Mein Name ist Eva Kettl, ich bin 64 Jahre alt und wohne in München. Die Begeisterung für das Thema Artenvielfalt hat mich vor vier Jahren gepackt, als ich durch das Volksbegehren in Bayern darauf aufmerksam wurde. Damals habe ich mir gedacht: „Ich muss hier was tun!“
Ich weiß noch, dass ich meine Tochter gefragt habe, wie man eigentlich so eine Facebook Seite anlegt. Und so habe ich, anfangs ganz rudimentär und ohne große Vorkenntnisse, die internationale Seite „Bee active now“ ins Leben gerufen.
Mein Traum war es, Menschen aus aller Welt zu motivieren insektenfreundliche Blumen zu pflanzen. Egal ob im eigenen Garten, auf Balkonen und Terrassen oder einfach nur im Topf am Fenster mitten in der Großstadt.
Für die einzelnen Social-Media-Posts habe ich also angefangen intensiv zu recherchieren. Es war mir wichtig, fachlich richtige Inhalte zu verbreiten und sie in einfach verständliche Worte zu packen. Gut, dass es heutzutage Online-Übersetzer gibt – so konnte ich die Texte auf Englisch übersetzen ohne auf mein eigenes, eingerostetes Schul-Englisch vertrauen zu müssen.
Nach und nach lernte ich die Welt der Wildbienen immer besser kennen, nicht zuletzt auch durch das Feedback der Follower aus aller Welt. Man hat wirklich gemerkt, wie hungrig die Leute nach dem Thema „Wildbienen-Schutz“ waren. Die Facebook Seite ist innerhalb von wenigen Monaten auf ein Publikum von fast 16.000 Personen gewachsen. Einfach unglaublich!
Ich hatte Feuer gefangen und habe mich direkt in weitere Projekte gestürzt. Aus dem herrlichen Fundus an Fotos der Facebook-Seite konnte ich einen „Wildbienen-Lehrpfad“ entwickeln. Das sind 12 lehrreiche Poster, die Schulen, Kindergärten und Interessierten kostenlos zu Verfügung stehen. Auf einfach Art und Weise informieren sie über die Welt dieser faszinierenden und wichtigen Insekten. Mittlerweile gibt es sogar einige dieser Lehrpfade in freier Natur zu besichtigen.
Für Kleinkinder entstand dann das Buch „Die Hummel Hildegard und der Rat der Wildbienen“. Das war für mich tatsächlich eine meiner größten Anstrengungen. Als ehemalige Krankenschwester habe ich zwar gelernt, kranke Menschen zu versorgen – aber ich hätte mich wohl nie als Kinderbuchautorin gesehen und hatte keine Ahnung, wie ich ein solches Buch überhaupt verlegen sollte.
Irgendwie haben ich mit Unterstützung von Anderen trotzdem geschafft. Nach über einem Jahr harter Arbeit bin ich unglaublich stolz auf „Die Hummel Hildegard“ und auf das Vorwort des bekannten Hummel-Forschers Prof. Dave Goulson.
Das Buch ist, ebenso wie der Wildbienen-Lehrpfad und viele weitere Lehrmaterialien auf der Homepage www.hummel-hildegard.com zu finden. Ich freue mich natürlich riesig über jeden, der dort mal vorbeischaut.
Wo liegt aktuell dein Fokus?
Gerade arbeite ich am Projekt „Schmetterlinge in der Schule“ und „Wir zeichnen Schmetterlinge“. Das wird ein weiteres Angebot an kostenlosen Materialien für Lehrer*innen und Erzieher*innen sein, um das Thema spielerisch an Kinder heranzubringen.
Ich verwende dabei Fotos, die ganz einfach abgezeichnet werden können. Schon die ganz Kleinen können ja Schmetterlinge malen – und wenn es nur ein süßes Strichmännchen mit Flügeln ist. Wie wichtig diese Insekten für unsere Natur sind, kann man also auch auf ganz kindgerechte Art näherbringen.
Ansonsten sammle ich gerade schöne Fotos unterschiedlicher Libellen. Nach Wildbienen und Schmetterlingen soll es auf meiner Homepage dann also auch das Projekt „Wir lieben Libellen“ geben. Es wird über die verschiedenen Libellen Mitteleuropas, ihre Lebensweise und ihre Lebensräume informieren.
Wo gärtnerst du?
Ich selbst habe leider keinen Garten, nutze aber mit viel Freude meine dreieinhalb Fensterbänke mitten in München.
