Was ist Mirabelle?
Mirabelle oder Gelbe Zwetschge (Prunus domestica ssp. syriaca) ist eine Unterart der Pflaume und zählt zur gleichen Gattung wie Mandelbaum, Pfirsich und Sauerkirsche. Sie alle gehören zu den beliebten Obstgehölzen aus der Familie der Rosengewächse (Rosaceae). Wie die Aprikose kommt auch die Mirabelle ursprünglich aus China, wo sie bereits im 3. Jahrtausend v. Chr. kultiviert wurde. Über Persien und Kleinasien gelangte sie ans Mittelmeer und wurde bereits von den alten Griechen und Römern geschätzt.
Der Mirabellenbaum ist verglichen mit seiner Stammart recht klein – er erreicht nur eine Höhe von drei bis fünf Metern, wohingegen ein Pflaumenbaum oft fast doppelt so hoch wird. Beide Bäume wachsen ähnlich sparrig und sind dornenlos; die Rinde ist im Alter dünn borkig, graubraun und längsrissig gefeldert.
Die Blätter der Mirabelle sind länglich-elliptisch und gestielt, bis zu fünf Zentimeter lang und mit einem fein gesägten Rand versehen. Auf der Oberseite sind sie dunkler als auf der matteren Unterseite. Sie erscheinen erst nach den Blüten; diese sind rosengewächs-typisch fünfzählig mit doppelter Blütenhülle, zwittrig und sternförmig. Mirabellenblüten haben leicht grünliche Kronblätter.
Die glänzenden kugeligen Steinfrüchte der Mirabelle sind 2-3 Zentimeter groß; ihre goldgelbe Fruchthaut ist glatt, leicht wachsig bereift und je nach Sonneneinstrahlung mit kleinen roten Flecken übersät. Seitlich findet sich eine kleine Naht. Das Fruchtfleisch ist besonders süß und aromatisch und lässt sich gut vom Steinkern lösen. Dieser ist hellbraun und seitlich zusammengedrückt, mit umlaufender Naht und birgt in seinem Inneren einen einzelnen, ölreichen Samen. Seltener sind Mirabellen mit roten oder dunkelblauen Früchten.
Mirabelle im Garten
Standort
Die Mirabelle ist ähnlich anspruchslos wie die Pflaume, bevorzugt aber einen feuchten, gut durchlässigen und vorzugsweise tonhaltigen oder lehmigen Boden. Sie braucht viel Sonne und Wärme – je mehr sie davon bekommt, desto reichhaltiger blüht sie und umso mehr Früchte kann man ernten. Eine etwas windgeschützte Lage ist anzuraten. Im Winter ist der Mirabellenbaum frosthart, mag aber allzu tiefe Temperaturen nicht besonders. Gefährlich sind vor allem Spätfröste, die den Blüten schaden und die Ernte dezimieren können. In trockenen Sommern muss man gegebenenfalls für ausreichende Feuchtigkeit sorgen, denn langanhaltende Trockenheit beeinträchtigt die Ernte.
Schnitt
Mit regelmäßigem Schnitt hält man die Krone in Form und sorgt für gleichbleibende Blühfreudigkeit. Alte und abgestorbene Äste kann man jederzeit entfernen. Mirabellen kann man im Vergleich zu den meisten anderen Prunus-Arten auch sehr gut als Spalierobst ziehen.
Im Garten zieht man meistens eine pyramidenförmige Krone, für mehr Früchte ist aber eine Hohlkrone besser, bei der die zentrale Verlängerung des Stamms durch entsprechenden Schnitt verhindert wird. Stattdessen beschränkt man sich auf drei Leitäste. Die Blüten erscheinen an deren Kurztrieben; die wenig blühenden Langtriebe darf man also beseitigen, damit mehr Licht in die Krone kommt und mehr blühende Kurztriebe entstehen. Mit regelmäßigem Auslichten und Verjüngungsschnitten liefert die Mirabelle jahrelang fleißig Früchte; selbst uralte Exemplare lassen sich noch mal erfolgreich verjüngen.
