Apfelbaum schneiden: Zeitpunkt und Schnittmaßnahmen
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Ratgeber

Apfelbaum schneiden: Zeitpunkt und Schnittmaßnahmen


Das Wichtigste auf einen Blick

  1. Der richtige Schnitt des Apfelbaums sorgt auch bei Hobbygärtner*innen für eine gute Ernte.
  2. Bis zu 4 bis 7 Jahre dauert die Erziehung eines Apfelbaumes - je nach angestrebter Kronenform und Apfelsorte.
  3. Der Winterschnitt fördert das Holzwachstum.
  4. Mit dem Sommerschnitt beruhigt man das Triebwachstum starkwachsender Apfelsorten.
  5. Der Sommerschnitt bringt Licht in die Baumkrone und fördert die Fruchtqualität.
  6. Alle 3 bis 5 Jahre sollte ein Erhaltungsschnitt durchgeführt werden.
  7. Wenn Bäume viele Jahre nicht mehr geschnitten werden, gehen Ertrag und Fruchtqualität zurück.
  8. Das regelmäßige Schneiden macht den Baum weniger anfälliger gegenüber Pilzkrankheiten.
  9. Wasserschosse müssen regelmäßig entfernt werden.
  10. Der häufigste Fehler beim Obstbaumschnitt ist ein zu starker Rückschnitt.

Apfelbaum richtig schneiden

Vor dem Griff zur Baumsäge oder Astschere schwirren viele Fragen im Kopf herum: Wann ist eigentlich der optimale Zeitpunkt, um Apfelbäume zu schneiden? Kann ich auch im Herbst oder Frühjahr schneiden? Welche Äste am Apfelbaum sollten geschnitten werden? Muss ich den Baum jedes Jahr schneiden?

Welche Schnittmaßnahme die richtige ist, hängt unter anderem davon ab, wie alt der Baum ist, welche Kronenform angestrebt wird bzw. schon vorhanden ist und ob der Baum eine starkwüchsige oder schwachwüchsige Unterlage hat. Junge Bäume müssen anders geschnitten werden als alte Bäume, die vielleicht Jahrelang nicht gepflegt wurden.

Bei Obstbäumen unterscheidet man je nach Lebensalter und Entwicklung der Bäume vier Schnittarten:

Pflanzschnitt

Der erste Baumschnitt nach der Pflanzung wird als Pflanzschnitt bezeichnet. Bei der Erziehung des Apfelbaums als Pyramide (Rundkrone) müssen alle Triebe, die später als Leittriebe die Kronenform bestimmen, im Herbst oder Frühjahr eingekürzt werden. Kräftige Triebe werden dabei etwa um ein Drittel gekürzt, schwache Triebe bis zu Hälfte. Bei der Erziehung als Spindel wird nach der Pflanzung die Stammverlängerung eingekürzt (im März). Die Seitenäste werden entweder gar nicht geschnitten oder nur minimal.

 

Erziehungsschnitt oder Formschnitt - das Schneiden eines jungen Apfelbaums

Mit dem Erziehungsschnitt oder Formschnitt in den ersten Wachstumsjahren legt man die zukünftige Form des Apfelbaums fest.

Pyramide oder Rundkrone:

Ziel dieses Erziehungsschnitts ist eine breite, gleichmäßige Krone. Dazu werden im Frühsommer die Triebe "auf Saftwaage" geschnitten. Das bedeutet, dass gleichrangige Äste in gleicher Höhe abschließen sollten. Der Mittelleittrieb sollte etwas länger sein als die seitlichen Triebe, sodass in etwa eine Pyramidenform entsteht. Als Stammverlängerung sorgt der Mittelleittrieb für die Stabilität des gesamten Baumes. Der Baum sollte nicht mehr als 3 bis 4 Seitenleittriebe haben. Diese sorgen für ein gleichmäßiges Wachstum in alle Richtungen. Alle Konkurrenztriebe sollten entfernt und die Leittriebe um ein Drittel oder bis zur Hälfte eingekürzt werden. Außerdem werden alle kleinen Stammausschläge entfernt. Sind diese noch weich, kann man sie einfach abreißen. Dabei werden die schlafenden "Augen" (Knospen) gleich mit entfernt und können nicht erneut austreiben.

