Was ist Echte Betonie?
Die Echte Betonie, Heilziest oder Heilbatunge ist eine alte Heilpflanze, die auch als heimische Zierpflanze im Garten eine gute Figur macht. Wie an ihren Blüten leicht erkennbar gehört sie zur Familie der Lippenblütler (Lamiaceae); in Europa ist sie weit verbreitet und wächst in einem breiten Areal von Spanien bis zum Ural, wobei sie recht unterschiedliche Lebensräume besiedelt: Wälder und Strauchgesellschaften, Moore, Heiden, Halbtrockenrasen und Bergwiesen mit Fokus auf warmen, feuchten und kalkarmen Standorten.
Die ausdauernden krautigen Pflanzen werden bis über einen Meter hoch; unterirdisch besitzen sie ein knotiges Rhizom, aus dem sich die aufrechten Lippenblütler-typisch vierkantigen, oft behaarten Stängel erheben. Bodennah befindet sich eine dichte Rosette aus gestielten Blättern mit bis zu zwölf Zentimeter langer Spreite; diese ist schmal eiförmig, am Grund herzförmig, an der Spitze abgerundet und am Rand deutlich gezähnt oder gekerbt. Auf der Oberseite sind sie kahl, auf der Unterseite zumeist behaart.
Im Sommer und Spätsommer entstehen an den Enden der Triebe die unverkennbaren Blütenstände, lockere, oben zu einer Scheinähre zusammengezogene Scheinquirle mit jeweils rund zehn einzelnen Lippenblüten in den Achseln von Tragblättern. Die Farbe der Kronblätter ist variabel und schwankt von rot und violett über rosa bis selten reinem Weiß. Ihre Oberlippe ist helmförmig, die Unterlippe weist einen geteilten Mittellappen auf, die beiden kleinen Seitenlappen sind oft kaum auszumachen.
Als Früchte werden vier glatte braune Klausenfrüchte gebildet.
Echte Betonie im Garten
Standort
Im Garten bevorzugt die Echte Betonie einen durchlässigen, gerne sandigen Lehmboden in der vollen Sonne oder im Halbschatten; er sollte kalkarm und frisch bis trocken ausfallen. Schatten mag die Sonnenanbeterin genauso wenig wie Staunässe, der sie bereits nach kurzer Zeit zum Opfer fällt. Im Winter sind die Flachwurzler frostverträglich bis -28 °C.
Schnitt
Die Stauden solltest Du lieber erst im Frühjahr schneiden als im Herbst; zum einen schützen die verwelkenden Anteile das bodennahe Herz, zum anderen finden hier noch Kleintiere und Insekten Schutz vor der Kälte. Zudem sehen die Stauden auch im Winter immer noch gut aus. Rechtzeitig bevor der neue Austrieb erscheint kannst Du so gegen Ende März die alten Pflanzenteile eine Handbreit über dem Boden kappen und zum Mulchen verwenden oder auf dem Kompost zu Dünger verarbeiten.
Vermehrung
Für seine eigene Vermehrung sorgt die Echte Batunge mit ihren reichlich gebildeten Samen; die Klausenfrüchte keimen schnell und zuverlässig, wenn Du sie im Herbst gleich an Ort und Stelle im Garten aussäst. Oder das den Pflanzen selbst überlässt.
Verwendung
Mit ihrer Vorliebe für trockene und nährstoffarme Standorte mit reichlich Sonneneinstrahlung lässt der Heilziest gut im Steingarten oder Steppengarten pflanzen. Ebenso gut macht sich die traditionelle Heilpflanze natürlich auch im Apothekergarten, und wie zu Hause fühlt sie sich am Gehölzrand.
Schädlinge
Schädlinge und Krankheiten sind bei der äußerst robusten und widerstandsfähigen Echten Batunge eher die Ausnahme; sie wird von kleinen Wehwehchen nicht so schnell aus Deinem Garten verschwinden. Nur bei Schnecken musst Du vorsichtig sein, die können die jungen Keimlinge schnell verschwinden lassen.
Ökologie
- Die Lippenblüten werden von vielen Insekten gerne besucht; den Nektar holen sich Honig- und Wildbienen, hier insbesondere Hummeln, wie auch Schmetterlinge, Fliegen und Schwebfliegen. Bei ausbleibender tierischer Hilfe kommen die Blüten auf Selbstbestäubung zurück.
