Was ist Schwedische Mehlbeere?
Schwedische Mehlbeere, Schwedische Vogelbeere oder Oxelbeere (Sorbus intermedia) wächst bei uns nur ausgewildert in Norddeutschland – ihre natürlichen Vorkommen liegen, wie der Name bereits vermuten lässt, weiter im Norden, insbesondere im Ostseeraum. Sie kommt vor allem im Süden Schwedens und Finnlands, in Dänemark und im Baltikum vor, wo sie in lichten Laubwäldern, an Waldrändern und in Gebüschen von Weiden auf feuchten und fruchtbaren Böden gedeiht.
Bei dem Mitglied aus der Familie der Rosengewächse (Rosaceae) handelt es sich um einen sommergrünen, reichhaltig verzweigten Baum oder Strauch mit einer schönen ebenmäßig ovalen oder kugeligen Krone. Er erreicht eine Höhe und Breite von 5-15 Metern und weist am Stamm eine schmutziggraue, zunächst glatte und erst im Alter längsrissige Borke auf. Der kräftige Stamm wird meist bis zu 60 Zentimeter, in einigen Fällen aber auch schon mal 2-3 Meter dick.
Junge Zweige sind olivgrün bis braun mit hellen Korkwarzen, auf der Sonnenseite rot gefärbt und schwach hin und her gebogen. Die 10-12 Millimeter langen eiförmigen und zugespitzten Winterknospen sind von miteinander verklebten, knorpeligen grünen Knospenschuppen geschützt, die einen braunen häutigen Rand und wollige Haare aufweisen.
Die derb ledrigen Blätter der Schwedischen Mehlbeere stehen wechselständig; sie haben einen 12-20 Millimeter langen Blattstiel und eine 7-10 Zentimeter lange, 4-7 Zentimeter breite länglich-elliptische Blattspreite. In der Mitte sind sie am breitesten. Der gekerbte Blattrand ist zusätzlich noch einmal doppelt gesägt; unten geht er abgerundet in den Blattstiel über, und die Einschnitte sind im unteren Drittel oft sehr tief, sodass die Blätter beinahe fiederspaltig aussehen. Beiderseits der Mittelrippe liegen jeweils 4-7 Lappen und 7-9 Blattnerven. Die anfangs dicht behaarte Oberseite der Blätter verkahlt und zeigt ihre dunkelgrün glänzende Oberfläche, während die Unterseite charakteristische weiß und von einem wolligen Filz bedeckt bleibt. Am Grund der Blattstiele stehen kleine Nebenblätter, die schon bald abfallen.
Die Blütezeit liegt bei der Oxelbeere vor allem im Mai und Juni; dann erscheinen an den jungen Trieben endständig 8-12 Zentimeter große Schirmrispen aus wenigen Blüten. Diese sind 5-20 Millimeter lang und 15-20 Millimeter breit, dünn gestielt, fünfzählig mit doppelter Blütenhülle, zwittrig und aktinomorph. Sie riechen nicht besonders angenehm. Die grünen Kelchblätter haben eine Länge von 1-2 Millimetern, die Kronblätter werden 3-4 Millimeter lang und sind strahlend weiß. Im Inneren der Blüten stehen 20 Staubblätter und meist drei Fruchtblätter, die an ihrer Basis zum größten Teil miteinander verwachsen sind.
Aus ihnen bildet sich nach erfolgreicher Bestäubung eine Mehlbeere – ein eiförmiges bis kugeliges, etwa einen Zentimeter lange orange bis rote Apfelfrucht, die nicht von ungefähr an Apfel oder Hagebutte erinnert. Sie wird zum größten Teil aus dem stark vergrößerten Blütenboden gebildet, ganz ähnlich wie Apfel, Birne und Quitte. Im gelben Fruchtfleisch der Schwedischen Vogelbeere finden sich keine Steinzellen, und die 2-5 Millimeter langen Samen sind hellbraun. Reif werden ihre Mehlbeeren im September und Oktober; sie sind essbar und schmecken mehlig und leicht süßlich.
Schwedische Mehlbeere im Garten
Standort
Die Schwedische Mehlbeere hat keine besonderen Ansprüche an den Boden und kommt mit den meisten Substraten gut klar. Am liebsten ist ihr ein mäßig fruchtbarer und humusreicher, vor allem gut durchlässiger Boden. Sie möchte auf jeden Fall in der vollen Sonne oder wenigstens im Halbschatten stehen. Ansonsten ist sie vollkommen frosthart, zumal sie aus nördlicheren Gefilden stammt und einiges an Minustemperaturen verträgt. Beim Anpflanzen in der Nähe des Hauses oder von Balkon und Terrasse solltest Du daran denken, dass der intensive Geruch der Blüten nicht von allen Nasen als angenehm empfunden wird.
Schnitt
Ein Schnitt ist bei der Oxelbeere normalerweise überhaupt nicht erforderlich, ihre schöne gleichförmig runde Krone bekommt sie auch ohne menschliches Zutun. Natürlich kannst Du jederzeit tote und abgestorbene Äste entfernen und alles, was schief steht oder sich überkreuzt. Sie verträgt die Schnittmaßnahmen gut, auch wenn sie gerne darauf verzichten kann.