Vermehrung
In Prinzip kann man einen Mirabellenbaum aus einem Samen ziehen, aber das ist eine langwierige Angelegenheit und man weiß nie, was für ein Kreuzungsprodukt einen erwartet. Berechenbarer sind Stecklinge, die bei den Sorten die Weitergabe der typischen Eigenschaften garantieren. Oft sind Mirabellen aber auf eine besonders wüchsige und widerstandsfähige Unterlage gepfropft. Besonders häufig sieht man hier die Wildpflaume (Prunus cerasifera), mit der sich die Stammform unter dem Reis vorgeben lässt.
Verwendung
Im Hausgarten ist die Mirabelle fast ebenso beliebt wie die Pflaume. Sie finden sich ebenso im Obstgarten wie als einzelstehende Solitäre, die im Frühjahr mit ihrer reichhaltigen Blütenpracht auffallen. Der Vorteil gegenüber Pflaumenbaum: Die Mirabelle bleibt mit drei bis fünf Metern Höhe deutlich kleiner und ist daher auch für kleinere Gärten gut geeignet. Daher kann man sie auch als Kübelpflanze halten und auf Balkon und Terrasse platzieren. Hier brauchen sie allerdings im Winter zusätzlichen Frostschutz.
Schädlinge
Fleischbeilage in der Mirabelle? Die Made ist die gleiche, wie man sie auch bei Pflaumen findet, nämlich die Larve des Pflaumenwicklers (Grapholita funebrana). Sie sorgen für frühzeitig abfallende „notreife“ Früchte und treten in der warmen Jahreszeit in zwei Generationen auf. Ein probater Nützling zur Bekämpfung von Pflaumenwickler ist die Erzwespe Trichogramma cacaeciae, die man auch im gewerblichen Anbau als biologische Schädlingsbekämpfung einsetzt.
Seit den 1960er Jahren werden Pflaumen und ihre Verwandten und damit auch die Mirabelle zusehends von der Scharka-Krankheit heimgesucht. Die Virusinfektion trat erstmalig in Bulgarien auf und breitet sich inzwischen weltweit aus. Die Blätter verfärben sich mit olivgrünen Ringen, in denen das Gewebe abstirbt, und die Früchte bekommen rote, gummiartige Pocken und fallen oft vorzeitig ab. Übertragen werden die Viren von Blattläusen, die an der Mirabelle ohnehin häufige Gäste sind. Im gewerblichen Anbau spielt die Erkrankung eine wichtige Rolle und sorgt für Ernteausfälle. Befallene Bäume müssen gerodet werden – dafür gibt es sogar eine besondere „Scharkaverordnung“.
Einheimisch und weit verbreitet ist auch die Monilia-Fruchtfäule mit ihren typischen konzentrischen Flecken auf den Früchten. Ebenso können Verticillium-Welke, Blattflecken und Narrentaschen mit mumifizierten Früchten auftreten. Vor allem bei ungünstigen Bodenverhältnissen tritt Gummifluss auf.
Ökologie
Auch bei den selbstbefruchtenden Sorten garantiert ein zweiter, genetisch verschiedener Mirabellenbaum im Garten einen deutlich höheren Fruchtertrag. Der Nektar in den zahlreichen Blüten liegt so frei, dass viele Insekten ihn nutzen können. Als Hauptbestäuber gelten aber Honigbienen und Wildbienen, die sich in großer Zahl am frühjährlichen Blütenmeer einfinden. Für die Früchte interessieren sich vor allem Vögel; fallen sie zu Boden machen sich auch Kleinsäuger darüber her, und sobald sie zu gären beginnen ist bei Wespen und Bienen ein Besäufnis vorprogrammiert. Vögel nutzen die Bäume auch gerne als Zuflucht und bauen ihre Nester darin.
Wissenswertes
Der Ursprung der Mirabelle
Wie bei der Pflaume Prunus domestica selber kennt man auch von der Mirabelle nur die kultivierte Form. Man geht davon aus, dass die Stammsorte ursprünglich als Hybride aus Schlehe (Prunus spinosa) und Wildpflaume (Prunus cerasifera) entstanden ist.
Wie auch die nahe verwandte Reineclaude wurden die Obstgehölze schon früh exportiert und gelangten aus dem chinesischen und indischen Raum über Persien und Armenien nach Kleinasien, wo zunächst die Griechen und später auch die Römer sie übernahmen. Heute wird sie in Mittel- und Südeuropa und in den Maghreb-Staaten angebaut; die Hauptanbaugebiete liegen im französischen Lothringen und der benachbarten Pfalz und in Mainfranken, wo der tonhaltige Boden besonders gute Wachstumsbedingungen bietet.
