Ratgeber

Wildbienen: Auf diese 6 einfache Dinge sind sie angewiesen!

Mit einer Nisthilfe wie in unserem Ratgebern Wildbienenhotel kaufen und Wildbienenhotel selber bauen beschrieben alleine ist es nicht getan – Wildbienen brauchen außerdem Nistmaterial und Nahrung. Wir verraten Dir in diesem Artikel, was sie in der Nähe ihrer neuen Behausung alles vorfinden sollten, damit sie sich auch wirklich wohlfühlen und das mit der Brut erfolgreich funktioniert.

Das brauchen Wildbienen

Wildbienenhotels und andere Nistgelegenheiten

Wildbienen sind größtenteils alleinerziehende Mütter, die sich nach der Paarung alleine um die Brut kümmern. Du kannst sie unterstützen, indem Du ihnen entweder eine Nisthilfe in Form eines selbstgebauten oder gekauften Wildbienenhotels anbietest, oder Du sorgst im Garten dafür, dass sich auch einige der Hotelmuffel bei Dir wohlfühlen. Die graben sich ihre Gänge selber oder kommen dankend auf bereits vorhandene Hohlräume zurück. So nisten Wildbienen in

  • offenen Stellen mit Erde, Lehm oder Sand, die von terrestrisch brütenden Arten zum Nestbau genutzt werden;
  • Totholz und morschem Holz in Form von alten Baumstümpfen und Baumstämmen, Ästen und Zweigen; einige Wildbienen suchen sich dort Fraßgänge von Käfern, Holzwespen und Schmetterlingsraupen.
  • Mauern, Steine und Steinhaufen sind Anlaufstelle für Mauerbienen und Mörtelbienen.
  • Markhaltige Pflanzenstängel – hier knabbern einige Wildbienen ihre Gänge, unter anderem bei Brombeeren, Nachtkerzen, Wildrosen und Kletten.
  • Leere Schneckenhäuser werden vor allem von Osmia-Arten als Kinderstube genutzt; nicht wegwerfen, sondern an einer trockenen und geschützten Stelle platzieren!
  • Leere Pflanzengallen von Gallfliegen und Gallwespen nicht entfernen, sogar hier nisten sich einige Wildbienen ein.
Beim Nester bauen sind Wildbienen stark spezialisiert, wie Du in unserem Ratgeber Wo nisten Wildbienen? noch genauer nachlesen kannst. Willst Du möglichst vielen davon einen Lebensraum bieten, solltest Du Deinen Garten entsprechend mit allen möglichen Materialen ausstatten. Streng genommen ist das keine Arbeit, sondern Nicht-Arbeit: Einfach mal bewusst alles liegen lassen, was die Tierchen gebrauchen könnten. Ein Lob der Unordnung!

Blätter, Sand, Haare als Material für den Nestbau

Die Wildbienenmütter wollen es ihren Jungen gemütlich machen und tapezieren oftmals ihre Wohnröhren aus. Mit Drüsensekreten bekleben sie die Wände und ziehen Trennwände zwischen den einzelnen Brutkammern, die sie jeweils mit einem Ei und einem Proviantpaket ausstatten. Zum guten Schluss kommt ein Deckel auf die Röhre, damit ungebetene Gäste keinen Zutritt haben, und viele Arten tarnen den Eingang zusätzlich. Für all diese Baumaßnahmen benötigen Wildbienen je nach Art

  • Stücke von Laubblättern,
  • Stücke von Blütenblättern,
  • Pflanzenmörtel aus zerkauten Blättern,
  • Pflanzenhaare von behaarten Kräutern und Blumen,
  • kurze Holzfasern,
  • Baumharz,
  • Steinchen, Sand und/oder Lehm.
Kaum zu übersehen ist es, wenn die Mohn-Mauerbiene Osmia papaveris die knallroten Blütenblätter von Mohnblumen anschleppt und in ihre in Sand gebauten Wohnröhren stopft. Wollbienen (Anthidium spec.) schaben die Haare von Wollziest, Königskerzen und anderen behaarten Pflanzen, Blattschneiderbienen (Megachile spec.) machen ihre Tapete aus fein säuberlich ausgeschnittenen Stücken von Blättern. Schneckenhausbienen verbergen die Häuschen mit kleinen Grashalmen und anderem Material, sodass man sie im Garten kaum erkennt.

