Wunderwerke der Natur: Das Landkärtchen – Zwei Gesichter, ein Schmetterling
Zwei Generationen, zwei Erscheinungsbilder
Die erste Generation fliegt im Frühling (April bis Juni) – mit rotbraunen Flügeln und hellen Flecken. Die Sommergeneration (Juli bis August) dagegen erscheint schwarz mit weiß-rötlichen Bändern. Ein echter Verwandlungskünstler!
Doch warum dieser Unterschied? Verantwortlich ist vor allem die Tageslichtdauer während der Puppenruhe: Kurze Tage und kühlere Temperaturen im Frühjahr führen zur hellen Frühjahrsgeneration. Lange Sommertage lassen dunkle Sommerfalter entstehen. Dieser sogenannte Saison-Dimorphismus ist so ausgeprägt, dass selbst Fachleute die beiden Formen früher für verschiedene Arten hielten. Übrigens: Die Sommergeneration ist deutlich häufiger – denn nur ein Teil der Puppen übersteht den Winter.
Brennnessel als Lebensgrundlage
Was viele nicht wissen: Ohne die Brennnessel (Urtica dioica) gäbe es diesen Schmetterling gar nicht. Seine Raupen sind streng auf sie spezialisiert – andere Pflanzen kommen für die Entwicklung nicht infrage.
Die Weibchen legen ihre säulenförmigen Eipakete – bis zu 60 Eier – auf der Unterseite von Brennnesselblättern ab. Die kleinen Raupen schlüpfen nach etwa zehn Tagen, fressen anfangs in Gruppen und leben später einzeln weiter. Wichtig dabei: Die Luftfeuchtigkeit muss über 50% liegen – sonst sterben viele Embryonen noch im Ei.
Sie fressen zunächst ihre Eischale, bevor sie sich von Brennnesseln ernähren. In etwa 18 Tagen durchlaufen sie bis zu fünf Larvenstadien. Zur Verpuppung spinnen sie ein kleines Polster, verankern sich kopfüber als sogenannte Stürzpuppe, und nach dem Häuten wird die Puppe sichtbar. Schon drei Stunden nach dem Schlupf sind die fertigen Falter flugbereit. Wirklich faszinierend!
Beim Nektar sind sie nicht wählerisch
Im Gegensatz zur Raupe besucht das Landkärtchen als Falter viele Blüten: z.B. Wald-Engelwurz, Acker-Kratzdistel, Wilde Möhre oder Wasserdost – aber seine Kindheit hängt an der Brennnessel.
Vielfalt fördern heißt Raupenfutter fördern
Wenn du in deinem Garten einen kleinen Fleck für Brennnesseln zulässt, hilfst du nicht nur dem Landkärtchen, sondern auch vielen anderen Schmetterlingsarten wie dem Kleinen Fuchs oder dem Tagpfauenauge. Denn ohne Raupen – keine Schmetterlinge.
Probier es doch einfach mal aus und lass eine kleine wilde Ecke in deinem Garten wachsen – und schau, was sich dort alles entwickelt.
Viel Spaß beim Entdecken!