Was ist Wandelröschen?
Wandelröschen (Lantana camara) ist eine beliebte Zierpflanze. Die Gattung mit etwa 150 Arten von immergrünen Stauden und Sträuchern stammt aus dem tropischen Amerika und Südafrika, wo sie vor allem in Nadelwäldern vorkommen. Sie gehören zu den Eisenkrautgewächsen (Verbenaceae).
Die mehrjährigen und aufrechten, ansonsten äußerst vielgestaltigen Sträucher werden zwei bis drei Meter hoch und haben vierkantige, oft hakig bedornte, zumindest aber borstige Äste. Im Alter verholzen die überhängenden Triebe und bilden ein dichtes Dickicht. Die gegenständigen dunkelgrünen Blätter sind sommergrün, 2-12 Zentimeter lang und 2-6 Zentimeter breit, eiförmig, schwach runzelig mit gesägtem Rand und auf der Unterseite deutlich hervortretenden Nerven. Sie weisen einen ein bis zwei Zentimeter langen behaarten Stiel auf, in den die Spreite gerundet oder herzförmig übergeht. Beim Zerreiben riechen die Blätter wie alle Teile der Pflanze sehr typisch und aromatisch.
Die endständigen Blütenstände des Wandelröschens erscheinen von Ende des Frühjahrs bis spät in den Herbst hinein. Seine großen kuppelförmig gewölbten Dolden werden 2,5-5 Zentimeter breit und enthalten zahlreiche Blüten. Diese sind fünfzählig mit doppelter Blütenhülle, zwittrig und zygomorph. Im unteren Teil sind die stieltellerförmigen Kronblätter zu einer Röhre verwachsen, weiter oben spreizen sie schüsselförmig ab. Ihre farbliche Variabilität reicht von verschiedenen Rot- und Purpurtönen über Orange und Gelb bis Weiß; meistens werden sie mit zunehmender Blühdauer dunkler und verfärben sich, sodass die Blütenstände oft eine bunte Mischung von verschiedenen Farbtönen beinhalten. Der Geruch der Blüten ist fruchtig mit einer leicht pfeffrigen Note.
Aus den kahlen Fruchtknoten entwickeln sich kugelige, etwa vier Millimeter große fleischige Steinfrüchte mit meist nur zwei Samen. Zuerst grün werden die Beeren später dunkelviolett bis schwarz und glänzend. Die Pflanzen blühen im Herbst munter weiter, während nebenan bereits die ersten Früchte reif werden.
Wandelröschen im Garten

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Standort
Das Wandelröschen fühlt sich im Garten in einem nährstoffreichen und gut wasserdurchlässigen lehmigen Boden mit viel Sonne am wohlsten. Schatten oder Staunässe mag es überhaupt nicht, ebenso wie Streusalz in den Vorgärten in der Nähe von vielbefahrenen Straßen. Es ist frostempfindlich und daher in nicht ausgesprochen warmen Lagen vor allem für Sommerbeete und für die Haltung unter Glas zu empfehlen. Längere Trockenphasen und selbst extreme Hitze machen den robusten Wandelröschen dagegen absolut nichts aus. Windschutz ist empfehlenswert. Zum Überwintern im Haus brauchen die Pflanzen einen hellen Platz und eine Mindesttemperatur von 6-10 °C. Gießen braucht man im Winterquartier nur wenig.
Schnitt
Vor allem unter Glas gehaltene Wandelröschen müssen gegen Ende des Winters kräftig zurückgeschnitten werden. Im Freiland schneidet man von Mitte bis Ende Frühjahr die quer wachsenden und überkreuzenden Triebe zurück und bringt die Pflanzen in Form. Regelmäßiges Stutzen fördert den buschigen Wuchs und erhält die Blühfreudigkeit. Die verwelkten Blüten und angehenden Früchte kann man getrost entfernen, danach blühen sie fleißig weiter. So schön die Pflanzen auch sind: Beim Hantieren sollte man sicherheitshalber Handschuhe anziehen. Viele Leute vertragen den Saft nicht und reagieren mit gereizter und geröteter Haut.
Vermehrung
Das Wandelröschen lässt sich von Mitte Februar bis Mitte März mit halbverholzten Stecklingen vegetativ vermehren, oder man macht eine Aussaat im Frühjahr nach den Eisheiligen. Wenn man die Pflanzen schneidet kann man den Abschnitt auch zu Kopfstecklingen verarbeiten. Wer den Aufwand scheut sollte einfach auf die jungen Pflanzen aus dem Gartenfachhandel zurückgreifen, die man im Frühjahr vielerorts günstig erwerben kann.
