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Wo nisten Wildbienen? Die Hälfte gräbt sich Gänge im Erdboden!

Wildbienen gelten als die unbekannten Bienen. Ähnliche Staaten wie Honigbienen bilden nur Hummeln, allerdings wesentlich kleinere. Der Rest lebt solitär, wobei sich Männchen und Weibchen nur zur Paarung treffen und die alleinerziehenden Mütter sich um den Nachwuchs kümmern., Nur etwa ein Fünftel davon nutzt vorhandene Hohlräume wie die in einem Wildbienenhotel, gut die Hälfte nistet im Erdboden, und rund ein Viertel schiebt als Kuckucksbienen ihren Verwandten ihre Brut unter. Andere kleben ihre Nester an freistehende Felsen oder nutzen verlassene Schneckenhäuser. Erfahre hier mehr darüber, wo Wildbienen nisten.

Wildbienen-Nester ebenso vielfältig wie die Arten

Wildbienen werden oft als die unbekannten Bienen bezeichnet. Dabei sind sie zahlenmäßig den Honigbienen weit überlegen: Diese beschränkt sich bei uns auf die Westliche Honigbiene Apis mellifera, wohingegen es in Deutschland um die 560 Wildbienenarten gibt. In ganz Europa sind es bereits 2.100, und weltweit schätzt man zwischen 20.000 und 30.000 Arten. Entsprechend vielfältig sind die Ansprüche nicht nur an Nahrungspflanzen, sondern auch die Nistgelegenheiten, welche Wildbienen zu nutzen pflegen.

Wo nisten Wildbienen normalerweise?

Die kollektiv lebenden Hummeln stellen rund fünf Prozent unserer Wildbienen. Die übrigen 95 Prozent sind mit Ausnahme einiger sozial lebenden Furchenbienen (Gattungen Halictus und Lasioglossum) bei ihrer solitären Lebensweise geblieben.

Terrestrisch lebende Wildbienen

Etwa die Hälfte unserer Wildbienen gräbt sich Gänge in das Erdreich. Dazu zählen beispielsweise einige Erdhummeln (Bombus spec.) und Sandbienen (Andrena spec.). Dabei haben sie unterschiedliche Vorlieben bei Material, Bodenneigung und Bewuchs:

  • Die meisten bevorzugen Sand oder Löss, einige Lehm;
  • manche graben ihre Gänge in Steilwände und Abbruchkanten, andere in horizontale Bodenflächen;
  • unbewachsene Bodenstellen werden von den meisten bevorzugt, seltener welche mit spärlichem und noch seltener mit reichhaltigem Pflanzenwuchs.

Einige Wildbienen bauen keine Nester

sondern benutzen einfach die ihrer Verwandtschaft. Solche Schmarotzer gibt es etliche – rund ein Viertel aller Wildbienenarten betätigt sich als Kuckucksbienen. Wie der namensgebende Vogel schieben sie heimlich ihre Eier anderen Müttern unter, derweil diese ihre Brutzellen anlegen. Nach dem Schlüpfen tötet der ungebetene Gast die Konkurrenz und übernimmt den Nahrungsvorrat aus Pollen und Nektar.

Hausbesetzer

sind rund 19 Prozent der Wildbienen. Sie nehmen bereits vorhandene Hohlräume in Beschlag, wie

  • Spechthöhlen – hier lebten ursprünglich auch unsere Honigbienen, bevor sie domestiziert wurden! Praktischerweise legen Buntspechte jedes Jahr eine neue an, sodass die alte ohnehin verwaist.
  • Verlassene Mäusenester sind bei Hummeln (Bombus spec.) sehr beliebt.
  • Fraßgänge von Käfern im Holz, etwa von Bockkäfern – begehrt bei Mauerbienen (Osmia spec.) und einigen Blattschneider- und Mörtelbienen (Megachile spec.)
  • Erd-, Fels- und Mauerspalten oder Höhlungen und Vertiefungen an Gestein – hier siedeln vor allem Mauerbienen (Osmia spec.)
  • leere Gallen von Gallwespen und Gallmücken wie die Gallen-Mauerbiene (Osmia gallarum)
  • Schneckenhäuser – auf diese Idee kommen in Europa lediglich wiederum einige Vertreter aus der Gattung Osmia wie Osmia andrenoides, Osmia bicolor und Osmia versicolor. Die neue Behausung rücken sich fachkundig zurecht, bevor sie mit dem Nisten anfangen.

Morsches Holz und markhaltige Stängel

In morsches Holz und markhaltige Stängel knabbern etwa drei Prozent ihre Nester. Totholz ist vielen Arten willkommen, darunter Holzbienen (Xylocopa spec.). Andere bauen sich ihre Gänge in alte Stängel von Brombeeren, Himbeeren, Königskerze und Nachtkerze oder Beifuß, beispielsweise Keulhornbienen (Ceratina cyanea und Ceratina cucurbitina), Mauerbienen (Osmia tridentata, Osmia clavicentris und Osmia leucomelana) oder die recht häufige Kurzfühler-Maskenbiene (Hylaeus brevicornis).

