Was ist Europäischer Pfeifenstrauch?
Europäischer Pfeifenstrauch, Großer Pfeifenstrauch, Bauernjasmin oder Falscher Jasmin (Philadelphus coronarius) wird in unseren Gärten häufig als wohlriechende und dekorative Zierpflanze gehalten und tritt bisweilen verwildert auf. Ursprünglich beheimatet ist das Mitglied aus der Familie der Hortensiengewächse (Hydrangaceae) im Südosten Europas von den Alpen bis nach Siebenbürgen und Italien, wo er vor allem in den warmen Gebüschen sowie an den Wald- und Wegrändern der lichten mit Flaum-Eiche, Hopfenbuche und Hasel bestandenen Wälder wächst. Man findet ihn vorwiegend in den Gebirgslagen bis in eine Höhe von 700 Metern.
Es handelt sich beim Pfeifenstrauch um einen sommergrünen breit aufrechten und reichlich verzweigten Strauch, der eine Höhe von 2-3 Meter erreicht. Seine straff aufrechten und steifen, an den Spitzen leicht überhängenden Zweige sind in der Jugend braun bis rotbraun und flaumig behaart, später werden sie kahl und die Rinde löst sich in langen dünnen Streifen ab. Winterknospen sind vorhanden, aber kaum zu erkennen, denn sie werden von den an den Ästen verbleibenden Resten der Blattstiele überdeckt; Endknospen finden sich nur an jungen Trieben.
Die gegenständigen Blätter sind eiförmig bis elliptisch geformt, mit einem schwach gezähnten Blattrand und kurzem Blattstiel, in den sich die Blattspreite breit keilförmig verschmälert. Letztere läuft in eine markante Spitze aus; sie ist 4-8 Zentimeter lang und bis zu fünf Zentimeter breit, auf der Oberseite dunkelgrün und kahl, unterseits deutlich heller grün und auf den Blattnerven behaart, insbesondere in deren Achseln, wo die Haare kleine Bärte bilden. Nebenblätter werden nicht gebildet.
Die cremeweißen zwittrigen Blüten des Pfeifenstrauchs machen schnell klar, warum man ihn auch als Falschen Jasmin und Bauernjasmin bezeichnet: sie sind nicht nur hübsch anzusehen, sondern verbreiten einen intensiven Duft. Sie sitzen zu 5-10 Exemplaren in Trauben an den Enden der Kurztriebe und erscheinen erst am zweijährigen Holz. Auf einem 5-10 Millimeter langen Blütenstiel sitzt eine 2-3 Zentimeter breite, glockig-sternförmige und vierzählige doppelte Blütenhülle mit kleinen, länglich-dreieckigen Kelchblättern und 10-15 Millimeter langen, flach ausgebreiteten Kronblättern. Diese sind länger als die zahlreichen Staubblätter, und der unterständige Fruchtknoten wird von einem Griffel mit vier Narbenästen gekrönt. Aus ihm entwickelt sich eine vierkammerige Kapsel, die sich bei der Reife im September und Oktober auf voller Länge öffnet und die bis zu drei Millimeter langen, länglichen Samen entlässt.
Europäischer Pfeifenstrauch im Garten
Standort
An seinen natürlichen Standorten im Südosten Europas bevorzugt der Europäische Pfeifenstrauch einen basenreichen, kalkhaltigen Stein- oder Lehmboden, der dem Herzwurzler ein mittel- bis tiefgründiges Substrat bietet. Im Garten erweist er sich aber als recht anspruchslos und nimmt mit jeder mäßig fruchtbaren und halbwegs durchlässigen Erde vorlieb, die nicht zu trocken und nicht zu feucht ist. Am liebsten steht er in der vollen Sonne oder im Halbschatten - je mehr Sonne, desto mehr Blüten produziert er. Im Sommer solltest Du ihn ab und zu mit der Gießkanne bedenken und monatlich einen Volldünger spendieren. Die Pflanzen sind in unseren Breiten vollkommen winterhart.
Schnitt
Normalerweise reicht es vollkommen aus, wenn Du nach der Blüte die abgeblühten Triebe bis auf die nächsten kräftigen Jungtriebe oder Knospen zurückschneidest. Alle 2-3 Jahre empfiehlt sich vor allem bei älteren Pfeifensträuchern ein drastischer Verjüngungsschnitt. Dazu werden ein Viertel der alten Zweige rigoros bis auf den Grund abgeschnitten und nur die stärksten Triebe stehengelassen.
Vermehrung
Der Pfeifenstrauch bildet alljährlich neue unverzweigte Schösslinge, an denen im zweiten Jahr die Kurztriebe mit den weißen Blüten erscheinen. Ansonsten ist eine vegetative Vermehrung am einfachsten. Dazu kannst Du im Sommer Stecklinge vom grünen Holz oder im Herbst und Winter Steckreiser bewurzeln.
