Naturfotografin, Kommunikationsdesignerin, Buchautorin und Gartenbesitzerin
Anja Eder ist eine leidenschaftliche Naturschützerin und Autorin, die sich besonders für den Schutz von Wildbienen einsetzt. Durch ihre Arbeit als Autorin des Buches "Wildbienenhelfer" und ihr Engagement in Umweltprojekten inspiriert sie Menschen dazu, sich für den Erhalt der natürlichen Lebensräume einzusetzen.
Als ich 2014 damit begann, Wildbienen zu beobachten, hatte ich keine Ahnung von Insekten und auch nicht von Gartenpflanzen. Die Tatsache, dass eine mit Pestiziden belastete Pflanze in unserem Garten so viele kleine Opfer forderte, veränderte mein Leben. Mein Ziel stand fest: irgendwie aufklären. Ich begann mich mit der Makrofotografie zu befassen, um zunächst Wildbienen näher betrachten zu können. Ich verliebte mich sofort in meine neue Tätigkeit und begann Pläne zu schmieden, um auf die Missstände rund um das Bienensterben aufmerksam machen zu können. Mir wurde bald klar, dass es zu dem Zeitpunkt keine Sachliteratur gab, die einen Zusammenhang zwischen Wildbienen und Nahrungspflanzen darstellte.
Ich bin keine Biologin, aber eine neugierige und mutige Quereinsteigerin, die in die Welt der Insekten hineingeplumpst ist. Also begann ich mit meinen Recherchen. Ende 2017 war mein erstes Buch dann endlich fertig. Als selbstständige Kommunikationsdesignerin war ich in der Lage dieses Projekt eigenständig zu konzipieren, zu gestalten, zu schreiben und zu produzieren. 2017 war es soweit, das Wildbienenhelfer Buch konnte mit Hilfe einer Crowdfunding Finanzierung produziert werden.
Heute bestimmen Themen um Insekten und ihre Nahrungspflanzen meinen Berufsalltag. Ich bin von ganzem Herzen eine Natur- und Tierschützerin.
2. Dein Buch „Wildbienenhelfer“ zählt zu eins unserer liebsten zum Thema Wildbienen. Nun möchtest du ein neues Buch herausbringen. Worin unterschieden sich die Bücher?
Die Reaktionen auf mein Wildbienenhelfer Buch zeigten schnell, wie wenig Menschen Insekten kennen. Jeder sprach von der armen, gefährdeten Honigbiene – Wildbienen kannte kaum jemand. Viele Gespräche und Recherchen zeigten bald, dass es fest verankerte Vorurteile über Insekten oder sogenannte Schädlinge gibt.
2018 begann ich, all unsere kleinen Gartenbewohner fotografisch zu dokumentieren. Mein Gartenexperiment sollte aufzeigen, welche Insekten ich mit einer insektenfreundlichen Gartengestaltung in unseren 180qm großen Stadtgarten mitten in der Wuppertaler Nordstadt locken würde.
Was als überschaubare Projektidee begann, entwickelte sich als unerwartet umfangreich. Ich stand vor einer gewaltigen Herausforderung. Über 120.000 Makrofotografien mussten ausgewertet werden. Insekten aller Art. Mehrere Jahre verbrachte ich allein damit, Insektenfotos zu sortieren und die Tiere zu bestimmen. Keine leichte Aufgabe. (Meine Bestimmungen wurden von Fachleuten der verschiedenen Bereiche übertrüft)
Das Wildbienenhelfer Buch stellt 45 Wildbienen-Arten vor. Mein Arten-Retter-Garten Buch stellt über 300 verschiedene Insekten-Arten in Einzelporträts vor. Ich beschreibe: welche Pflanzen sie benötigen oder bevorzugen, welchen Lebensraum sie brauchen, wie und wo sie ihren Nachwuchs unterbringen, wann sie unterwegs sind, was sie fressen, wie sie aussehen und warum sie so wichtig für uns alle sind.
3. Wie kann man dazu beitragen, dass das Buch gedruckt wird?
Was bedeutet Crowdfunding und wie funktioniert es? Crowdfunding = Schwarmfinanzierung
Startnext bietet die Möglichkeit, ein noch unveröffentlichtes Projekt einer großen Öffentlichkeit vorzustellen, um viele Geldgeber:innen zu animieren, dieses mit kleinen Summen zu fördern.
Der Druck des Buches wird durch eine Art „Vorfinanzierung“ so erst möglich gemacht.
Als Gegenleistung für die finanzielle Unterstützung bekommen die Unterstützer:innen ein „Dankeschön“ ihrer Wahl, wie beispielsweise das Buch. War das Crowdfunding erfolgreich, wird das Buch gedruckt und kann an die Förderer verschickt werden.
4. Du gärtnerst auch privat auf 180qm erfolgreich (im Sinne der Artenansiedlung). Gibst du uns Einblicke, wie du es geschafft hast, innerhalb von 5 Jahren über 300 Insektenarten beobachtet zu haben?