Lothringer Mirabellen
Lothringen liefert mit rund 15.000 Tonnen 80-90 Prozent der weltweiten Mirabellenernte. Seit 1996 ist die Mirabelle de Lorraine eine geschützte Herkunftsbezeichnung – die erste für eine Frucht überhaupt - und die Lothringer Mirabellen müssen eine bestimmte Mindestgröße und Mindestzuckergehalt aufweisen.
Sie sind regional so bedeutend, dass es in Metz im August zwei Wochen lang ein eigenes Mirabellenfest (Fête de la Mirabelle) gibt – mit Mirabellendorf vor dem Dom, Parade, Krönung der Mirabellenkönigin und jeder Menge Leckereien.
Viele Namen, eine Frucht
Das syriaca hat die Mirabelle ihrem Erstbeschreiber, dem deutschen Naturforscher Moritz B. Borkhausen zu verdanken. Ob seine 1803 im Handbuch der Forstbotanik veröffentlichte Prunus syriaca wirklich aus Syrien stammt wie der Name vermuten lässt ist nicht wirklich gesichert.
Über die botanische Einordnung der Mirabelle kann man noch heute streiten; jedenfalls benennen Botaniker sie auch als Prunus domestica var. syriaca oder Prunus domestica var. cerea - auch im Gartenfachhandel findet man sie bisweilen mit diesen Untertiteln. Egal wie man sie nennt, die kleinen und besonders süßen und aromatischen Früchte sind unverkennbar.
Achtung Verwechslungsgefahr
Am ehesten kann man die Mirabelle mit der Wildpflaume (Prunus cerasifera) verwechseln, die aber wesentlich früher im Jahr blüht und ähnliche, aber saure und glatte Früchte bildet, bei denen sich der Steinkern sehr fest sitzt. In der Reife löst sich der Mirabellenkern sehr leicht ab; man sollte mit der Ernte auch nicht zu lange warten, denn irgendwann werden auch diese Früchte mehlig. Da ist die Wartezeit aber eindeutig länger als bei der Wildpflaume – die reift sehr lange, bis sie überhaupt süß zu werden beginnt und wird dann oft beinahe schlagartig mehlig-breiig.
Boden und Wetter sind entscheidend für die Qualität
Wegen ihrer Anspruchslosigkeit vertut man sich bei der Mirabelle leicht – richtig gut schmecken die Früchte nur auf einem ihnen genehmen Standort. Vor allem Wärme und gleichmäßige Feuchtigkeit sind wichtig. Bei schlechtem Wetter ist der Geschmack oft fade, und bei längeren Regengüssen zur Reifezeit platzen die Mirabellen oft auf und faulen dann schnell.
Gefährlich ist es auch, wenn man faul beim Schneiden ist – setzen die Bäume zu viele Früchte an, so bleiben diese oft klein und reifen nicht richtig – viele sind endlos grün, auch wenn man bis spät in den Herbst wartet. Wenn man die Kronen regelmäßig pflegt tragen bereits junge Bäume und bleiben viele Jahre ertragreich.
Tipp für die Ernte: Am besten legt man ein Netz oder Tuch unter den Baum und schüttelt kräftig. Im gewerblichen Anbau macht man das nicht anders, aber mit speziellen Maschinen zum Rütteln.
Mirabellen als Obstkonserve
Die kleinen Mirabellen sind vor allem deswegen beliebt, weil sie ein besonders saftiges, aromareiches und süßes Fruchtfleisch aufweisen. Zudem lassen sich die Kerne leicht entfernen – ein großes Plus nicht nur in der heimischen Küche, sondern auch in der Lebensmittelindustrie. Kein Wunder, dass man Mirabellen ganzjährig als Obst in der Dose kaufen kann. Dagegen ist die Saison relativ kurz, wenn man von importierten Früchten absieht. Ein Viertel wird frisch verzehrt, ein Zehntel zu Mirabellenschnaps verarbeitet, der Rest landet in Marmelade, Konserven und ähnlichem.
Mirabellen in der Küche
Man isst sie vorzugsweise frisch, kann sie aber auch als Dörrobst trocknen, einmachen oder zu Mirabellenkompott, Mirabellenkonfitüre oder Mirabellenmarmelade verarbeiten. Die großen Mirabellenplantagen in Lothringen liefern die Maische für das Eau de Vie de Mirabelle, den aromatischen Mirabellenbrand. Deutschen Mirabellenschnaps gibt es vor allem in Mainfranken und aus den Obstanbaugebieten am Bodensee.
