Was ist Sumpfzypresse?
Die Sumpfzypresse, genauer Echte Sumpfzypresse oder manchmal auch Sumpfeibe (Taxodium distichum) genannt gilt als der Charakterbaum der Everglades. Im Südosten der USA wächst sie von Texas bis Florida, im Norden bis nach Illinois, Indiana und Kentucky und im Nordosten in Maryland und Delaware. Man findet sie dort auf den meist küstennahen und große Teile des Jahres überschwemmten Kalksteinflächen der Flussniederungen und Sümpfe, vor allem in den Niederungen und selten über 200 Meter aufsteigend. Oft bildet sie große Reinbestände, in denen die charakteristischen aus dem Wasser ragenden Kniewurzeln besonders auffallen, oder sie gesellt sich zu Schwarzer Tulepobaum, Hickorybaum, Rot-Ahorn, Schwarz-Weide und Rot-Esche.
Der sommergrüne, 30-40 Meter hohe Nadelbaum aus der Familie der Zypressengewächse (Cupressaceae) weist einen langen geraden Stamm mit einer langen kegel- bis pyramidenförmigen, erst im Alter rundlich und locker werdenden Krone und fast waagerecht abstehende oder überhängende Äste auf. Ihr Stamm wird bei uns meist nur 1-2 Meter dick, in ihrer Heimat bisweilen auch über fünf Meter und ist an seiner Basis deutlich verbreitert. Die rot- bis graubraune Rinde ist längsrissig und löst sich in langen dünnen Streifen ab.
Langtriebe und Kurztriebe sind deutlich unterschiedlich gestaltet; erstere verholzen und sind schwach bereift und braun, die 5-20 Zentimeter langen Kurztriebe hingegen bleiben grün und unverholzt und fallen gegen Ende der Vegetationsperiode ebenso wie die Nadeln ab. Die winzigen Winterknospen verbergen sich in der Rinde, bis sie beim frühjährlichen Austrieb hervorbrechen.
Die Nadelblätter der Sumpfzypresse sind an den Langtrieben spiralig und mit einigem Abstand angeordnet, wohingegen die an den Kurztrieben dicht und gescheitelt stehen. Sie sind sehr kurz gestielt bis sitzend, linealisch-nadelförmig und flach, 0,5-2 Zentimeter lang und 1-2 Millimeter breit. Ihre Farbe ist im Austrieb blass gelbgrün, später werden sie dunkler und mittelgrün, und im Herbst verfärben sie sich rotbraun bis orange. Dann sterben sie ebenso wie die Kurztriebe ab, bleiben aber oft noch Wochen am Baum, bevor sie abfallen.
Sumpfzypressen sind einhäusig getrenntgeschlechtlich; die männlichen Blütenstände sind 5-12 Zentimeter lang und erscheinen in zwei seitenständigen Trauben an den Enden der vorjährigen Triebe. Die runden harzigen und grünen weiblichen Blütenstände stehen einzeln oder in kleinen Gruppen an den Spitzen der Zweige in den Blattachseln; sie werden nur etwa zwei Millimeter lang und sind recht unscheinbar. Aus ihnen entwickeln sich die kugeligen, 2-3 Zentimeter großen Zapfen, die anfangs grün und dicht geschlossen bleiben und später braun verholzen und sich allmählich öffnen. Ihre 9-15 vierseitigen Schuppen stehen schraubig und bedecken die Spindel schildförmig; die Samenschuppen bergen jeweils zwei, seltener einen oder drei unregelmäßig dreieckige, 5-10 Millimeter lange Samen mit drei schmalen Flügeln. Die Blütezeit liegt im März und April, die Samenreife erstreckt sich von Oktober bis Dezember des darauffolgenden Jahres. Alle 3-4 Jahre werden besonders viele Zapfen produziert; jeder davon enthält 2-34, meist 16 Samen.
Sumpfzypresse im Garten
Standort
Die Sumpfzypresse bevorzugt einen mäßig trocken bis nassen und nährstoffreichen, sandigen Lehm- oder Tonboden, der einen neutralen bis sauren pH-Wert aufweisen sollte. Sie steht am liebsten in der Sonne und braucht zumindest Halbschatten. Salzige Böden und salzhaltige Luft machen ihr, wie bei ihren Standorten im Brackwasser der Sümpfe Floridas zu erwarten nichts aus. Winterhart sind die Bäume übrigens auch – frostempfindlich sind sie nur in der Jugend. Das dürfte der Grund sein, warum die Sumpfzypresse in Nordamerika trotz ihrer Unempfindlichkeit gegenüber Kälte nicht weiter nach Norden vorgedrungen ist.