Fensterbank am Wohnzimmer
Im Frühjahr ziehe ich dort und auf einem Beistelltisch im Wohnzimmer eigene Wildpflanzen vor. In den nächsten Tagen werde ich zum Beispiel meine Großblütigen Königskerzen pikieren. Die Kaltkeimer haben im Spätherbst gut ausgetrieben und sind trotz des kalten Frühjahrs schon prima gewachsen.
Darüber hinaus betreue ich die Terrasse meines Lebenspartners und einen davor liegenden Gemeinschaftsgarten. Es fasziniert mich, wie viele Lebewesen plötzlich auf diesem 10 m² großen Areal mitten in der Großstadt erscheinen seit wir dort einheimische Wildpflanzen „anbieten“.
Wann immer ich Zeit habe, fahre ich außerdem in den Garten meiner Tochter auf dem Land: Für mich ist das die pure Erholung! Stück für Stück verwandele ich ihn in einen Naturgarten und im Sommer wimmelt es mittlerweile nur so von Bienen und Schmetterlingen.
Zuletzt habe ich dort eine große Zinkwanne mit Sumpfpflanzen bestückt, dem heimischen Igel ein paar Unterschlupfverstecke gebaut und einen großen Käferkeller aus Eichenholz angelegt.
Zu sehen: Sumpfdotterblume (blüht), Bachnelkenwurz (steht in den Startlöchern), Sumpfgladiolen, Sumpfschafgarbe, Blutweiderich
Was ist deine absolute Lieblingspflanze und warum?
Das ist wirklich eine schwere Frage – schließlich gibt es so viele spannende heimische Pflanzen.
Ich liebe es, mir jedes Jahr neue Varianten zu bestellen, die ich zuvor noch nicht kannte und die in meinen Gartenprojekten der lokalen Tierwelt weiterhelfen. Ich lerne also immer noch dazu.
Wenn ich aber einen Tipp für Einsteiger abgeben müsste, dann würde ich die Kleinblütige Bergminze (Calamintha nepeta) für sonnige und trockene Standorte empfehlen. Im Sommer ist sie förmlich übersät mit Insekten. Man kann an ihr besonders gut die ganz kleinen Wildbienenarten beobachten.
Wofür verwendest du NaturaDB?
Bei NaturaDB suche ich mir immer die heimischen Pflanzen für meine vielen Gartenprojekte aus. Das war früher wirklich mühselig und verbunden mit langen Recherchen in Büchern und im Netz.
Jetzt freue ich mich besonders über eure graphische Darstellung der Blühzeiträume und die Anzahl der davon profitierenden Insekten. Eine totale Motivation für jede Pflanzenbestellung!
Wenn ich bei einem Gärtner Stauden sehe und nicht sicher bin, dann schaue ich vor dem Kauf immer schnell bei euch nach, ob sie heimisch sind oder nicht. Ich möchte ja besonders gern die gefährdeten Insekten fördern - also die, die keine Generalisten bzw. „Allesfresser“ sind. Genau diese Wildbienen und besonders die Raupen von Schmetterlingen brauchen eben unsere heimischen Pflanzen.
Was ist dein aktuelles bzw. nächstes Projekt?
Eigentlich war mein Wildbienen-Lehrpfad mal eine Idee für Räume innerhalb von Schulen oder Kindergärten. Interessanterweise wird er jetzt aber auch für Außenbereiche verwendet. Das Team von „Naturpädagogik Ahlborn“ hat in Mindelheim die Herausforderung mit Vorderseite (Frage) und Rückseite (Antwort) genial gelöst und dazu eine wetterfeste Version erstellt. Kinder und Erwachsene können jetzt also wirklich durch diesen Lehrpfad wandern.
Ich freue mich riesig solche Entwicklungen mitverfolgen und unterstützen zu können. Es ist total faszinierend, welche Ideen und Umsetzungskraft diese ehrenamtlichen Helfenden so entwickeln. Zum Beispiel ergänzen sie die Lehrpfade jetzt oft durch Naturmodule („anfassbare“ Lebensräume für Insekten) oder Naturspiele zum Kennenlernen der Arten.
Die Ehrenamtler, mit denen ich oft zusammenarbeiten darf, sind wirklich hochmotiviert, unglaublich informiert und arbeiten oft bis an ihre Belastungsgrenzen. Bei solchen Herzensprojekten helfe ich immer gerne mit, wo ich kann.
Wenn ich mir beim Universum nur noch etwas wünschen dürfte, dann eine bessere finanzielle Unterstützung für all diese ehrenamtlichen Helfer*innen. Insbesondere bei Materialkosten, Pflanzen und Naturbaustoffe fehlen die Mittel einfach oft. Vielleicht gibt es dafür ja mal so etwas wie eine bundesweite Stiftung für Natur- und Artenschutz.