Mirabellenlikör kann jeder selber herstellen – einfach zerkleinerte und entsteinte Früchte mit Zucker in einer Flasche mit Ansatzbranntwein, Korn oder hochprozentigem Alkohol aus der Apotheke übergießen, mindestens zwei Wochen stehenlassen und ab und zu schütteln. Tipp: Wenn es besonders schnell gehen wirkt ein Stabmixer Wunder ;-)…
Beliebte Sorten
Die Mirabellen sind recht vielseitig, und man bekommt im Gartenfachhandel verschiedene Sorten mit unterschiedlichen Wuchseigenschaften und variierenden Früchten, viele auch selbstbestäubend. Besonders beliebt sind
- ‚Bellamira‘, eine Hybride mit besonders großen und aromatischen, goldgelben und rot gepunkteten Früchten. Die Reifezeit reicht von Mitte August bis Mitte September. Die Sorte ist vergleichsweise widerstandsfähig und gut gegen Rostpilze und Monilia gefeit, und selbst Blattläuse sind hier seltener zu finden als bei anderen. Sie reift eine Woche früher als die ‚Mirabelle von Nancy‘ und beginnt auch in jüngeren Jahren mit dem Tragen von Früchten. Sie ist selbstbefruchtend.
- ‚Miragrande‘ weist ebenfalls recht große Früchte auf und ist selbstbefruchtend ist – im Gegensatz zu den vielen anderen Mirabellen bekommt man so auch bei einem einzelnen Baum noch eine reichliche Ernte. Ihre Früchte sind etwas kleiner als die von ‚Belamira‘, erscheinen ebenfalls schon an relativ jungen Bäumen und reift eine Woche früher als die ‚Nancy‘.
- ‚Mirabelle von Nancy‘ (‚Mirabelle de Nancy) oder Gelbe Eierpflaume ist ebenso selbstbefruchtend. Die seit 1490 in Frankreich nachgewiesene Sorte reift in der zweiten Augusthälfte und gilt als besonders resistent gegen die Scharka-Krankheit, vergreist aber auch schnell. Sie wächst anfangs aufrecht, später ausladend und mit einer kugeligen Krone. Die ‚Mirabelle von Nancy‘ und die ‚Mirabelle von Metz‘ sind die beiden Hauptsorten im lothringischen Anbau.
- ‚Mirabelle von Metz‘ (‚Mirabelle de Metz‘), wegen ihrer einheitlichen Färbung auch als Gelbe Mirabelle bezeichnet, wurde in der Nähe von Metz als Zufallssämling gefunden und vermehrt. Ihre Früchte sind etwas kleiner als die der ‚Nancy‘. Außer in Lothringen findet man die alte Mirabellensorte noch heute auf vielen Streuobstwiesen im Saarland und in Rheinland-Pfalz. Sie wächst relativ langsam und bleibt klein und ist vor allem wegen ihrer hohen Erträge beliebt: Ob es ein Scherz ist, dass die Metzer Mirabelle mehr Früchte trägt als Blätter sei dahingestellt. Sie behält auch beim Einmachen ihre Farbe und ist daher fürs Einmachen und als Obstkonserve gut geeignet.
- ‚Aprimira‘ oder „Aprikosenmirabelle“ ist nicht wie oft behauptet eine Kreuzung aus Aprikose und Mirabelle, sondern eine relativ neue Zufallssorte aus der Forschungsanstalt für Garten- und Weinbau im pfälzischen Geisenheim. Die „umgekehrte“ Bezeichnung Mirabellenaprikose, in kurz: Miracose ist durch ein Patent geschützt. Ihre Früchte sind besonders fest, aromatisch und süß.
Das Laub von Mirabelle ist schnell kompostierbar
Das Herbstlaub von Prunus domestica subsp. syriaca wird innerhalb von etwa einem Jahr zu wertvollem Laubkompost, den du zum Düngen deines Nutzgartens verwenden kannst. Nutze das Laub auch als Mulch, um den Boden vor Erosionen und Frost zu schützen. Ob als Kompost oder als Mulch – so förderst Du die Humusbildung.