Als wir den Garten 2014 übernahmen, gab es nicht viel Nahrung oder Fortpflanzungsmöglichkeiten für Insekten. Fast alle für Insekten relevante Pflanzen habe ich in unseren Garten geholt. Neben dem speziellen Nahrungsangebot, welches aus heimischen und aus nicht heimischen Pflanzen bestehen sollte, ist es elementar, dass Insekten entsprechende Eiablageplätze vorfinden, damit sie sich fortpflanzen können. So hat jedes Insekt eine ganz bestimmte Vorliebe, den Nachwuchs sicher unterzubringen. Dazu werden fast ausschließlich heimische Pflanzen genutzt. Zur eigenen Ernährung nutzen Insekten heimische und nicht heimische Pflanzen.
Beispielsweise legt der Zitronenfalter seine Eier am Faulbaum ab. An einem Gehölz, welches nur so aussieht wie ein Faulbaum, würden die Raupen verhungern. Sitzt der Zitronenfalter auf einer Blüte, um Nektar zu saugen, bedeutet das nur, dass er sich gerade ernährt. Den Nachwuchs kann er nicht an dieser Pflanze unterbringen. Hat man diesen Zusammenhang verstanden, fällt die Wahl der Gartenpflanzen entsprechend aus.
Die Insekten und Pflanzen, die nach und nach in unseren Garten gelangten, versuchte ich mit meiner Macrokamera festzuhalten. Immer wieder suchte ich nach Insekten in ihren Verstecken oder an ihren Nistplätzen. Eine sehr zeitintensive aber wunderschöne Tätigkeit, da der Blick durch ein Makroobjektiv Einblicke gewährt, die in der Vergrößerung erst zum Vorschein kommen. Wir sind umgeben von so vielen wunderschönen kleinen Wesen, die in einer Welt atemberaubend schöner Pflanzen leben. All das können wir fördern und sogar wie aus dem Nichts erschaffen.
5. Was sind deiner Meinung nach die wirkungsvollsten Umsetzungen, die leicht nachzumachen sind?
Ein Garten, bestückt mit einem hohen Anteil an einheimischen Wiesenblumen, Gräsern, Stauden, Sträuchern, Bäumen, mit Totholz, Trockenmauern, Steinhaufen, Magerflächen, sandigen Bereichen oder einem lückigen Rasen, bietet überlebenswichtige Angebote und Strukturen für Insekten und weitere wildlebende Gartentiere.
Folgendes habe ich in unserem Garten ohne großen Aufwand umgesetzt:
Gezielt ausgewählte heimische Pflanzen und für Insekten relevante nicht-heimische Pflanzen wurden gegen Vorhandenes wie Edelrosen getauscht.
Eine Wildblumenwiese mit lückigen Bodenstellen gibt bodennistenden Wildbienen die Möglichkeit, ihre Nester zu bauen. Ebenso wichtig sind sandige Fugen zwischen Bodenplatten.
Ich lasse die Natur arbeiten und entferne Verblühtes so spät in Frühjahr wie möglich. Hier verbergen sich oft Insektenlarven, die so die Möglichkeit haben, zu schlüpfen. Markhaltige Stängel knicke ich bodennah ab und stelle diese gebündelt und aufrecht an einen sonnigen Platz. Hier schlüpfen im Jahresverlauf bis zum Sommer z.B. diverse Wildbienen-Arten. Auf dem Kompost würde der Nachwuchs in den Stängeln verschimmeln.
Unsere Gärten sind keine Wohnzimmer, daher gehört Ordnung nicht hier her. Rollrasen oder ordentlich mit Mulch abgedeckte Beete lassen kein Leben zu.
Läuse sind willkommene Gäste, daher dürfen einige Edelrosen (beliebt bei Läusen) in unserem Garten bleiben. Unzählige Insekten und Vögel ernähren sich von Blattläusen.
Ich habe nicht viel Platz, dennoch gibt es kleine Totholzecken oder einen Eichenstamm mit Lochbohrungen für Insekten.
Und Vieles mehr... Alles Weitere steht in meinem Buch.
Die Schattenwiese unter dem Birnenbaum
Warum sind unsere Gärten und Balkone so wichtig für den Erhalt unserer Insekten?
Sinnvoll bepflanzte Flächen jeglicher Größe können sich zu Oasen der Artenvielfalt entwickeln. Gibt es viele solcher Oasen, dann können diese wie ökologische Trittsteine funktionieren, die den Insekten die Möglichkeit bieten, zu wandern.
Biotope wie Naturschutzgebiete, Blumenwiesen, blütenreiche Randstreifen oder insektenfreundliche Gärten könnten auf diese Weise für uns unsichtbar miteinander verbunden werden. Man kann sich das wie ein Netz aus vielen kleinen Blühinseln vorstellen.
Der Verbund dieser Trittsteinflächen bietet den Insekten die Möglichkeit sich auszubreiten. Oftmals existieren in älteren naturnah angelegten Gärten seltene Insektenarten, die in ihrem besonderen Garten-Kosmos überlebt haben. Es sind überlebende, die in solchen von Menschenhand angelegten Biotopen sozusagen konserviert wurden.
Diesen Arten und allen anderen können wir mit einem Netzwerk insektenfreundlicher Gärten die Chance geben, sich auszubreiten.
Gestalten wir gemeinsam eine Zukunft für die Artenvielfalt!
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