbreiteten und keine Blüten mehr trugen:

Verena Kienzler

Mein lieber Mann schlug sich tapfer die ersten beiden Jahre durch all die Äste, Zweige, Dornen und Gestrüpp und siehe da?! Das hintere Grundstück konnte sich durchaus sehen lassen.

Wir beschlossen unsere ersten Pflanzen in unseren Garten zu setzen!!! Kein Topf – nein direkt in den Garten! Das ist für mich heute noch immer, bei jeder einzelnen Pflanze besonders, wenn ich sie direkt in den Garten setze. Das bedeutet für mich mehr, als „nur“ in den Topf setzen. Direkt in Mutter Erde setzen ist wurzeln, sich verwurzeln lassen mit allem, was ich habe.

So setzten wir unsere ersten Beerenbüsche: jeweils zwei BrombeerenHimbeerenJohannisbeeren und Heidelbeeren. Oh, was war ich stolz darauf, als ich mit meinen Kindern die ersten reifen Beeren pflückte, die sogleich vernascht wurden. Nix da, mit Marmelade einkochen und Kuchen backen. Das war einfach zu wenig Ertrag.

Inzwischen haben wir eine stattliche Anzahl an Himbeerbüschen und etwas weniger von Johannisbeeren, Brombeeren und Heidelbeeren. Sie gedeihen mit Wasser und Sonne und regelmäßigem Entfernen der langen Gräser und Sauerampfer. Zwischen den Beeren „dulde“ ich keinen Sauerampfer und auch keinen Ackerschachtelhalm. Die dürfen an anderen Plätzen in Ruhe wachsen.        

Verena Kienzler

Die Beeren(h)ecke

In der Zwischenzeit habe ich nebenher das Studium zum Heilpraktiker absolviert. 

Nach den Prüfungen musste ich mir überlegen, worauf ich mich spezialisieren wollte. Ich entschied mich für eine weitere Ausbildung in Heilpflanzen.
Warum? Einfach nur, weil diese zeitlich gut lag, damit ich meine Familie, Beruf und Weiterbildung gut unter einen Hut brachte. 

Nach den ersten beiden Wochenendseminaren war das „Feuer entfacht“ für eine Pflanzenwelt, die ich bis dahin nur kurz im Studium des Heilpraktikers gestreift hatte.

Das erste Mal, ich weiß es noch genau, kam ich von der Arbeit nach Hause, und sah, wie mein Mann zwischen Hof und Garagen blühenden Löwenzahn für Löwenzahn mit einer Harke regelrecht abhackte. Ich sprang aus dem Auto und rief: „Nein, nicht den Löwenzahn, der ist so gut, lass stehen!“ Mein Mann hackte einfach weiter und erst als ich direkt vor ihm stand, beide Arme in die Hüften gestemmt, ließ er davon ab und sah mich an: „Ernst jetzt?“ „Mein absoluter Ernst!“ „Ist aber Unkraut, wie sieht das denn aus!“

Seither lassen wir Löwenzahn und sämtliches andere „Unkraut“, wie Brennnesseln, Ackerschachtelhalm, StorchenschnabelVogelmiere, und, und, und… einfach wachsen:

Verena Kienzler

Letztendlich war es diese Heilpflanzenausbildung, die mir das Herz für die vielfältige Pflanzenwelt geöffnet hat. Und so fing ich vor drei Jahren an das erste „richtige“ Beet direkt hinterm Haus abzustecken, umzugraben und zu bepflanzen. 

Ich setzte SchafgarbeJohanniskrautBärlauch, Sonnenhut, MutterkrautBaldrianFingerhut und Vergissmeinnicht. Dazu säte ich Mariendistel-, Klatschmohn- und Sonnenblumensamen aus.
Neben das Beet stellte ich zwei alte bemalte Holzpaletten, auf die ich Töpfe platzierte mit ThymianRosmarinLavendel und Herzgespann:

Verena Kienzler

Es war mir eine Freude meinen Pflanzen beim Gedeihen und Wachsen zuzusehen.       

Zu dieser Zeit arbeitete ich immer noch ein paar Stunden zusätzlich in meinem alten, ersten Beruf als Erzieherin, der ziemlich „laut“ war. Jeden Tag, wenn ich von dieser Arbeit nach Hause kam, galt mein erster Gang zu meinem Beet um abzuschalten, um neue Kraft zu schöpfen für meine Selbstständigkeit und für meine Familie. Ich sehnte mich regelrecht danach und fing an mit meinen immer prächtiger werdenden Pflanzen zu reden. Stolz war ich auf das damals kleine „Gärtle“. Und eine tiefe Zufriedenheit erfüllte mich, wie ich es noch nie erlebt hatte.

Es war beschlossen, dieses große Grundstück sollte und durfte bepflanzt werden nach Herzenslust.    