Verwendung
Europäischer Pfeifenstrauch macht sich gut als Hecke, Solitär oder im Gehölzgarten; wenngleich sommergrün gibt er auch eine gute Sichtschutzhecke. Gut kombinieren lässt er sich mit anderen blühenden Sträuchern wie Rosen oder Weigelien. Er gilt als ausgesprochen rauchhart und stört sich auch in einem Garten in der Stadt nicht an dem für viele Pflanzen unzuträglichen Klima.
Schädlinge
Leider wird der eigentlich ausgesprochen robuste Strauch öfters von Mehltau heimgesucht, und vor allem die jungen Schösslinge haben es Blattläusen und anderem lausigen Getier angetan. Als einer der Hauptschädlinge des Pfeifenstrauches gilt die Schwarze Bohnenlaus (Aphis fabae), die auch viele andere Pflanzen im Garten befällt – nicht nur Bohnen, wie der Name vermuten lässt, sondern ebenso das Pfaffenhütchen und den Schneeball. Dabei vollzieht die Bohnenlaus einen Wirtswechsel und parasitiert in der nächsten Generation auf Ackerbohnen, Rüben (daher auch Rübenlaus) und Klatschmohn. Die durch ihre tiefschwarze Farbe auffälligen Blattläuse sind bei massenhaftem Befall unübersehbar und verursachen bei den befallenen Pflanzen deformierte Blätter und Triebe.
Ökologie
Eigentlich ungewöhnlich: Die großen weißen Blüten des Falschen Jasmin duften sowohl tagsüber als auch in dunkler Nacht. Damit locken sie sowohl tag- wie auch nachtaktive Insekten an, die sich an dem gut erreichbaren Nektar gütlich tun. Zu den Hauptbesuchern gehören Bienen, Fliegen und Käfer, welche sich in großer Zahl am reich gedeckten Büffet einfinden.
Wissenswertes
Woher kommt der Name Philadelphus?
Der Gattungsname Philadelphus leitet sich aus dem Griechischen ab: philein bedeutet lieben, adelphos Bruder. Vermutlich geht er auch den Beinamen des griechischstämmigen Pharao Ptolemaios II. Philadelphos (308-246 v. Chr.) zurück, der in zweiter Ehe - damals nicht unüblich - mit seiner eigenen Schwester Arsinoë II. verheiratet war. Dagegen ist coronarius lateinisch und bedeutet zum Kränze binden.
Pfeifenstrauch, Deutzie und Jasmin
Je nach botanischer Lesart unterscheidet man über 70 Arten der Gattung Philadelphus, die in den gemäßigten Breiten der Nordhalbkugel wachsen. Die meisten davon finden sich in Ostasien, in Europa gibt es lediglich Philadelphus coronarius, der daher auch als Europäischer Pfeifenstrauch bezeichnet wird. Einer der nächsten Verwandten ist die Deutzie, von denen insbesondere die Zierliche Deutzie (Deutzia gracilis) aus Japan und die Raublättrige Deutzie (Deutzia scabra) aus Ostasien in unseren Gärten als Zierpflanzen eine Rolle spielen. Auch sie gehören zu den Hortensiengewächsen. Hauptunterschied sind die bei der Deutzie nur mit zehn deutlich abgeflachten Exemplaren vertretenen Staubblätter.
Für den Laien überraschend: Früher zählte man die Pfeifensträucher zu den Steinbrechgewächsen (Saxifragaceae), welche die Meisten im Garten nur von den deutlich kleineren Steinbrech (Saxifraga spec.)- und Milzkraut (Chrysosplenium spec.)-Arten kennen. Sie sind aber tatsächlich recht nahe mit diesen verwandt. Dagegen hat er mit dem Echten Jasmin (Jasminum officinale), der zu den Ölbaumgewächsen (Oleaceae) gehört, nichts zu schaffen. Nur der Duft der Blüten ist ähnlich.
Eines der beliebtesten Ziergehölze
Mit seinen großen weißen und angenehm duftenden Blüten gehört der Europäische Pfeifenstrauch zu den beliebtesten Ziergehölzen unserer Gärten. Dabei hat er sich in unseren Breiten immer noch nicht eingebürgert, obwohl man ihn bereits seit der Mitte des 16. Jahrhunderts hier kultiviert; nur vereinzelt finden sich an Weg- und Waldrändern vereinzelte Exemplare, die wie auch immer ausgebüchst sind.
Sorten und Hybriden von Pfeifenstrauch
Abgesehen von der Wildform bekommt man im Gartenhandel auch verschiedene Sorten und Hybriden mit den aus Ostasien und Nordamerika stammenden Philadelphus-Arten, die man kaum auseinanderhalten kann. Viele davon sind mit oft nur 1-2 Metern deutlich kleiner als die Wildart, einige haben nicht oder nur wenig duftende, andere gefüllte und halbgefüllte Blüten. Bei diesen ist ein Teil der zahlreich vorhandenen Staubblätter in zusätzliche Kronblätter umgewandelt – auf Kosten der Staubbeutel und damit des Pollens. Zudem versperren sie den sonst leichten Zugang zum Nektar am Grund der Blüten. Insekten freuen sich daher eher über die ungefüllten als die gefüllten Blüten, auch wenn diese für das menschliche Auge hübscher anzusehen sind.