Spindel:

Als Spindel gezogene Apfelbäume bleiben dank schwach wachsender Unterlagen relativ klein und eignen sich daher gut für den Hausgarten. Ziel der Erziehung ist eine kegelförmige Kronenform mit flach wachsenden Ästen. Nach dem Pflanzen bindet man alle steil stehenden Seitenäste nahezu waagrecht herunter. Das Herunterbinden fördert die Bildung von kurzen Seitenästen, die Blütenknospen ausbilden. Im Spätherbst desselben Jahres entfernt man alle zu steil stehenden Äste und kürzt lange, unverzweigte Triebe ein. Dies fördert die Blüten- und damit die Fruchtbildung. Zu stark nach unten geneigte Triebe und ins Kroneninnere wachsende Triebe werden entfernt.

 

Die Apfelspindel hat nach etwa 4 Jahren ihre endgültige Größe erreicht. Der Erziehungsschnitt und damit die Festlegung der Kronenform dauert bei Pyramiden (Rundkronenbäumen) je nach Wüchsigkeit bis zu 7 Jahre und bei Spindelbäumen 4 Jahre.

Erhaltungsschnitt - zum Erhalt der Fruchtbarkeit

Der auf den Erziehungsschnitt folgende Erhaltungsschnitt zielt darauf ab, die Fruchtbarkeit zu erhalten. Dabei werden etwa 10 bis 20 Prozent der Krone herausgenommen. Ins Kroneninnere wachsende Triebe werden entfernt. Sich kreuzende und berührende Äste sowie abgestorbene Äste ebenfalls. Die Triebe des Vorjahres werden etwa um ein Drittel eingekürzt. Dabei soll die oberste Knospe nach außen in die gewünschte Richtung des Zweiges weisen.

Verjüngungsschnitt - einen alten Apfelbaum schneiden

Wie kann ich einen alten Apfelbaum schneiden? Beim Verjüngungsschnitt schneidet man zahlreiche dicke Leitäste stark zurück und entfernt alle steil nach oben oder nach innen gerichteten Äste. Die breite Form der Krone muss dabei erhalten bleiben. Wichtig beim Verjüngungsschnitt ist eine ausgewogenen Rangordnung der Leitäste. Überhängendes Fruchtholz wird ebenfalls entfernt. Die herabhängenden Zweigpartien sind oft stark verästelt. Man schneidet die komplette Zweigpartie entweder hinter einer nach außen zeigenden Knospe ab oder entfernt dieses Geäst hinter einem ein- bis zweijährigen Zweig mit flachem Wuchs. Der Verjüngungsschnitt bewirkt einen starken Austrieb im Folgejahr. Die in großer Anzahl gebildeten Wasserschosse müssen im Mai/Juni/Juli entfernt werden. Diese reißt man am besten von Hand aus, damit die schlafenden Augen entfernt werden, aus denen sich sonst wieder neue Wasserschossen bilden könnten.

Bei lange nicht geschnittenen Bäumen müssen diese Triebe entfernt werden: überhängendes Fruchtholz (grau), Konkurrenztriebe (grün), senkrecht nach oben und innen wachsende Triebe (rot).

Säulenapfelbaum schneiden

Säulenäpfel mit ihren von Natur aus kurzen Seitentrieben benötigen nur wenige Schnittmaßnahmen. Sie werden anders geschnitten als klassische Apfelbäume. Im Frühsommer müssen zu lange Seitentriebe auf eine Länge von 10 bis 15 cm (2 bis 3 Augen) gekürzt werden. Konkurrenztriebe an der Spitze des Mitteltriebes werden bis auf den kräftigsten entfernt. Wenn der Mitteltrieb nach vielen Jahren zu hoch gewachsen ist, kann er im August oberhalb eines flacheren Seitentriebes auf die gewünschte Höhe abgeschnitten werden.

Spalierapfelbaum schneiden

Im Gegensatz zu Säulenäpfeln sind Spalieräpfel pflegeaufwendig und benötigen einen regelmäßigen Schnitt. Beim Spalierobst zielt der Erziehungsschnitt darauf ab, die Leitäste und Fruchttriebe aufzubauen. Der spätere Erhaltungsschnitt dient dazu, das Verhältnis zwischen Frucht- und Leittrieben in Einklang zu bringen und überalterte Zweige zu entfernen. Die Schnittmaßnahmen werden vor dem neuen Austrieb im Frühjahr durchgeführt. Im Juli werden sämtliche Seitentriebe auf 4 bis 6 Blätter eingekürzt. Gleichzeitig stutzt man den Mitteltrieb und entfernt konkurrierende Triebe. Beim Rückschnitt im Folgejahr fixiert man die neu gebildeten Leittriebe waagrecht am Spaliergerüst. Damit ist das Spalier aufgebaut. In den Folgejahren müssen im Frühjahr und Sommer jährlich ein Erhaltungs- sowie Pflegeschnitt durchgeführt werden. Bei Spalierobst ist auch das regelmäßige Anbinden der Triebe an frostfreien Tagen wichtig.