Verwendung
Mit ihren bunten Blüten machen sich die Wandelröschen gut im sommerlichen Blumenbeet, in Rabatten oder als Bodendecker zwischen größeren Stauden und Sträuchern. Kleine Sorten eignen sich auch für Balkonkästen. Im Freiland werden die ansonsten mehrjährigen Sträucher bei uns meist nur einjährig kultiviert, da sie Frost nicht überleben.
Einige Sorten lassen sich auch als Hochstämmchen für Balkon und Terrasse ziehen und können dann im Haus überwintert werden. Dazu bindet man den Haupttrieb eines Stecklings an einen Stab und entfernt regelmäßig die Seitentriebe, bis die gewünschte Höhe erreicht ist. Danach kappt man den Haupttrieb und lässt das Wandelröschen in die Breite wachsen. Stutzt man die Seitentriebe zwei bis dreimal im Jahr, so wird die Krone schön buschig.
Schädlinge
Das Wandelröschen ist recht empfindlich gegenüber Spinnmilben und Mehltau. Vor allem in Gewächshäusern gilt es als regelrechter Magnet für die Weiße Fliege. Dessen ungeachtet ist es extrem robust und wird nur sehr selten von Krankheiten oder Schädlingen ernsthaft geschädigt.
Ökologie

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Der ungewöhnliche Farbwechsel der Blüten soll vermutlich Bestäubern Bescheid geben, wo es noch etwas zu holen gibt. Dieses Signal erhöht die Effizienz der Bestäubung. Das Dumme an der Sache: In seiner tropischen Heimat wird das Wandelröschen vor allem von Kolibris bestäubt, die man in deutschen Gärten vergebens suchen dürfte. Andererseits setzt man das Wandelröschen gerne in Schmetterlingsgärten als Nektarpflanze ein. Einer der natürlichen Besucher ist der Jamaikanische Riesen-Schwalbenschwanz Papilio homerus, mit 15 Zentimetern Spannweite der größte Schmetterling der westlichen Hemisphäre.
Die Verbreitung der Samen übernehmen Vögel, die sich mit Vorliebe an den schwarzglänzenden Beeren gütlich tun. Ihnen machen die potenten Giftstoffe des Wandelröschens offenbar nichts aus. In tropischen Gefilden gelten sie als die Hauptverbreiter des invasiven und vor allem für weidendes Nutzvieh gefährlichen Art. Bei uns nehmen die Vögel die Sträucher gerne als schützendes Gehölz und in geschützter Lage für den Nestbau in Anspruch, da Angreifer die dornigen Äste meiden. In Indien tragen die Pflanzen ganzjährig Früchte und sind ein wesentlicher Faktor für die Ernährung der dortigen Vogelpopulationen.
Das Wandelröschen als Beispiel für einen invasiven Neophyten
In unserem Klima sind die Wandelröschen gern gesehene Zierpflanzen, die im Garten keine Probleme machen. Anders sieht das unter tropischen Bedingungen aus, wo kein alljährlicher Frost die Pflanzen kleinhält. In vielen Ländern gelten sie als extrem anpassungsfähige und hochgradig invasive Neophyten, die sich rasant ausbreiten und einheimische Arten verdrängen. Kein Wunder: Sie sind nicht nur extrem zäh und anpassungsfähig, jede Pflanze kann bis zu 12.000 Früchte produzieren.
Vielerorts bilden die dornenbewehrten Sträucher undurchdringliche Dickichte, die vor allem für die Landwirtschaft problematisch werden. Das liegt nicht zuletzt daran, dass Wandelröschen eine Vorliebe für gestörte Flächen haben und sich auf dem Gebiet von verlassenen Feldern und abgeholzten Wäldern besonders wohl fühlen. Waldbrände und entsprechend auch Brandrodungen stören sie wenig. Allerdings führen dichte Bestände von Wandelröschen im Unterholz dazu, dass die Brennmasse so weit erhöht wird, dass sogar die Baumkronen Feuer fangen und ein ansonsten recht brandresistenter Wald schwere Schäden davonträgt.
Extrem unbeliebt macht es sich zurzeit in schützenswerten Gebieten wie den Galapagos-Inseln oder den Salomonen. In Südafrika wurde der Anbau der Zierpflanze in Gärten verboten, um eine weitere Ausbreitung zu verhindern, in Neukaledonien stehen Verkauf, Transport, Verwendung und sogar das Verschenken unter Strafe.
