Was ist Strandroggen?
Strandroggen (Leymus arenarius) ist mit seiner blauen Bereifung unverkennbar, die ihm auch den volkstümlichen Namen Blauer Helm eingebracht haben. Er gehört zur Familie der Süßgräser (Poaceae) und wächst bei uns wild an den Stränden von Ostsee und Nordsee, nur sehr selten außerhalb der Dünen. In Europa fehlt er nur am Mittelmeer, ansonsten findet man ihn an den kühleren Meeresküsten weit verbreitet. Hier besiedelt er vor allem die Spülsäume, die sich durch mehr oder weniger stickstoffhaltigen, lockeren Sandboden auszeichnen, und bildet dort reichhaltige Bestände.
Das ausdauernde Strandgras erreicht 100-130 Zentimeter Höhe, auf fruchtbaren Böden sogar bis zu zwei Meter. Für die Ausbreitung in der näheren Umgebung sorgen die zahlreichen und teils mehrere Meter langen kriechenden Ausläufer des Wurzelstocks, mit denen er binnen kurzer Zeit dichte Bestände bildet. Von Juni bis August erheben sich daraus die straff aufrechten glatten Halme, die unterhalb der Knoten mit abwärts gerichteten wolligen Haaren besetzt sind. Wollig behaart sind auch die Blattscheiden, die vor allem weiter oben wie aufgeblasen aussehen. Die blaugrün bereiften und steifen, stechenden schmal-linealischen Blätter sind 20-60 Zentimeter lang und 1-2 Zentimeter breit, längs gerillt und weisen an ihrem Grund aufgerichtete und zugespitzte Öhrchen auf, die den Stängel umfassen; anfangs ist ihr Rand eingerollt, bevor sie sich entfalten, und die Enden hängen typischerweise über. Auf der Oberseite fühlen sie sich rau an, wohingegen die Unterseite glatt ist.
Im Sommer erscheinen an den Enden der Halme bis zu 35 Zentimeter lange ährenartige Rispen, in denen die bläulichgrünen, später hellbraunen und ungestielten Ährchen paarig oder zu dritt stehen. Jedes Ährchen besteht aus 3-4 Blüten und ist 2-3 Zentimeter lang. Die Hüllspelzen sind gekielt, lanzettlich und 2-3 Zentimeter lang, die Deckspelzen breit-lanzettlich und 1,5-2,5 Zentimeter groß; die Staubbeutel erreichen eine Länge von 7-8 Millimetern. Grannen sind an den Spelzen nicht vorhanden. Als Verbreitungseinheit dienen wie bei Süßgräsern üblich Karyopsen; diese sind hier 6-8 Millimeter lang und mit der Deck- und Vorspelze verwachsen.
Strandroggen im Garten

Quelle: Flower_Garden/shutterstock.com
Standort
Der Strandroggen bevorzugt einen mäßig fruchtbaren, nicht zu schweren und dichten Boden, der unbedingt gut durchlässig sein sollte und gerne auch jede Menge Sand enthalten darf – noch reichlich Sonne dazu und er fühlt sich gleich daheim wie in einer Dünenlandschaft. Als einheimische Pflanze ist er vollkommen frosthart und hält bis zu 23 °C problemlos aus. Auch Salz ist für ihn keine Hürde – eine Küstenpflanze muss von Natur aus eine gewisse Salztoleranz mitbringen, und das Streusalz auf benachbarten Gehwegen stört ihn nicht sonderlich.
Schnitt
Strandroggen kann ziemlich renitent werden und breitet sich rasend schnell in der Umgebung aus, wenn ihm die Bedingungen zusagen. Daher musst Du stets ein wachsames Auge auf ihn haben und ihn in seinem Ausbreitungsdrang begrenzen, damit er sich nicht über Gebühr im Garten breitmacht. Notfalls muss man mit einer Rhizomsperre nachhelfen.
Vermehrung
Zunächst wirst Du einen Topf Strandroggen kaufen und ihn einpflanzen, danach kannst Du die Horste im Frühling oder im Herbst teilen und die reichlich vorhandenen Ausläufer des Rhizoms versetzen. Natürlich lässt er sich auch aus Samen ziehen.