Schnitt
Sumpfzypresse zu schneiden ist normalerweise nicht erforderlich – ihre charakteristische säulenförmige Krone bildet sie auch ohne menschliches Zutun.
Vermehrung
Den bis zu 40 Meter hohen Baum wird man nicht mehr erleben, wenn man eine Sumpfzypresse aus Samen zieht. Sie wachsen ohnehin nur jung zügig und blühen erst nach 20-30 Jahren. Willst Du ein Exemplar in Deinem Garten ansiedeln, so wirst Du in aller Regel im Gartenhandel oder in der Baumschule eine junge Sumpfzypresse kaufen.
Eine Vermehrung mit Samen ist natürlich trotzdem möglich. Der Boden muss unbedingt klatschnass sein, darf aber nicht unter Wasser stehen – normale Feuchtigkeit reicht in aller Regel nicht aus. Die Keimlinge haben meist sechs, seltener drei bis neun Keimblätter. Nicht wundern: Im ersten Jahr wachsen sie ziemlich rasant. In einem Sumpf müssen sie zusehen, dass sie rechtzeitig über den Fluthorizont hinauskommen und werden daher rasch bis zu einem Meter hoch: Stehen sie vollständig unter Wasser, so sterben sie ab.
Verwendung
Mit ihrer Vorliebe für feuchte und zeitweise überschwemmte Standorte ist die Sumpfzypresse für den Sumpf, sprich für den Rand von Gartenteichen und anderen Gewässern geradezu prädestiniert. Sie kommt aber auch vollkommen problemlos mit deutlich trockeneren Stellen im Garten klar. Mit ihrem ausladenden Wuchs eignet sie sich vor allem für etwas größere Gärten; meist pflanzt man sie als Solitär, in Grünanlagen und Parks gerne auch in malerischen kleinen Gruppen, die allerdings reichlich Platz in Anspruch nehmen. Vorteilhaft: Sie kommt mit Luftverschmutzung und dem rauen urbanen Klima gut zurecht.
Schädlinge
Schädlinge und Krankheiten wird man bei der äußert robusten Sumpfzypresse so gut wie nie antreffen.
Ökologie
Für die Bestäubung und die Verbreitung der geflügelten Samen sorgt wie bei Nadelbäumen üblich der Wind. Auch das Wasser trägt die leichten holzigen Zapfen über weite Strecken davon, sehr praktisch für einen Sumpfbewohner. Unter Wasser keimen die Samen zwar nicht, sie bleiben dort aber bis zu 30 Monate keimfähig.
Über die Bedeutung für unsere heimische Fauna gibt es kaum Daten, und die geringen Bestände in Parks, Gärten und öffentlichen Grünanlagen dürften auch keine besondere Rolle für die Tierwelt spielen. In ihrer amerikanischen Heimat sind die reifen Zapfen jedenfalls ein gefundenes Fressen für viele der dort heimischen Vögel, Eichhörnchen und Streifenhörnchen.
Ungewöhnlich für einen Nadelbaum ist die Fähigkeit, aus einem Stumpf neue Triebe zu bilden. Selbst uralte Baumstümpfe können noch austreiben, aber die Nachkömmlinge werden niemals so kräftig wie ein vergleichbarer Sämling.
Ebenso speziell und unverkennbar sind die Kniewurzeln, die als bis zu 1,5 Meter hohe und 30 Zentimeter breite kegelförmige Strukturen in der unmittelbaren Nähe der Bäume erscheinen; sie werden nur bei zeitweiser Überflutung gebildet und verbessern die Standfestigkeit im Sumpf. Selbst ein in Florida häufig auftretender Hurrikan wirft eine gut etablierte Sumpfzypresse selten um, wie jahrhundertealte Exemplare zeigen. Mit einem verbesserten Gasaustausch, wie man früher annahm, haben die „Atemwurzeln“ nichts zu tun.
Wissenswertes
Welche Arten von Sumpfzypressen gibt es?
Von der Gattung Taxodium gibt es neben der Sumpfzypresse noch zwei weitere Arten, die im Süden der USA über Mittelamerika bis nach Guatemala beheimatet sind: Die Mexikanische Sumpfzypresse Taxodium mucronatum und die Aufrechte Sumpfzypresse Taxodium imbricarium. Bisweilen werden sie auch als Unterarten geführt und heißen dann Taxodium distichum var. mucronatum und Taxodium distichum var. imbricarium. Taxodium distichum selbst läuft bisweilen auch noch unter dem alten Synonym Taxodium ascendens, daher auch Aufrechte Sumpfzypresse von lateinisch ascendens, aufsteigend oder aufrecht.