- Für den Pollen der kleinen Lippenblüten interessieren sich in Deutschland 41 heimische Wildbienen, von denen drei auf die Betonie spezialisiert sind. Der Ziest, eine alte Bezeichnung der Betonie, steckt beispielsweise im Namen der stark gefährdeten Späten Ziest-Schlürfbiene Rophites quinquespinosus, die man inzwischen nur noch mit sehr viel Glück u Gesicht bekommt.
- Nicht ganz so gefährdet ist die „frühe“ Variante, die Frühe Ziest-Schlürfbiene Rophites algirus.
- Viel häufiger kann man noch die Dunkle Erdhummel Bombus terrestris und Helle Erdhummel Bombus lucorum an den Blüten finden; die beiden dicken Brummer haben einen gelb-schwarz geringelten Pelz und einen weißen Popo.
- Auch mindestens zwölf Schmetterlinge kommen zur Betonie, darunter auch viele Tagfalter und Edelfalter, die sich am Nektar gütlich tun wie der wohlbekannte Raps-Weißling Pieris napi und der Zitronenfalter Gonepteryx rhamni.
- Wesentlich schlechter bestellt ist es um den stark gefährdeten Riedteufel Minois dryas mit seinen braunen Flügeln und weißen, dick schwarz gerandeten Augenflecken oder den Heilziest-Dickkopffalter Carcharodus floccifera, den man nur noch im Südwesten selten antrifft.
- Ähnliches gilt auch für den Hellen Wiesenknopf-Ameisenbläuling Maculinea teleius, der seine Brut von Ameisen großziehen lässt – was ihnen die Raupen schlecht danken, denn die mästen sich dort an den Ameisenlarven.
- Die Verbreitung der Klausenfrüchte übernehmen der Wind und vorüberstreifende Tiere, in deren Fell sie hängenbleiben und über weite Strecken transportiert werden.
Wissenswertes
- Die botanische Namensgebung ist bei der Echten Betonie recht verzwickt; die meisten Autoren stellen sie inzwischen zur Gattung Betonica (Betonica officinalis). Zudem gibt es eine ganze Reihe von Unterarten, da die Pflanzen lokale Sippen und starke morphologische Abweichungen voneinander zeigen. Belassen wir es bei der Echten Betonie als einer schönen Zierpflanze und Bienenweide und überlassen die Namensstreitigkeiten den Spezialisten ????.
- Als Heilpflanze ist die Echte Betonie – wie das botanische officinalis, in Apotheken gebräuchlich bereits andeutet lange bekannt und bewährt. Sie wurde bereits in der Antike von Dioskurides ebenso erwähnt wie von Plinius d.Ä und Galen.
- Die Beliebtheit blieb bis weit über das Mittelalter ungebrochen, denn die Pflanzen waren fester Bestandteil jedes Klostergartens und wurden in den Kräuterbüchern des ausgehenden Mittelalters und der angehenden Neuzeit ausführlich behandelt.
- Zudem sollte sie vor Hexen und bösen Geistern schützen, sodass man sie häufig in Gärten und um die Kirchen anpflanzte.
- In der modernen Naturheilkunde und Phytotherapie hat die Echte Betonie viel von ihrem alten Glanz verloren; mittlerweile kommt man nur noch selten auf sie zurück, obwohl eine wachsende Zahl von Untersuchungen ihre heilkräftige Wirkung bei Erkrankungen der Atemwege, des Verdauungstraktes und der ableitenden Harnwege bestätigt.
- In der traditionellen Volksmedizin nutzt man sie fleißig weiter bis zum heutigen Tag.
- Pharmakologisch wirksame Inhaltsstoffe sind Gerbstoffe, Bitterstoffe, Betain-Alkaloide, Flavonoide, Glykoside und kleine Mengen eines ätherischen Öls.
Was sind mehrjährige Stauden?
Mehrjährige Stauden bleiben über viele Jahre erhalten. Den Winter überdauern sie eingezogen in Wurzeln, Zwiebeln oder anderen unterirdischen Speicherorganen und treiben im nächsten Frühjahr wieder aus.
Markus Wichert
Naturgärtner