Was ist Frühlings-Hungerblümchen?
Das Frühlings-Hungerblümchen ist in Europa, Asien und Nordafrika weit verbreitet, fällt aber mit seiner winzigen Größe den Wenigsten überhaupt auf. Dabei wächst das einjährige Kräutchen bei uns fast auf allen Ruderalstellen wie offenen Flächen mit steinigen und sandigen, mageren Böden mit viel Licht, aber wenig Feuchtigkeit. Als Gartenpflanze scheint es daher eher wenig herzumachen, aber sein ökologischer Wert ist mit seinen kleinen aber insektenfreundlichen Blüten nicht zu unterschätzen.
Der Winzling aus der Familie der Kreuzblütler (Brassiceae) besteht vor allem aus einer kleinen, flachwurzelnden und bodennahen Rosette aus verkehrt-eiförmigen bis lanzettlichen Blättern, die nur auf der Oberseite und am Rand behaart, auf der Unterseite kahl sind. Darüber erhebt sich ein straff aufrechter, meist unverzweigter runder Stängel, der nur eine Handbreit hoch wird und im Frühjahr an seiner Spitze eine wenigblütige Traube ausbildet, die zunächst kurz und dicht erscheint und sich im Laufe der Blütezeit verlängert.
Die typisch vierzähligen Kreuzblüten weisen einen grünen Kelch aus breit eiförmigen Kelchblättern und eine weiße Krone aus 2-5 Millimeter langen, in der Mitte gespaltenen Kronblättern auf, sodass man beim flüchtigen Hinschauen acht Blütenblätter zu sehen glaubt – eines der sichersten Merkmale zur Identifizierung.
Später bilden sich runde bis breit-elliptische 3-11 Millimeter lange spreizende Schötchen, die an der Spitze vom bleiben Griffel gekrönt werden und 15-25 nur einen halben Millimeter große Samen enthalten. Beim Aufklappen bleibt die Mittelmembran zwischen den beiden Decken erhalten.
Frühlings-Hungerblümchen im Garten
Standort
Das Frühlings-Hungerblümchen besteht auch im Garten auf einem mageren, trockenen und sonnenreichen Standort. Der Boden sollte auf jeden Fall gut durchlässig sein, gerne auch mit Steinen, Kies und Sand. Als heimische Pflanze ist der kleine Kreuzblütler bei uns vollkommen winterhart.
Schnitt
Schneiden dürfte bei dem Winzling unnötig sein. Zudem sind die Pflänzchen ohnehin nur einjährig.
Vermehrung
Dem Frühlings-Hungerblümchen ist nur ein einziges Lebensjahr beschieden; in dem muss es mit seinen winzigen, nur 0,01 Milligramm schweren Samen möglichst erfolgreich für eine Selbstaussaat sorgen. Hast Du erst einmal ein paar Exemplare in Deinem Garten angesiedelt, so sorgt es in eigener Regie dafür, dass es nicht so schnell wieder verschwindet. Im Sommer brauchen die Samen erst etwa drei Monate zum Nachreifen; dabei sind auch 5-7 Wochen Sonnenlicht erforderlich, sonst keimen sie im Herbst nicht zuverlässig. Bei der Keimung ist eine etwas höhere Luftfeuchtigkeit von 50-60 % hilfreich.
Verwendung
Mit seiner Dürreresistenz ist das Frühlings-Hungerblümchen für alle sonnigen, trockenen und mageren Stellen im Garten geeignet, etwa für den Steingarten, für Trockenmauern oder den Wegrand; es wächst sogar zwischen Gehwegplatten. Ebenso gut kannst Du es als Beikraut in Kübeln, Kästen und Schalen auf Balkon und Terrasse halten.
Schädlinge
Der pflegeleichte Hungerleider gilt als geradezu unkaputtbar; kein Wunder, wenn man sich seine natürlichen Standorte anschaut, an denen sich so ein kleines Pflänzchen erfolgreich behaupten muss. Dementsprechend können ihm Schädlinge oder Erkrankungen selten etwas anhaben; viel eher machen ihm im Garten zu viel Dünger, zu viel Wasser oder zu viel Schatten zu schaffen.
Ökologie
- Die winzigen Blüten des Hungerblümchens werden von einer Vielzahl von Insekten bestäubt, denn Nektar und Pollen sind hier leicht zugänglich.
- Typischer Schutzmechanismus: Bei Regen und in der Nacht werden die Blüten sicherheitshalber geschlossen.
- Das fördert zudem eine Selbstbestäubung, falls das mit den Besuchern nicht klappt.
- Den Pollen holen sich 37 Wildbienen, von den sieben als spezialisiert angesehen werden. Vor allem Sandbienen (Andrena spec.) und Schmalbienen (Lasioglossum spec.) haben es die Blüten angetan.
- Die Samen werden nach dem Öffnen der Schötchen von Wind und Regen, teilweise auch von Tieren verbreitet.
- Zudem ist das Hungerblümchen eine wichtige Nahrungspflanze für die Bewohner offener und trockner Standorte, etwa Vögeln und Insekten. Dazu gehören Rüsselkäfer und Schmetterlinge wie der Aurorafalter Anthocharis cardamine, dessen Larven sonst auch Wiesen-Schaumkraut und der Knoblauchsrauke als Raupenfutter
- Wegen seiner Beliebtheit bei weidenden Gänsen nannte man es früher in Schlesien auch Gänsekraut.
- Übern Teich: In Nordamerika wurde das Frühlings-Hungerblümchen bereits vor Jahren eingeschleppt. Als besonders invasiv und damit als bedenklich gilt es dabei nicht; tatsächlich scheint es eines der am wenigsten Probleme verursachenden Neophyten zu sein.
Wissenswertes
- Ein alter botanischer Name für Draba verna ist Erophila verna.
- Apropos Botanik: Über die Taxonomie dieser kleinen Pflanze streiten Botaniker seit Jahren; das liegt nicht zuletzt an einem hohen Maß an Inzucht durch Selbstbestäubung, wodurch sich Mutationen schnell lokal verbreiten und eine Fremdbestäubung erschweren.
Was sind einjährige Pflanzen?
Einjährige Pflanzen keimen, wachsen und blühen innerhalb eines Jahres. Durch Versamen können sie sich erhalten und wieder am selben Standort erscheinen. Manche „wandern“ so durch den Garten und erfreuen uns an immer neuen Standorten.
Markus Wichert
Naturgärtner