Woher kommt der Name?
Der Gattungsname leitet sich vom griechischen taxos, Eibe ab und bedeutet sinngemäß der Eibe ähnlich. Auch bei Taxus baccata stehen die Nadeln in ähnlicher Weise deutlich gescheitelt. Sommergrüne Nadelbäume, die im Herbst ihre Blätter verlieren sind in unseren Breiten ein Kuriosum, das sich bei den einheimischen Arten lediglich bei der Lärche findet. Der Artname distichum bedeutet zweizeilig oder gescheitelt und beschreibt die Stellung der Nadeln an den Kurztrieben.
Das Ding aus dem Sumpf
Die Everglades in Florida waren einstmals eines der größten Sumpfgebiete der Erde; die Big Cypress Swamps bedeckten früher 2.000 Quadratkilometer, von denen heute noch etwas über 40 Quadratkilometer als Naturschutzgebiet ausgewiesen sind. Hier stehen noch immer einige der größten Sumpfzypressen, die über 40 Meter hoch und teils bis zu 700 Jahre alt sind.
Größer, dicker, älter: Sumpfzypressen brechen alle Rekorde
Sumpfzypressen gehören zu den Rekordhaltern in der Pflanzenwelt:
- Das mit 45 Metern höchste lebende Exemplar steht in der Nähe von Williamsburg in Virginia,
- das mit fast vier Metern dickste bei Leakey in Texas.
- Auch der älteste lebende Baum in Nordamerika ist eine Sumpfzypresse – ein Exemplar am Black River in North Carolina soll über 2.600 Jahre alt sein.
- Ähnlich alt ist Big Dan in der Nähe von High Springs in Florida – 3,4 Meter Stammdurchmesser bei einem geschätzten Alter von 2.700 Jahren.
- Eine weitere rekordverdächtige Sumpfzypresse fiel 1915 einem Hurrikan und ihr Rest 2012 Vandalen zum Opfer: The Senator stand bei Sanford in Florida und war ursprünglich 50 Meter hoch, bei einem Durchmesser von 5,3 Metern und einem Alter von 3.500 Jahren. Als sie ein kleines Bäumchen war herrschte in Mitteleuropa noch die Bronzezeit und regierte in Ägypten die Pharaonin Hatschepsut.
- Als insgesamt größte Sumpfzypresse gilt die National Champion Bald Cypress im Cat Island National Wildlife Refuge nahe St. Francisville, Louisiana: Sie ist 29 Meter hoch bei einem Durchmesser von knapp fünfeinhalb Meter und wird auf rund 1.500 Jahre geschätzt.
Sumpfzypressenholz frisch und halb versteinert
Das beinahe geruchlose Sumpfzypressenholz ist besonders dauerhaft, fest und fäulnisresistent, wie man es bei einem Sumpfbewohner fast erwarten kann. Es hat einen hell- bis dunkelbraunen Splint und einen noch dunkleren, oft fast schwarzen Kern und wird bei Wind und Wetter mit der Zeit einheitlich silbergrau. Die amerikanischen Ureinwohner verwendeten es für Kanus, Trommeln und als Bauholz. Als Letzteres nutzt man es noch heute, wie auch für Dielen, Möbel, Zäune und viele andere Anwendungen. Sehr ungewöhnlich ist die Nutzung von prähistorischen, teilweise mineralisiertem Sumpfzypressenholz, das man in Sümpfen zwischen Floridas und New Jersey bisweilen findet; für Schnitzereien ist es hochbegehrt und teuer.
Sumpfzypresse als Lieferant von Braunkohle
Was sich heute auf ein recht kleines Gebiet auf dem nordamerikanischen Kontinent beschränkt war im Tertiär noch auf der ganzen nördlichen Hemisphäre weit verbreitet, wie Fossilien zeigen. Die gibt es zuhauf: Sumpfzypressen bildeten den Hauptanteil der Braunkohle, die auch in Deutschland immer noch im Tagebau oberflächennah gewonnen wird. Mit der Eiszeit gingen ihre Bestände massiv zurück.
Die ersten Sumpfzypressen in Europa
Als Zierbaum gelangte die Sumpfzypresse erstmal wieder 1640 nach Europa, und zwar dank des britischen Gärtners John Tradescant d.J. (1608-1662), der von seinen Entdeckungsreisen in den amerikanischen Kolonien auch den Tulpenbaum, verschiedene Magnolien, Phlox und die Yucca mitbrachte. Bekannt geworden ist er dank der Benennung der Dreimasterblume als Tradescantia durch Heinrich Bernhard Rupp (1688-1719).