In einem intakten Wald mit seinem dichten Blätterdach hat das schattenempfindliche Wandelröschen keine Chance. Umgekehrt kann es mit seinen Dickichten das Aufkommen eines neuen Waldes äußerst erfolgreich verhindern, da die jungen Bäume kein Licht bekommen. Ebenfalls bedenklich sind neuere Untersuchungen, denen zufolge die dichten Büsche des Wandelröschen Mücken wie der Tsetsefliege Unterschlupf bieten, sodass sich Krankheiten wie Malaria vermehrt ausbreiten.
Das Wandelröschen war die erste invasive Pflanze überhaupt, bei der man sich Ende der 1960er Jahre mit einer biologischen Kontrolle durch Pflanzenschädlinge versucht hat. Allerdings waren die bisher eingesetzten 36 Nützlinge in 33 Regionen der Erde mehr oder weniger erfolglos, nicht zuletzt vermutlich wegen der extremen Variabilität und genetischen Vielfalt der Pflanzen. Nur Netzwanzen (Tingidae) erwiesen sich in einer indischen Studie als halbwegs vielversprechend (https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/016788099190139O).
Besonders gefährlich ist das für Tiere, die die Pflanzen fressen: Lantana camara zählt zu den zehn giftigsten Weidepflanzen weltweit. Rinder, Pferde und Schafe leiden an einer Lebervergiftung und schweren Schäden durch Gallenstau, die Mortalitätsrate ist extrem hoch. Zudem kommt es beim Verzehr zu einer Photosensibilisierung, ähnlich wie beim Riesen-Bärenklau. Daher sollte man die Blätter auch niemals Haustieren wie Kaninchen und Meerschweinchen zu fressen geben. Todesfälle bei Menschen, vor allem Kindern, die Beeren verzehrt haben, werden nicht berichtet, aber zahlreiche schwere Vergiftungserscheinungen.
Wissenswertes
Zur Abwechslung etwas Positives: Wandelröschen gelten als Hyperakkumulatoren. Chinesische Forscher haben herausgefunden, dass die Pflanzen sogar das äußerst toxische Cadmium in großen Mengen aus dem Boden anreichern. Die im Kraut gefundenen weit über 100 mg Cadmium pro Kilo Pflanzenmasse könnte man zur Restaurierung von mit Schwermetallen belasteten Böden einsetzen (https://doi.org/10.1016/j.jhazmat.2019.03.016).
In seiner Heimat wird das Wandelröschen in der Volksheilkunde als Heilpflanze gegen Lepra, Windpocken, Masern und geschwürige Hauterkrankungen eingesetzt. In Brasilien dient es der Behandlung von Atemwegsinfektionen.
Mit seinen mehrfarbigen Blütenständen machte sich das Wandelröschen schon im 17. und 18. Jahrhundert zum Ziel züchterischer Bemühungen, nachdem es niederländische Kaufleute nach Europa gebracht haben. Beliebte Sorten von Lantana camara sind
- ‚Arlequin‘ mit blauvioletten und gelben, reichhaltig gebildeten Blüten, nur 20-30 Zentimeter hoch,
- ‚Cream Carpet‘ mit niedrigem ausladendem Wuchs und cremefarbenen Blüten,
- ‚Fabiola‘ mit gelb und rosa gefärbten Blüten,
- ‚Feston Rose‘ mit ebenfalls zweifarbigen Blütenständen,
- ‚Goldsonne‘ mit zitronengelben Blüten, gut für Hochstämmchen geeignet,
- ‚Gold Mine‘ oder ‚Mine d’Or‘ mit goldgelben Blüten,
- ‚Professeur Raoux‘ mit scharlachroten bis gelborangenen Blüten und 20-40 Zentimeter Höhe,
- ‚Radiation‘ mit zweifarbigen orange oder roten Blüten,
- ‚Snow White‘ (‚Schneewittchen‘) hat weiße und besonders lange haltbare Blüten und wird etwa 30 Zentimeter hoch,
- ‚Spreading Sunset‘ mit orange, mit zunehmender Blühdauer roten Blüten.
Der botanische Gattungsname leitet sich vom Schneeball Viburnum lantana ab, wegen der ähnlichen Blätter; der Artname camara kommt vom griechischen kamara und bedeutet sinngemäß gebogen oder gewölbt, wegen der Form der Blütenstände.