Wann werden Apfelbäume geschnitten?

Man unterscheidet einen Sommerschnitt und einen Winterschnitt. Der traditionelle Obstbaumschnitt wird im Februar/März durchgeführt. Im Sommer ist dagegen der optimale Zeitpunkt, um ein zu starkes Wachstum durch Schnittmaßnahmen einzudämmen. Der Erziehungsschnitt oder Formschnitt für junge Apfelbäume sollte im ausgehenden Winter stattfinden. Bei alten Apfelbäumen ist im Rhythmus von 3 bis 4 Jahren ein Erhaltungsschnitt oder Verjüngungsschnitt im Sommer fällig.

Sommerschnitt:

Der Sommerschnitt, auch "Juniknip" genannt, hat die Beschränkung des Holzwachstums zum Ziel. Der beste Zeitraum für den Sommerschnitt von Apfelbäumen ist von Ende Juni bis Mitte Juli. Dann wird das Triebwachstum eingestellt und der Apfelbaum legt neue Blütenknospen für das nächste Jahr an. Gleichzeitig vermindert der Schnitt den Pilzbefall, da die Krone besser durchlüftet ist und nach Niederschlägen schneller abtrocknen kann. Der bessere Lichteinfall sorgt für ein gleichmäßigeres Abreifen der Früchte. Bei schwach wachsenden Apfelsorten genügt es, nur die kräftigsten Triebe herauszunehmen. Wenn zu viele Zweige entnommen werden, kann es zu einer Mangelversorgung der Früchte kommen, die dann klein bleiben. Die senkrecht nach oben wachsenden Triebe (Wasserschosse) sollten nur zum Teil entfernt werden - nicht alle, damit der Baum im Folgejahr nicht mit der Bildung neuer Wasserschosse gegensteuert. Für weiche Triebe benötigt man keine Astschere, sondern kann sie einfach ausreißen.

Der Leittrieb und die Seitenäste sollten im Sommer eingekürzt werden und zwar direkt über einer Knospe, die nach unten zeigt. Dieser Schnitt hat einen Neuaustrieb der Knospe zur Folge. Gleichzeitig bilden sich mehrere Seitentriebe, die später Fruchtholz ansetzen.

 

Alle markieren Äste und Triebe sollten entfernt werden.

Während die meisten Apfelbäume im Winter geschnitten werden, geht bei enger gepflanzten Spindelbäumen der Trend des jährlichen Rückschnitts in Richtung Sommerschnitt. Im Sommer müssen überschüssige und zu lange Neutriebe entfernt werden. Oft sind die Neutriebe über 50 cm lang. Ohne den Sommerschnitt bekommen die im Inneren der Krone wachsenden Äpfel zu wenig Sonne ab und erhalten nicht ihre sortentypische Schalenfärbung. Alle Langtriebe, die zu wenig Licht an das Kroneninnere lassen, müssen entfernt werden.

Kleinkronige Apfelbäume sollten im Sommer nicht geschnitten werden. Stattdessen bindet man ihre Zweige mit Schnüren herunter, sodass die Zweige waagrecht stehen. Damit stoppt man das Triebwachstum und fördert die Bildung von Blütenknospen.

Winterschnitt:

Mit dem Winterschnitt fördert man das Holzwachstum des Baumes. Traditionell werden Apfelhochstämme- und Halbstämme im Winter geschnitten. Ausschließlich im ausgehenden Winter schneidet man junge Bäume, die noch einen Erziehungsschnitt benötigen. Hier sollte der Schnitt frühestens Ende Februar erfolgen, sonst ist durch starken Frost nach dem Schnitt eine Schädigung oder ein Totalausfall möglich.

Apfelbaum schneiden im Herbst

Ersatzweise oder zusätzlich zum Winterschnitt kann auch ein korrigierender Pflegeschnitt im Herbst sinnvoll sein. Bei spät reifenden Apfelsorten kann man den Schnitt direkt mit der Ernte verbinden. Der Herbstschnitt kommt besonders bei Apfelbäumen mit Hochstamm infrage, denn das Erreichen von Ästen in luftiger Höhe ist mit viel Arbeitsaufwand verbunden. Im Herbst können die beiden Arbeitsschritte Ernte und Schnitt auf einmal erledigt werden. Nach dem Schnitt sollten herabgefallene Zweige, abgefallenes Laub und verschimmelte Früchte vom Boden entfernt werden, um den Baum vor Pilzbefall und anderen Schaderregern zu schützen.