Futterpflanzen: Nektar als Treibstoff und Pollen als Babynahrung

Pollen und Nektar benötigen Wildbienen ebenso wie unsere zahmen Honigbienen. Die Nutzung ist jedoch unterschiedlich: Nektar dient den Sammelbienen als Treibstoff und zur Herstellung von Honig als Wintervorrat, aus Pollen wird Perga als täglich Bienenbrot hergestellt.

Bei den Wildbienen werden ebenfalls die Blüten als Tankstellen genutzt, aber beim Pollen sind sie fast alle wesentlich wählerischer als die domestizierte Verwandtschaft. Nur wenige sind polylektisch (Pollengeneralisten), die meisten bezeichnet man als oligolektisch (Pollenspezialisten). Den Blütenstaub benötigen sie für ihre Proviantpakete, für die sie ihn mit etwas Nektar anteigen und in jeder Brutzelle zusammen mit einem Ei als Nahrungsvorrat hinterlegen. Der Vorrat reicht für die Entwicklung der Larven vom Schlüpfen aus dem Ei bis zum erwachsenen Tier, das zuletzt die Bruthöhle verlässt.

Viele Wildbienen sammeln nur den Pollen weniger Pflanzenarten, die in Mitteleuropa zu gerade mal 27 Pflanzenfamilien gehören. Zu den wichtigsten Pflanzen für oligolektische Wildbienen gehören Vertreter der

  • Weidengewächse (Salicaceae)
  • Rosengewächse (Rosaceae)
  • Lippenblütler (Lamiaceae)
  • Korbblütler (Asteraceae)
  • Glockenblumengewächse (Campanulaceae).
Wichtig bei den Nahrungspflanzen:
  • Die Flugzeiten der verschiedenen Wildbienenarten hängen nicht zuletzt von der Blütezeit ihrer Nahrungspflanzen ab; dementsprechend unterscheidet man grob Frühlings-, Früh- und Spätsommerarten sowie Herbstarten. Die Männchen erscheinen fast immer vor den Weibchen (Proterandrie).
  • Die meisten Arten bringen nur eine Generation pro Jahr hervor (univoltine Wildbienen), die als Vorpuppe überwintert und erst im kommenden Jahr schlüpft.
  • Zwei Generationen innerhalb eines Jahres (bivoltine Wildbienen) sind die Ausnahme und kommen nur bei wenigen Arten vor (unter anderem Sandbienen (Andrena spec.), Blattschneider- und Mörtelbienen (Megachile spec.), Mauerbienen und Schneckenhausbienen (Osmia spec.). Bei ihnen müssen beide Entwicklungszyklen ausreichend Nahrung vorfinden.

Wasser zum Bauen, Kühlen, Trinken

Wildbienen und Honigbienen decken einen erheblichen Teil ihres Wasserbedarfs mit dem aufgenommenen Nektar, aber an heißen Tagen reicht das oft nicht aus. Hier sind die Tiere für ein zusätzliches Wasserangebot dankbar, etwa aus dem Gartenteich, Pfützen oder einer Bienentränke.

Wasser brauchen sie unter anderem für Drüsensekrete, mit denen Honigbienen ihre Nachkommen füttern und Wildbienen, um Steinchen und Sand für Trennwände und Deckel zu mörteln oder Blattstückchen an die Wände zu kleben.

Hummeln kühlen ihre Nester, indem sie gezielt Wasser verdunsten; das ist auch dringend nötig, damit das Wachs nicht schmilzt. Zudem werden sie bei Temperaturen ab etwa 45°C flugunfähig: Dann überhitzen die pelzigen Pummelchen, weil sie die von den Flugmuskeln produzierte Wärme nicht mehr abführen können.

Honigbienen haben die Wasserkühlung perfektioniert: An heißen Sommertagen verzichten die Sammelbienen auf den Nektar und transportieren ausschließlich Kühlwasser, um den Stock mit der hitzeempfindlichen Brut auf 32-38°C zu halten. Ebenso wie viele andere Kleintiere sind sie für eine Wasserstelle dankbar – eine Bauanleitung für eine Bienentränke, in der garantiert niemand ertrinkt, findest Du ebenfalls bei den NaturaDB-Ratgebern.

