Was ist Ginkgo?
Ginkgo (Ginkgo biloba) ist die einzige Art der Gattung und der Familie der Ginkgogewächse (Ginkgoaceae). Der beliebte Solitär oder Alleebaum wächst in seiner chinesischen Heimat nur noch sehr selten wild in Mischwäldern zusammen mit immergrünen Eichen, Goldlärchen, Magnolien und Amberbäumen.
Bei dem lebenden Fossil, das in dieser Form bereits im Perm des Paläozokums existierte, handelt es sich um einen aufrechten sommergrünen Baum, der zunächst schmal säulenförmig mit sparrigen Ästen wächst und später mit zunehmender Größe eine breit ausladende Krone bekommt. Seine bereits in der Jugend borkig werdende Rinde ist grau und längsrissig, manchmal netzartig gefurcht. Der kräftige Stamm reicht bis hoch in die Krone oder verzweigt sich bereits vorher in mehrere steil aufragende Äste.
Bei den Sprossen sind Kurz- und Langtriebe leicht zu unterscheiden; erstere sind kurz und gestaucht und werden nur langsam größer, bisweilen wachsen sie zu Langtrieben aus. Die junge Rinde ist zunächst silbrig-fädig und löst sich im Herbst in langen dünnen Streifen ab. Im Herbst erscheinen die Winterknospen, die hellbraun oder rot gefärbt sind und eine kegelförmige Gestalt haben.
Die charakteristischen zweifächerigen Blätter des Ginkgobaumes haben eine gelbgrüne bis mittelgrüne Farbe. Ihr Durchmesser erreicht bis zu zwölf Zentimetern, und die doppelt keilförmige Blattspreite verjüngt sich in den kurzen Blattstiel. Abgesehen von dem Spalt in der Mitte sind sie am Rand äußerst unregelmäßig geformt; die sehr feinen Blattnerven verlaufen parallel und verzweigen sich gabelig. An den Kurztrieben erscheinen sie rosettig gehäuft zu 3-6 Exemplaren; hier sind sie 7-10 Zentimeter lang und 6-12 Zentimeter breit, aber ohne Spalt und beinahe ganzrandig. Im Oktober und November werden die Blätter gelb und bekommen eine schöne Herbstfärbung.
Die Blüten des zweihäusigen Ginkgobaumes haben keine Blütenhülle und erscheinen an den Kurztrieben der männlichen und weiblichen Bäume. Dabei stehen die überhängenden kätzchenförmigen männlichen Blüten zu 3-5 Exemplaren in den Achseln der Niederblätter; sie sind 3-5 Zentimeter lang und weisen zahlreiche kurz gestielte Staubblätter mit jeweils zwei Pollensäcken auf. Dagegen erscheinen die weiblichen Blüten zu zweit oder zu dritt in den Achseln der Nieder- und Laubblätter. Sie sind unscheinbar und grün, 3-5 Zentimeter lang, mit zwei auf einem Wulst sitzenden Samenanlagen.
Nur eine davon entwickelt sich zu einem grünen, in der Reife orangegelben Samen mit fleischiger Außenhülle und einem spitz-eiförmigen hellgelben, glatten verholzten Innenteil, der an den Seiten deutliche Kanten hat. Im Inneren sitzt ein winziger Embryo mit zwei Keimblättern. Diese an kleine Aprikosen erinnernden „Früchte“ riechen unangenehm nach einem Gemisch aus ranziger Butter und Baldrian und fallen bei der Reife ab.
Ginkgo im Garten
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Standort
Ginkgo benötigt ein feuchtes, gut durchlässiges und tiefgründiges Substrat mit reichlich Nährstoffen. Er wächst sowohl auf kalkhaltigen wie auch auf leicht sauren Böden. In Europa ist der Baum winterhart; nur junge Sämlinge sollte man in den ersten Jahren vor starken Frösten schützen.
Schnitt
Ein Schnitt ist bei Gingko in der Regel nicht erforderlich. Man kann jederzeit abgestorbenes Holz entfernen.
Vermehrung
Da in Parks und Alleen fast ausschließlich die weniger geruchsintensiven männlichen Bäume gepflanzt werden, wird man nur selten an die „Silberaprikosen“ kommen. Oft keimen sie erst nach über zwei Jahren. Aus keimfähigen Samen gezogene Exemplare blühen nach 20-30 Jahren. Ohne die Blüten sind die männlichen und weiblichen Ginkgobäume kaum zu unterscheiden. Die Nachzucht ist ein sehr langwieriges Geschäft, sodass man in aller Regel auf die jungen Bäumchen aus einer Baumschule oder Stecklinge zurückgreifen wird.