Apfelbaum schneiden im Frühjahr - geht notfalls auch

Den Winterschnitt kann man notfalls auch im zeitigen Frühjahr nachholen, falls die Witterung im Winter nicht gepasst hat oder man keine Zeit hatte.

Wasserschosse entfernen

Als Wasserschosse, auch Wasserschosser, Wassertriebe oder Wasserreiser genannt, werden steil nach oben wachsende Jahrestriebe am alten Holz bezeichnet. Wasserschosse bilden kein Fruchtholz und müssen daher entfernt werden. Solange die Wasserschosse noch nicht verholzt sind und sich daher weich anfühlen, kann man sie im Mai/Juni/Juli von Hand mit einem kräftigen Ruck entgegen der Wuchsrichtung abreißen. Die entstandene Wunde verheilt schnell von alleine. Der "Juniriss", auch Sommerriss genannt, ist effektiver als das Abschneiden, denn so werden schlafende Augen (als narbenartige Verdickungen am Ast erkennbar) mit entfernt und können daher nicht mehr erneut austreiben. Ältere Wasserschosse müssen dagegen abgeschnitten werden. Wichtig ist dabei, sie komplett an der Basis abzuschneiden. Andernfalls bilden die verbliebenen Stummel im Folgejahr wieder neue Wasserschosse.

Wasserschosse sind meist die Antwort des Baumes auf einen Pflegefehler. Sie bilden sich häufig bei einem zu starken Rückschnitt im Vorjahr, bei zu starkem Baumwachstum, zu hoher Düngergabe oder geringer Fruchtausbildung. Ein weiterer Fehler wäre es, jetzt alle Wasserschosse auf einmal zu entfernen. Verteilt man diese Pflegemaßnahme stattdessen auf mehrere Jahre, beruhigt sich der Baum langsam wieder und bildet längerfristig weniger Wasserschosse. Bei Apfelbäumen sollten in einem Jahr maximal ein Drittel der Wasserschosse entfernt werden.

Häufige Fehler beim Schnitt

  • Radikaler Rückschnitt: Auf einen zu starken Rückschnitt reagiert der Baum mit einem massiven Wachstum und der Bildung von zahlreichen Wasserschossen.
  • Oberseitiges Abschneiden von Ästen bietet Eintrittspforten für Regenwasser und kann längerfristig zu Fäulnis führen.
  • Baumschnitt mit unscharfer Astsäge oder Astschere: Verletzungen des Holzes begünstigen das Eindringen von Schaderregern.
  • Entfernen von zu viel Fruchtholz (Kurztriebe mit kleinen, dicken, rundlichen Knospen). Nur am Fruchtholz entwickeln sich Früchte!
  • Absägen von Ästen zu weit vor dem Astring oder in den Astring hinein: Werden Äste in zu großem Abstand vom Stamm oder zu eng am Stamm abgesägt, verheilen die Schnittwunden nicht richtig. Die optimale Schnittstelle markiert der Astring, ein kleiner Rindenwulst, der den Ast an seiner Basis umschließt.

Bis wann sollten Apfelbäume geschnitten werden?

Der klassische Baumschnitt sollte noch vor dem neuen Austrieb stattfinden, denn zu diesem Zeitpunkt unterstützt der aufsteigende Saft die Wundheilung. Je nach Witterung kann hierfür der Februar oder der März günstiger sein.

Wie oft sollte ein Apfelbaum geschnitten werden?

Tipps zum schneiden

  • Erst die großen Äste schneiden, dann die kleinen.
  • Große Äste Stück für Stück abschneiden.
  • Äste sauber am Stamm abschneiden.
  • Alles zu dicht Wachsende muss entfernt werden, damit die Krone locker und luftig wird.
  • Nicht zu dicht an der Knospe schneiden.
  • Die Schnittzeit nutzen, um im Baum hängende Fruchtmumien zu entfernen!
  • Schaut euch Erklärvideos zum Obstbaumschnitt an!
Am Inhalt mitgewirkt haben:
Dr. sc. agr. Barbara Dinkelaker
Dr. sc. agr. Barbara Dinkelaker Diplom-Agraringenieurin
Stand:
30.11.-0001