So gestaltete ich in jenem Jahr ein weiteres Beet an einer Natursteinmauer. Musste aber ganz schön Abstriche ziehen, denn ich hatte nicht bedacht, dass in den Steinen so unendlich viele Schnecken ihre Wohnstätte haben. Ich weiß nicht, wie oft ich in der ersten Zeit Samen von Sonnenblumen, Tagetes, Wilder Mohn und Borretsch gesät habe. Kaum streckten die zarten Pflänzchen die kleinen Blätter und Stängel aus der Erde waren sie tags darauf verspeist und lagen lahm und löchrig auf der Erde. Zudem ist der Boden dort recht lehmhaltig und dementsprechend schwer und feucht. Die einzigen Pflanzen, die dort das erste Jahr überlebt haben und bis heute gedeihen sind das Herzgespann und der Frauenmantel. Zwei wunderbare Heilpflanzen übrigens. 

Inzwischen fahre ich gut in diesem „Schnecken-Lehm-Beet“ mit verschiedenem Phlox, Astilben, MädesüßBittersüßer Nachtschatten, Gartennelken, HimmelsleiterRote SporenpflanzeEhrenpreis und als Samen die Bechermalve. 

Verena Kienzler

Das „Schnecken-Lehm-Beet“

Letztes Jahr hat mir mein Sohn zum Muttertag ein weiteres Stück Erde umgegraben und zurecht gemacht, dass ich „nur“ noch gestalten und bepflanzen durfte. Dort ist der Boden recht gut und ich pflanzte einfach drauf los, ohne groß drüber nachzudenken oder nachzulesen. Mir scheint es öfters, je weniger ich drüber denke und einfach nach meinem Gefühl pflanze, desto besser gedeiht und blüht es. (Ausnahmen – wie es immer gibt – siehe „Schnecken-Lehm-Beet“ ?) 

So blühen im sogenannten Muttertagsbeet eine der Lieblingspflanzen meines Mannes, einige Fetthennen. Dazwischen ein weiteres Herzgespann, was so ein schöner Insektenmagnet ist. Brummen und Summen von früh bis spät. Ein Echter Eibisch, wunderschön samtig. Weiße Herbstastern, Nepal-Fingerkraut in rosa, lilienfarbige Verbenen, Johanniskraut – Tagetes -  Ringelblumen in gelb, rot orange, mystische Akelei, Odermennig oder auch Sängerkraut genannt, dazwischen Nelken und Kornblumenastern, ein üppig wachsender AndornLungenkraut in rosa-lila, Kriechender Günsel mit langen Ausläufern bedecken ein Stück vom Beet, Funkien, zur Zeit grüne Christrosen, rosafarbener Schlangenkopf, gelbe Lilien und Sonnenhut, kleine rote Gartenröschen und klitzekleine Hornveilchen in bunten Farben. Eine Seite ist inzwischen umrahmt von duftendem Lavendel. Ochsenauge und Mädchenauge in sonnigem Gelb nicht zu vergessen.

Ein wunderbarer Ort zum Verweilen, Sehen, Riechen, Träumen. Ohne angeben zu wollen!

Verena Kienzler

Das Muttertagsbeet

In diesem Jahr haben wir ein nächstes Beet begonnen und zwar auf dem hinteren Grundstück, etwas abseits der Beeren. Beschwerlich war das Umgraben hier, weil der Boden steinig und hart ist. Inzwischen wachsen hier Lavendel und Chrysantheme, Schafgarbe und ein wunderschöner Schmetterlingsflieder (Anm. NaturaDB: Achtung invasiver Neophyt!) in sattem Lila. Wenn dieser so weiter wächst, wie die letzten Wochen erreicht er wohl wirklich einmal die beschriebenen 3-4 Meter Höhe. Umrahmt werden diese Pflanzen von unzähligen Tagetessamen, auch Studentenblumen genannt, die sage und schreibe rund 40 cm hoch inzwischen sind und wunderbar blühen in den verschiedensten Orange- und Gelbtönen. Wichtig für mich, denn ich möchte ja im kommenden Jahr wieder Samen haben. Sobald die Blütenköpfe verblüht sind, kann ich sie abzupfen, öffnen, trocknen und aufbewahren bis zum nächsten Frühjahr zur Aussaat.