Verwendung
Gingko ist ein gerne gepflanzter Alleebaum und wird auch als Parkbaum verwendet. Im heimischen Garten gibt er einen schönen Solitär ab, und kleine Bäumchen kann man auch als Bonsai ziehen.
Schädlinge
Ginkgo biloba hat nicht von ungefähr seit dem Erdmittelalter überlebt – er ist ein ausgesprochen zäher Bursche, bei dem man Krankheiten und Schädlinge vergeblich sucht. Bemerkenswert ist auch seine Widerstandsfähigkeit gegenüber Autoabgasen. Er wächst selbst an stark befahrenen Straßen vollkommen unbeeindruckt von Stickoxiden und anderen Emissionen.
Ökologie
Die Bestäubung des Ginkgobaumes übernimmt der Wind.
Wissenswertes
Der Ginkgo gilt als lebendes Fossil, denn die ersten Versteinerungen der typischen Blätter datieren aus dem späten Paläozoikum. Im Mesozoikum waren die Bäume auf der ganzen nördlichen Hemisphäre weit verbreitet. In Europa wuchs er bis vor etwa 30 Millionen Jahren. Auch sonst ist er ein Relikt – er ist der einzige Baum, bei dem die Eizellen noch nicht von Spermakernen, sondern von frei beweglichen Spermatozoiden befruchtet werden. Somit ähnelt er mehr den Palmfarngewächsen (Cycadeae) als den nackt- und bedecktsamigen Nadel- und Laubhölzern. Dabei erfolgt die Befruchtung auch nicht während der Blütezeit, sondern wesentlich später, und auch der Embryo entwickelt sich erst, nachdem die Samen zu Boden gefallen sind.
Ein weiteres Unikum sind seltsame luftwurzelartige Gebilde, die bei sehr alten Bäumen an den Unterseiten der Äste entstehen und gegen Boden wachsen. Man nimmt an, dass es sich bei diesen tschi tschi um die Reste von Stützwurzeln handelt, die bei seinen Vorfahren noch üblich waren.
Wilde Ginkgobäume wachsen in China lediglich in den Provinzen Anhwei, Tschekiang und Kweitschou am oberen und unteren Yangtsekiang. Während er in der freien Natur kaum noch anzutreffen ist, findet man ihn im ganzen Fernen Osten häufig in Tempelanlagen angepflanzt. In der chinesischen Literatur und Malerei taucht er allerdings erst in der Song-Dynastie (11. Jahrhundert) auf, nachdem man die ersten Exemplare in die Kaiserstadt Kaifeng gebracht hatte. Gegen Ende der Yuan-Dynastie Mitte des 14. Jahrhunderts war er bereits in ganz China weit verbreitet.
In China und Japan pflanzt man auch die weiblichen Bäume, um so an die begehrten Ginkgonüsse zu kommen. Sie werden gekocht und geschält und in zahlreichen Gerichten verwendet.
Der deutsche Arzt und Botaniker Engelbert Kaempfer (1651-1716) begegneten 1690 den Bäumen mit ihren merkwürdigen Blättern in einem japanischen Tempel und beschrieb sie 1712 mit ausführlichen Zeichnungen. Von ihm stammt auch der Name Ginkgo – die Umschrift hätte korrekt eigentlich Ginkyo lauten müssen, von gin Silber und kyo Aprikose. Carl von Linné hat die falsche Schreibweise übernommen.
Nach Europa gelangte das Saatgut um 1730 und wurde erstmalig im Botanischen Garten von Utrecht gepflanzt. Fast alle davon erwiesen sich als männliche Bäume, und das erste Weibchen tauchte in Genf auf. Davon schnitt man Reiser ab und pfropfte sie auf männliche Stämme, um die ersten europäischen Samen zu erhalten. Eines der bekanntesten Exemplare in Deutschland ist der Goethe-Ginkgo am Fürstenhaus in Weimar, der um 1815 auf Geheiß des Dichterfürsten dort angepflanzt wurde. Von ihm stammen mutmaßlich auch die beiden getrockneten Blätter, die Goethe unter sein an Marianne von Willemer gerichtete Gedicht klebte: Dieses Baumes Blatt/Der von Osten/Meinem Garten anvertraut… Später wurden die Zeilen auch im West-Östlichen Diwan veröffentlicht. Inzwischen hat der prächtige Baum einen Stammdurchmesser von über vier Metern. Noch übertroffen wird er von seinem Vorgänger in Utrecht: Der ist inzwischen an die 30 Meter hoch.