Lasse also im Herbst ruhig ein paar alte Stängel im Garten stehen, damit die Häuslebauer eine Nistgelegenheit finden. Abgeschnittene Exemplare solltest Du grundsätzlich aufrecht stellen, wie sie die Wildbienen in der Natur auch erwarten; horizontal gelegt werden sie selten angenommen.

Nester bauen mit Harz oder Mörtel

Ein Prozent aller Wildbienen baut seine Nester aus Baumharz oder selbstgefertigtem Mörtel freistehend an Pflanzen oder Steinen und Felsen. Steinhaufen, Ziegelsteine und Trockenmauern in trockener und leicht absonniger Lage kommen diesen Baumeisterinnen gerade recht. Mit Harz baut beispielsweise die Zwerg-Harzbiene Anthidium strigatum, mit Mörtel die Schwarze Mörtelbiene Megachile parietina.

Die Heimlichtuer

Bei rund drei Prozent der Wildbienen weiß man schlichtweg nicht, wo sie ihre Nester anlegen. Das liegt weniger an einem Hang zum Versteckspiel, sondern meistens einfach daran, dass die entsprechende Art nur sehr selten beobachtet werden kann oder sogar bereits ausgestorben ist.

Brutzellen als Grundelemente der Nester von Wildbienen

Mit Ausnahme der Kuckucksbienen nutzen Wildbienen vorhandene oder selbst angefertigte Wohnröhren. Ein Wildbienennest besteht selten aus einer, meistens aus mehreren Brutkammern, die durch Trennwände voneinander abgegrenzt sind und in denen jeweils ein Ei zusammen mit einem Proviantpaket deponiert wird. Dabei wird fleißig tapeziert und gemauert:

  • Die Wände der Brutzellen werden mit Stückchen von Laubblättern oder Blütenblättern, Baumharz, Sand und Drüsensekreten vor Feuchtigkeit, Austrocknen und Schimmelbildung geschützt.
  • Die Trennwände dazwischen bestehen aus zerkauten Blättern, Blüten, Holz oder Pflanzenmark, pflanzlichen Haaren oder Harz.
  • Jedes Ei bekommt ein Care-Paket aus Pollen und Nektar mit auf den Weg, das für die Entwicklung bis zum Schlüpfen ausreicht. Daher sind die richtigen Pollenlieferanten in der näheren Umgebung so wichtig: Viele Wildbienen sind oligolektisch und sammeln nur den Pollen bestimmter Pflanzenarten.
Viele Brutzellen schafft eine Wildbiene in ihrem kurzen Leben nicht: Unter optimalen Bedingungen sind es selten mal dreißig oder vierzig. Umso wichtiger sind kurze Flugstrecken zwischen Nest, Baumaterial und Futterpflanzen.

Quellen, Links und weiterführende Literatur

  • Bienen Mitteleuropas: Gattungen, Lebensweise, Beobachtung. Felix Amiet, Albert Krebs, Andreas Müller: 3. Auflage. Bern 2019: Haupt-Verlag. ISBN-10: 3258081042.
  • Die Wildbienen Deutschlands. Paul Westrich: 2. Auflage. Stuttgart 2019: Verlag Eugen Ulmer. ISBN-10: 3818608806.
  • Taschenlexikon der Wildbienen Mitteleuropas: Alle Arten im Porträt. Erwin Scheuchl, Wolfgang Willner: 1. Auflage. Wiebelsheim 2016: Verlag Quelle & Meyer. ISBN-10: 3494016534.
  • Vom Leben der Wildbienen: Über Maurer, Blattschneider und Wollsammler. Philippe Boyer: 1. Auflage. Stuttgart 2016: Verlag Eugen Ulmer. ISBN-10: 3800112841.
  • Wildbienen entdecken und schützen: Akute Bienenhilfe – Lebensräume schützen! Nicolas Vereecken, Dorothee Calvillo, Gabriele François: 1. Auflage. München 2019: Verlag Gräfe und Unzer. ISBN-10: 3835419269.
  • Wildbienen: Die anderen Bienen. Paul Westrich: 5. Auflage. München 2015: Pfeil-Verlag. ISBN-10: 3899371364.
  • Wildbienenhelfer: Wildbienen & Blühpflanzen. Anja Eder, Dirk Peters, Michael Römer: 2. Auflage. Rheinbach 2018: Tipp 4-Verlag. ISBN-10: 3943969207.
  • Wilde Bienen: Biologie, Lebensraumdynamik und Gefährdung. Artenporträts von über 470 Wildbienen Mitteleuropas. Heinz Wiesbauer: 2. Auflage. Stuttgart 2020: Verlag Eugen Ulmer. ISBN-10: 3818611165.