Dazu habe ich noch etwas Neues ausprobiert und mir ein Päckchen Samen gekauft von Phacelia, sprich Bienenweide. Diese Bienenfutterpflanze wuchs ziemlich schnell und bildete zunächst einen grünen, relativ hohen Teppich. Nun blühen dort hell lilafarbene Blütenköpfe. Ich habe gelesen, dass diese Pflanze den Boden biologisch gesund macht und auch als Zwischenkultur geeignet ist. Schon nach den wenigen Monaten, seitdem dieses Beet besteht, kann ich sehen, das ist ein hervorragender Ort zum weiter Bepflanzen. Es gefällt den Blümchen dort und das wiederrum begeistert mich und lässt mich aufblühen! (Anm. NaturaDB: Der Name „Bienenweide“ ist womöglich etwas trügerisch. Die Pflanze ist bei uns nicht heimisch und spricht bestensfalls nur Generalisten an)

Zudem haben wir im Frühjahr das erste Hochbeet gemacht. Mein Mann redete immer wieder davon, weil seine Eltern früher Salat, Kohl und Kräuter im eigenen Garten gezogen haben. So machten wir uns ans Werk und bestellten einen Bausatz 2m auf 1m in Lärchenholz. Das war schnell zusammengebaut und wurde aufs hintere Grundstück gestellt. Nun befüllten wir die „Kiste“ mit den unterschiedlichen Materialien. 

Zuerst dünne Äste, Zweige, danach Laub und Rasenschnitt, es folgte der halbreife Kompost und zuletzt die Hochbeet-Erde. Wie viel in so ein großes Beet reinpasst hätte ich nicht gedacht. Zum Glück hatten wir von allen Materialien genügend im Garten, außer die Hochbeet-Erde. 

Nun konnten wir pflanzen, aussäen und staunen. Nie hätte ich gedacht, dass es so schnell geht, wie sich kleine Salatpflänzchen zu Salatköpfen entwickeln und Radieschen- und Pflücksalatsamen gedeihen. Schnittlauch und Petersilie eine wahre Pracht. 

Neben dem Hochbeet, gut überdacht stehen meine Tomatenpflanzen und meine erste Chilipflanze. Es gedeiht alles so gut, dass ich es kaum glauben kann. Wer weiß, vielleicht baue ich dieses Projekt mit Gemüse weiter aus in den kommenden Jahren?!

Verena Kienzler

Unser erstes Hochbeet

Was mich neben dem Wachsen, Gedeihen, Pflegen, Blühen, Inhaltstoffen, Wirkungen der Pflanzen genauso interessiert, sind die Geschichten, Märchen und Mythen, die sich um unzählig viele Pflanzen ranken mitsamt den Signaturen. Es ist eine Welt, die sich nicht immer sichtbar für das Auge zeigt, dafür sicht- und fühlbar für die Seele. Dieses Geheimnisvolle und Mystische finde ich spannend und berührt mich zutiefst. Das macht für mich jede einzelne Pflanze erst komplett. Ganz egal, wie klein und unscheinbar diese sein mag oder groß und mächtig. Faszinierend, berührend, voller Lebendigkeit sehe ich diese Seite der Pflanzenwelt. Eine Pflanze mit den Händen streicheln, zart anfassen oder den Duft wahrnehmen sind für mich so elementar, wie ich ihnen Wasser gebe. 

Oft erscheint es mir so, als ob mir die verschiedenen Pflanzen etwas mitteilen möchten. Sei es in ihrer Wirkung oder einfach nur in ihrem Dasein.

Holunder und Weißdorn sind unter anderem mächtige Schutzpflanzen, die bei mir im Garten wachsen. Schon früher wurden Hecken um Hof und Haus gepflanzt, dass Mensch und Tier beschützen soll vor allerlei Gefahren. Als ich vor vier Jahren diese Büsche bei mir pflanzte, war das zum Beispiel der ausschlaggebende Punkt, weshalb ich das tat. Es fühlt sich gut und sicher an und beide wachsen prächtig.

Egal, was ich pflanze und säe, ich schaue nach Geschichten und Erzählungen dazu. Oder ich lese etwas über eine Pflanze, sei es im naturheilkundlichen Bereich oder im esoterischen Bereich, die mich berührt, dann versuche ich diese bei mir anzupflanzen.

Ich mag es auch mir vorzustellen, wie in meinem Garten kleine Elfen um all die kleinen und großen Blumen und Pflanzen herumtanzen. Hilfreich vor allem dann, wenn man einen arbeitsreichen Tag hinter sich hat oder auch nur, um aufzutanken. Das Bild finde ich persönlich schön, leicht und erinnert mich an Kindertagen und Lachen. Das sollten wir Erwachsene viel öfters tun, einfach nur träumen. Und das geht, was wiederrum meine persönliche Meinung ist, am besten in einem Garten. Egal, ob er groß oder klein ist, mitten in der Stadt auf dem Balkon wächst oder auf großen Grundstücken abseits der Zivilisation. 

Garten ist Leben, Freude, Erholung, Entwicklung, Zukunft, wild, gepflegt, Eins mit mir und den Pflanzen… denn: „Ich liebe und brauche meinen Garten!“

Verena Kienzler