Wichtig: Alles nahe beieinander verkürzt die Flugstrecken

Je schneller Nahrung, Nistmaterial und Wasser vom Nest aus erreichbar sind, desto flotter kann eine Wildbiene ihre Brutzellen ausstaffieren. Somit ist die räumliche Nähe all dieser wichtigen Elemente ein wesentlicher Faktor für den Bruterfolg. Während Honigbienen oft um die drei Kilometer auf der Suche nach Nektar und Pollen zurücklegen liegt die Flugstrecke der meisten Wildbienen bei gerade mal 100, selten bis zu 300 Metern. Gerade die kleineren Arten brauchen dafür jede Menge Flugbenzin und fliegen daher selten größere Entfernungen. Dementsprechend ist ein Wildbienenhotel nutzlos, wenn es in der Umgebung nichts zu holen gibt.

Zeit ist nicht Geld, aber Arterhaltung: Die meisten Wildbienen-Weibchen werden nur vier bis acht Wochen alt. In dieser Zeit müssen sie für ausreichend Nachwuchs gesorgt haben. Sie legen nur maximal 30 bis 40 Eier, und mit einer einzelnen Brutzelle sind sie meistens einen ganzen Tag beschäftigt. In einem Wildbienenhotel sind das oft nur drei oder vier Röhren. Bei großen Strecken werden es entsprechend weniger, bei Flügen im Minutentakt mehr.

Wildbienen brauchen noch mehr Unterstützung!

Auch wenn Du persönlich in Deinem Garten oder auf Balkon und Terrasse Dein Bestes tust, um die solitären Bienen zu unterstützen: Nicht alle Arten profitieren von Deinem Hilfsangebot. Viele Wildbienen sind auf spezielle Lebensräume angewiesen, deren Anzahl dank Flurbereinigung, Umweltverschmutzung, Ausbreitung der Städte und industrieller Landwirtschaft im Schwinden begriffen sind. Dazu ein Zitat vom „Wildbienen-Papst“ Paul Westrich:

Die besten Nisthilfen und ein noch so blütenreicher Garten ersparen bzw. ersetzen nicht die Schutzmaßnahmen in der freien Landschaft. Viele Arten der Wildbienen können aufgrund ganz spezieller ökologischer Ansprüche nicht im Wohnumfeld des Menschen existieren, da sie an Lebensräume gebunden sind, die es hier nicht gibt oder die hier nicht zu schaffen sind.

Quellen und weiterführende Literatur

Neugierig geworden? In diesen Büchern findest Du noch viele weitere hilfreiche Informationen über die Lebensweise von Wildbienen und Möglichkeiten, sie zu unterstützen:

  • Bienen Mitteleuropas: Gattungen, Lebensweise, Beobachtung. Felix Amiet, Albert Krebs, Andreas Müller: 3. Auflage. Bern 2019: Haupt-Verlag. ISBN-10: 3258081042.
  • Die Wildbienen Deutschlands. Paul Westrich: 2. Auflage. Stuttgart 2019: Verlag Eugen Ulmer. ISBN-10: 3818608806.
  • Taschenlexikon der Wildbienen Mitteleuropas: Alle Arten im Porträt. Erwin Scheuchl, Wolfgang Willner: 1. Auflage. Wiebelsheim 2016: Verlag Quelle & Meyer. ISBN-10: 3494016534.
  • Vom Leben der Wildbienen: Über Maurer, Blattschneider und Wollsammler. Philippe Boyer: 1. Auflage. Stuttgart 2016: Verlag Eugen Ulmer. ISBN-10: 3800112841.
  • Wildbienen entdecken und schützen: Akute Bienenhilfe – Lebensräume schützen! Nicolas Vereecken, Dorothee Calvillo, Gabriele François: 1. Auflage. München 2019: Verlag Gräfe und Unzer. ISBN-10: 3835419269.
  • Wildbienen: Die anderen Bienen. Paul Westrich: 5. Auflage. München 2015: Pfeil-Verlag. ISBN-10: 3899371364.
  • Wildbienenhelfer: Wildbienen & Blühpflanzen. Anja Eder, Dirk Peters, Michael Römer: 2. Auflage. Rheinbach 2018: Tipp 4-Verlag. ISBN-10: 3943969207.
  • Wilde Bienen: Biologie, Lebensraumdynamik und Gefährdung. Artenporträts von über 470 Wildbienen Mitteleuropas. Heinz Wiesbauer: 2. Auflage. Stuttgart 2020: Verlag Eugen Ulmer. ISBN-10: 3818611165.