Verwendung
Am häufigsten pflanzt man den Strandroggen wegen seiner typischen Wuchsform und den blaugrünen Blättern in gemischten Rabatten oder Strauchrabatten, gerne auch zusammen mit anderen Stauden, die mit ihren Blüten vor seinem blaugrünen Hintergrund schön zur Geltung kommen. In der freien Natur verwendet man ihn oft zum Befestigen von Dünen und zum Abfangen von Flugsand.
Schädlinge
Der Strandroggen gilt als unkaputtbar – mit Schädlingen und Krankheiten hat er nur selten etwas am Hut. Bemerkenswert: Er verfügt über eine ganze Reihe von antimikrobiell wirksamen Substanzen, die ihm bakterielle Plagegeister vom Hals halten. Bestenfalls finden sich Rostflecken auf den Blättern. Problematisch kann der Brandpilz Ustilago hypodytes werden, der zur Bildung von schwarzen Sporenlagern anstelle der Ährchen führt und die Aussamung verhindert. In Europa beschränken sich nennenswerte Vorkommen bisher auf Spanien, Azoren und Madeira.
Ökologie
Bestäubt wird der Strandroggen wie alle Gräser vom Wind, die Karyopsen werden vom Wind und Wasser davongetragen, oft auch im salzigen Meerwasser, das sie einige Zeit ohne Beeinträchtigung der Keimfähigkeit überleben. Vögel helfen gründlich nach, um die Samen aus den Ähren zu befreien, denn die Saat dient vielen Körnerfressern als Nahrung.
Auch für einen Nachtfalter ist der Strandhafer wichtig: Die Strandroggen-Stängeleule Longalatedes elymi ist monophag, heißt ihre Larven sind auf das Grün von Leymus arenarius als Raupenfutter angewiesen. Sie leben innerhalb der Stängel, oft unterhalb der Sandoberfläche.
Leymus arenarius nimmt dank einer ausgeprägten Mykorrhiza Stickstoff aus der Umgebung auf und kann ihn geraume Zeit in seinen Wurzelstöcken sammeln. Ein wenig Stickstoff zum Start ist ihm aber ganz recht, daher wächst er bevorzugt in den Spülsäumen, wo geringe Mengen organisches Material verrotten. Mit ausreichenden Mengen „Dünger“ wächst er nicht nur geradezu exponentiell, er bereitet auch den Boden für andere Gewächse. Auf den kaum besiedelbaren Weißdünen fungiert er als Pionierpflanze, die für Nährstoffe und Bodenfestigung sorgt. Insbesondere auf dem vulkanisch-kargen Island experimentiert man mit dem Überlebenskünstler.
Wissenswertes
Besitz von Gras bereits im 17. Jahrhundert strafbar
Den Nutzen von Strandroggen bei der Bodenfestigung von Dünen und beim Ansiedeln anderer Pflanzen hat man schon früh erkannt: Im 17. Jahrhundert schützte ein schottisches Gesetz die Bestände, was die Engländer einige Jahrzehnte später übernahmen – danach waren das Mähen und selbst der Besitz verboten. Vermutlich das erste Gesetz, mit dem der Besitz von Gras unter Strafe gestellt wurde ;-)…
Vor mir die Eiszeit
Ein Synonym für Leymus arenarius ist Elymus arenarius, unter dem man das blaugrüne Gras im Gartenhandel bisweilen findet. Carl von Linné beschrieb den Strandroggen zunächst als Elymus, in die Gattung Leymus stellte ihn der deutsche Naturforscher Ferdinand von Hochstetter (1829-1884). Inzwischen weiß man, dass die Art noch sehr jung ist: DNA-Analysen haben gezeigt, dass es sich um eine Hybride von Leymus racemosus (Leymus giganteus, Elymus racemosus) mit einer unbekannten weiteren Art handelt, die erst nach der letzten Eiszeit entstanden ist. Der Artname arenarius bedeutet im Lateinischen sinngemäß sandliebend – passend zu seinen natürlichen Lebensräumen.
Essbare Samen und Stroh fürs Dach
Die Samen kann man essen; sie sind ein nahrhaftes Getreide und erinnern gekocht geschmacklich etwas an Reis. Auf Island nutzt man das Mehl zum Brotbacken. Früher verwendete man das Stroh in manchen Regionen auch, um damit ein Reetdach zu decken.