Was ist Ackerveilchen?
Erscheinungsbild (Habitus)
Das Ackerveilchen, auch Ackerstiefmütterchen genannt, ist eine krautige, locker behaarte Pflanze aus der Familie der Veilchengewächse und gilt als kleines Geschwister des Wilden Stiefmütterchens, Viola tricolor. Der oberirdische Spross wird ohne konkurrierende, höher wüchsige Pflanzen in der Nachbarschaft nicht größer als 20 bis 30, höchstens aber 40 Zentimeter. Die Wurzel kann bis zu 45 Zentimeter lang werden. Im Gegensatz zu den meisten anderen Veilchen ist das Ackerstiefmütterchen in der Regel ein einjähriges sommergrünes Gewächs. Es sind aber auch schon zweijährige Populationen beobachtet worden.
Stängel und Blätter
Der dreikantige Stängel ist hohl. Selten ist er verzweigt. Die unteren Blätter sind breit eiförmig, gesägt oder gekerbt und meist kahl. Die größeren weisen auf beiden Seiten fast immer jeweils fünf Kerben auf. Hingegen sind die oberen Blätter länglich lanzettförmig.
Blüten
Die einzeln stehenden Blüten haben fünf Kronblätter, die maximal 26 Millimeter lang werden können. Das untere Kronblatt weist auf der Vorderseite meist fünf blaue Kerben auf und trägt an seiner Rückseite einen Sporn. Die Blüten sind zwittrig, das heißt, sie tragen sowohl die weibliche Fruchtanlage als auch die pollenhaltigen männlichen Staubgefäße. Das Ackerveilchen blüht von April bis Oktober. Aus dem Fruchtknoten geht eine dreiteilige Frucht hervor.
Frucht und Samen
Wenn die dreiteilige Frucht reif ist, springt sie auf und schleudert die braunen, birnenförmigen Samen bis zu zwei Meter weit in die Umgebung. Die Samen sind klein, derb und langlebig. Sie messen etwa 2 x 1 Millimeter. Im Boden können sie bis zu zehn Jahre überdauern, ohne ihre Keimfähigkeit zu verlieren. Damit sie keimen können, sollten die Samen nicht mehr als einen Zentimeter von Erde bedeckt sein.
Ackerveilchen im Garten
Standort
Der natürliche Lebensraum des Ackerveilchens sind Äcker und deren Ränder. Dabei bevorzugt die Pflanze trockene, nährstoffreiche, stickstoffhaltige Böden. Das Substrat kann leicht und sandig oder aber auch schwer und lehmig sein. Das Ackerveilchen mag den Halbschatten, gedeiht aber auch in voller Sonne.
Schnitt
Das Ackerveilchen ist sehr pflegeleicht. Wer aber nicht will, dass sich das Pflänzchen immer weiter ausbreitet, sollte Stängel mit abgeblühten Blüten entfernen, bevor die Früchte reif sind. Die Selbstausbreitung der Samen funktioniert nämlich ausgesprochen gut. Umgekehrt heißt das aber auch, dass an Standorten im Garten, an denen das einjährige Ackerstiefmütterchen mehrere Jahre lang erhalten bleiben soll, keine weitere Aussaat vonnöten ist.
Vermehrung
Das Ackerveilchen bildet keine unterirdischen Ausläufer aus. Die Vermehrung erfolgt ausschließlich geschlechtlich, also mit Hilfe der langlebigen Samen. Wenn die Pflanze noch im selben Jahr blühen soll, muss die Aussaat im Frühjahr, von März bis Mai, erfolgen. Bei Aussaaten von August bis Oktober überwintern die gekeimten Samen. Die Pflanze blüht dann aber erst im folgenden Jahr.
Verwendung
Im Garten eignet sich diese Art sehr gut als Unterpflanzung. Das Ackerveilchen kann auch eingesetzt werden, um Lücken zu füllen, zum Beispiel zwischen Gewächsen niedriger und mittlerer Wuchshöhen.
Schädlinge
Die Raupen des Kleinen Perlmutterfalters oder Perlmuttfalters, Issoria lathonia, fressen nur Veilchen. In Mitteleuropa ist diese Art auf das Ackerveilchen spezialisiert. Aber auch Schnecken, Kaninchen und Hasen mögen Ackerveilchen.
Ökologie
Beim Ackerveilchen ist durchaus Selbstbestäubung möglich. Allerdings erfolgt die Bestäubung meist durch Insekten. Diese Pflanze gilt deshalb als gute Weide für Bienen, Hummeln und Schmetterlinge.
Wissenswertes
Verbreitung
Das Ackerstiefmütterchen ist nahezu weltweit verbreitet, ist aber besonders häufig in Mitteleuropa und in Westasien zu finden. Es meidet höhere Lagen, also Mittelgebirge und Gebirge.
Getreideunkraut und Heilpflanze
Das Ackerveilchen zählt zu den 30 wichtigsten mitteleuropäischen Unkräutern, ist aber nichtsdestotrotz auch eine beliebte Gartenpflanze. Gleichzeitig wird es in der Volksmedizin als Heilpflanze verwendet, und zwar seit Jahrhunderten. Das Kraut muss während der Blütezeit gesammelt werden. Als Tee aufgebrüht soll es bei Husten und anderen Erkältungssymptomen helfen. Und Umschläge mit Tee getränkten Tüchern oder auch Tinkturen sollen Hauterkrankungen wie Akne und Schuppenflechte lindern können.
In Küche und Keller
Die Blüten sind essbar und schmecken kampferartig. Sie können als Dekoration, aber auch als Zutat zum Beispiel für Suppen, Salate oder Getränke verwendet werden. Darüber hinaus können die Blüten für Ansatzschnaps verwendet werden.
Besonderheiten
Es werden zwei Unterarten unterschieden, das gewöhnliche Ackerstiefmütterchen (Viola arvensis Murr. subsp. arvensis) und das großblütige (Viola arvensis subsp. megalantha Nauenburg). Beim gewöhnlichen sind die Blütenblätter mit maximal 15 Millimetern Länge höchstens so lang wie die Kelchblätter, beim großblütigen mit bis zu 26 Millimetern meist deutlich länger. Darüber hinaus haben sich durch den zunehmenden Einsatz von Herbiziden in der Landwirtschaft auch Formen herausgebildet, denen einige dieser Unkrautvernichtungsmittel nichts mehr anhaben können. Diese resistenten Formen unterscheiden sich mitunter deutlich von der oben beschriebenen Wuchsform des Ackerveilchens: Nicht selten treten reichlich verzweigte Exemplare mit Wuchshöhen bis zu einem Meter auf.
Was sind einjährige Pflanzen?
Einjährige Pflanzen keimen, wachsen und blühen innerhalb eines Jahres. Durch Versamen können sie sich erhalten und wieder am selben Standort erscheinen. Manche „wandern“ so durch den Garten und erfreuen uns an immer neuen Standorten.
Markus Wichert
Naturgärtner