Vermehrung
Üblicherweise wirst Du eine kleine Schwedische Mehlbeere in der Baumschule oder im Gartenfachhandel kaufen, wenn Du sie in Deinem Garten ansiedeln möchtest. Viele der dort erhältlichen Exemplare sind auf andere Sorbus-Arten oder auf Rotdorn gepfropft. Wer es als erfahrender Gärtner selber probieren will: Okulieren im Sommer, pfropfen im Winter. Stecklinge bewurzeln oft recht schlecht, und die Nachzucht aus Samen ist langwierig.
Verwendung
Die Schwedische Mehlbeere besticht vor allem durch ihre hübsche und gleichmäßige Krone und den Reichtum an Blüten und Früchten. Im Garten macht sie sich vor allem als Solitärbaum gut, oder im Gehölzgarten und naturnahen Garten; andernorts findet man sie häufig in Parks und Grünanlagen oder als Alleebaum. Praktischerweise verträgt sie die Umweltbelastung in urbanen Gebieten außerordentlich gut, sie gilt als ausgesprochen rauchhart. Zudem ist sie ein gutes Vogelnährgehölz und wird von zahlreichen Insekten besucht.
Schädlinge
Schädlinge und Krankheiten wird man bei der Oxelbeere so gut wie nie finden; sie gilt als ausgesprochen robust. Blattläuse, Schildläuse und Spinnmilben treten nur bei unzuträglichen Standortbedingungen in größerer Zahl auf.
Ökologie
Auch wenn die Schwedische Beere bei uns nicht als heimisch gilt ist die mitteleuropäische Art trotzdem ein Magnet für die Insekten im Garten. Honigbienen, Schwebfliegen und Käfer finden sich hier zur Blütezeit in großer Zahl ein und sammeln den reichlich gebildeten Nektar und Pollen. Für Fliegen ist der durch Amine verursachte etwas penetrante Geruch besonders anziehend.
Unbedingt notwendig für die Bestäubung sind die tierischen Besuche nicht – die Schwedische Mehlbeere kann auch keimfähigen Samen produzieren, ohne bestäubt zu werden. Noch seltsamer: Viele Bäumen stellen Pollen her, aber der ist steril. Diesen Befund bezeichnet man als Apomyxie. Bei Rosengewächsen ist das nicht unbedingt ungewöhnlich, auch Brombeeren und andere Sorbus-Arten sind apomyktisch.
Apropos Mehlbeeren: Die Bäume sind nicht nur ein gutes Vogelschutzgehölz, die Früchte sind bei Vögeln auch als lange stehenbleibendes Winterfutter sehr beliebt. Was davon zu Boden fällt dient Kleinsäugern wie Mäusen als Nahrung. Gefressen und unbeschadet wieder ausgeschieden können die Samen fernab der Mutterpflanze neu austreiben. Bei uns interessieren sich vor allem Drosselvögel wie Amseln und Singdrosseln für die Beeren, in ihrer Heimat an der Ostseeküste gehört auch der dort vorkommende Seidenschwanz (Bombycilla garrulus) zu den Interessenten. Bei uns tritt dieser starengroße, durch Farbe und Federhaube auffällige Vogel nur zum Überwintern im nördlichen Teil Deutschlands auf.
Oxelbeeren sind zwar nur im Norden des Gebietes zu finden, aber sie verwildern recht oft und fühlen sich bei uns ziemlich wohl. Daher wachsen die Bestände zusehends. Auf den britischen Inseln gilt die Art inzwischen als eingebürgert. Als invasive Neophyten gelten sie bislang nicht, da sie recht gemächlich wachsen und vergleichsweise wenige Nachkommen produzieren.
Wissenswertes
Mehlbeeren und viele, viele Hybriden
Besagte Apomyxie ist ein Graus für die genaue Artbestimmung, denn viele der heimischen Sorbus-Arten bilden munter miteinander Hybriden, die selbst für einen Fachmann kaum noch auseinanderzuhalten sind. Dazu gehören auch Vogelbeere (Sorbus aucuparia), Mehlbeere (Sorbus aria), Elsbeere (Sorbus torminalis) und Zwerg-Mehlbeere (Sorbus chamaemespilus). Einzig der ebenfalls nahe verwandte Speierling (Sorbus domestica) bleibt unter seinesgleichen und hybridisiert nicht.
Aufgrund genetischer Analysen weiß man heute, dass die Schwedische Mehlbeere eine erbfeste Dreifachhybride aus Mehlbeere, Vogelbeere und Elsbeere (Sorbus aria x Sorbus aucuparia x Sorbus torminalis) ist. Diese Hybridbildung erklärt auch die Bildung von keimfähigen Samen trotz sterilen Pollens. Ähnlich sehen die Bastard-Vogelbeeren (Sorbus hybrida) aus, allerdings sind hier die Blätter (meistens) tiefer fiederspaltig und die beiden unteren Lappenpaare bis zur Mittelrippe voneinander getrennt.
Essbare Mehlbeeren – aber bitte gekocht
Die Mehlbeeren der Schwedischen Vogelbeeren kann man ebenso wie die anderer Sorbus-Arten essen; sie sind nur wenig süß und, wie der Name bereits andeutet, von einer mehligen Konsistenz. Meistens verwendet man sie zusammen mit anderen Früchten für Marmelade, Kompott und Gelee oder stellt daraus Saft her. Man sollte sie allerdings unbedingt kochen, da sie ansonsten unbekömmlich sind und im rohen Zustand Bauchschmerzen und Übelkeit verursachen können.