Was ist Balkan-Storchschnabel?
Balkan-Storchschnabel, Großwurzeliger Storchschnabel oder Felsen-Storchschnabel (Geranium macrorrhizum) ist ein beliebter Bodendecker aus dem Südosten Europas – Alpen, Apenninen, Karpaten und Balkan. Er gehört zur gleichnamigen Familie der Storchschnabelgewächse (Geraniaceae). Die Pflanzen verwildern eher selten aus Gärten, aber stellenweise gelten sie bereits als eingebürgert. Sie wachsen bevorzugt in Wäldern und Gebüschen an schattigen Mauern, Geröllhalden und Bergwiesen, gerne im Umkreis von Ruinen wie alten Burgen und verlassenen Häusern.
Es handelt sich beim Balkan-Storchschnabel um eine locker buschig wachsende immergrüne Staude mit einem kräftigen, bis zehn Zentimeter langen verholzenden Rhizom (daher auch Großwurzeliger Storchschnabel), die eine Wuchshöhe von 15-30 Zentimetern und eine Breite von bis zu 60 Zentimetern erreicht. Die stets straff aufrechten Stängel sind lang behaart und kurz drüsig. Am Grund steht eine Rosette von hellgrünen Blättern, an den Stängeln jeweils nur ein einzelnes Blattpaar; diese sind im Umriss fünf- bis achteckig und 5-7-lappig mit verkehrt eiförmigen Abschnitten und gekerbtem und/oder gezähntem Rand, klebrig und stark aromatisch duftend. Sie werden 10-20 Zentimeter lang, haben eine graugrüne Oberseite und eine etwas hellere Unterseite und verfärben sich gegen Ende des Jahres mit einer rötlichen Herbstfärbung, vor allem bei sonnigem Stand. Am Grund der langen Blattstiele stehen spitz-eiförmige häutige und braune Nebenblätter.
Die Blüten erscheinen im Frühsommer in doldenartigen Büscheln zu 4-9 Exemplaren gehäuft an den Enden der Triebe. Sie stehen aufrecht an drüsigen Stielen, sind flach ausgebreitet und 3-5 Zentimeter breit, zwittrig, sternförmig und fünfzählig mit doppelter Blütenhülle. Dabei sind die von einer langen Granne gekrönten Kelchblätter verwachsen und bilden eine beinahe kugelförmige aufgeblasene Glocke, die von den rosa bis hellpurpurnen oder seltener rein weißen Kronblättern überragt wird. Diese sind 15 Millimeter lang und am Grund genagelt. Die bis zu zwei Zentimeter langen Staubblätter und Griffel ragen weit aus der Krone hervor.
Bei den bis zu sechs Zentimeter langen Früchten handelt es sich um die für die Gattung typischen Achänen, die in ihrer Form an den Schnabel von Störchen erinnern. Im Inneren der fünf Kammern stehen fünf glatte Samen auf Abruf bereit, um bei Reife katapultartig davongeschleudert zu werden – oft über große Strecken.
Balkan-Storchschnabel im Garten
Quelle: krolya25/shutterstock.com
Standort
Die große Stärke bei diesem beliebten Bodendecker: Der Balkan-Storchschnabel wächst selbst im Schatten und bildet dort flott große zusammenhängende Teppiche, die reichhaltig blühen. Halbschatten ist ihm aber lieber, dort blüht er deutlich ergiebiger als an dunklen Stellen. Er benötigt einen frischen und nährstoffreichen, kalkhaltigen und mild-humosen, gerne auch steinigen Lehmboden.
Schnitt
Eigentlich kann man den Balkan-Storchschnabel auch sich selbst überlassen. Besser blüht er allerdings, wenn man ihn jedes Jahr nach der Blüte einmal kräftig bis auf eine Handbreit über den Boden einkürzt. Noch eine Handvoll gut abgehangenen Kompost dazu, und sie wachsen perfekt weiter und blühen im nächsten Jahr umso reichhaltiger.
Vermehrung
Am einfachsten gelingt die vegetative Vermehrung, indem man die Pflanzen teilt und verpflanzt. Sie wachsen schnell und zuverlässig an. Die Wildart lässt sich auch mit Samen vermehren, bei den Sorten kann es bei der Aussaat von selbst gesammelten Samen zu Überraschungen kommen, da man nie weiß, wer als Pollenspender die Vaterrolle übernommen hat.
Verwendung
Am besten pflanzt man den Balkan-Storchschnabel gleich in größeren Gruppen, sodass die Stauden am Rand von Gehölz, in Blumenbeeten, im Steingarten und an Hängen und Böschungen gut zur Geltung kommen. Maximal zehn Pflanzen pro Quadratmeter reichen völlig aus, der Bodendecker wuchert zwar nicht wie viele andere Arten, nimmt den ihm zur Verfügung stehenden Platz aber recht schnell ein. Auch für die Unterpflanzung von Straßenbäumen ist er gut geeignet – er lässt kein Unkraut hochkommen und hält mit seinem intensiven Duft wildpinkelnde Hunde fern.
Schädlinge
Der Balkan-Storchschnabel ist recht robust und wird selten von Krankheiten oder Schädlingen geplagt, aber bisweilen stellen sich Mehltau und Rostpilze an den Blättern ein.
Ökologie
Der Nektar ist beim Balkan-Storchschnabel nicht besonders versteckt, sondern recht leicht erreichbar. Das wissen die sonst durch aufwändige Konstruktionen abgehaltenen Fliegen, Käfer und Wanzen zu schätzen, die hier auch einmal den Tisch gedeckt bekommen. Dessen ungeachtet finden sich aber auch jede Menge Bienen und auch Schmetterlinge an den kleinen rosa Blüten ein.
Die Verbreitung der Samen übernimmt der sagenhafte Schleudermechanismus, bei dem sich die Schnäbel von der Basis her einrollen und sich ihrer Fracht auf spektakuläre Art und Weise entledigen.
Wissenswertes
Gut für Bienen und Potenz
Der Balkan-Storchschnabel ist nicht nur eine gute Bienenweide, sondern auch eine alte Heilpflanze. Blätter und der große Wurzelstock enthalten ein ätherisches Öl mit Antioxidantien in Form von Flavonoiden, Sesquiterpenen, Quercetin, Gallussäure, Ellagsäure und Chinasäure. Das Sesquiterpen Germacron hat eine hohe antimikrobielle Aktivität, etwa gegen das sporenbildende Bodenbakterium Bacillus subtilis.In der lokalen Volksmedizin gilt der alkoholische Extrakt als besonders gesund und heilsam. Unter anderem als Aphrodisiakum. Auf bulgarisch heißt die Pflanze zdravec, Gesundheit. Zdravec-Öl wird in der Parfümerie als Trägerstoff und für die Aromatherapie verwendet.
Auf Felsen und dem Balkan daheim
Seinen deutschen Namen Fels-Storchschnabel hat er von seiner Vorliebe für schutthaltige Felsplätze; im Gartenfachhandel klingt Balkan-Storchschnabel, benannt nach seiner Herkunft, natürlich eindeutig exotischer. Neben der Wildart bekommt man auch eine ganze Reihe von Sorten und Hybriden zu kaufen, die sich in der Größe und Farbe der Blüten sowie in der Wuchshöhe voneinander unterscheiden.
Was sind mehrjährige Stauden?
Mehrjährige Stauden bleiben über viele Jahre erhalten. Den Winter überdauern sie eingezogen in Wurzeln, Zwiebeln oder anderen unterirdischen Speicherorganen und treiben im nächsten Frühjahr wieder aus.
Markus Wichert
Naturgärtner