Was ist Kultur-Birne?
Kultur-Birne oder einfach Birnbaum (Pyrus communis) ist ein beliebter Obstbaum, der wie viele andere zur Familie der Rosengewächse (Rosaceae) gehört. Sie ist neben dem Apfelbaum oder Kulturapfel (Malus domestica) unser wichtigster heimischer Obstlieferant. Als „Wildform“ wächst er vor allem in warmen und locker bestandenen Wäldern, vor allem Auwäldern der Flüsse, aber nur sehr vereinzelt und selten. Viel öfter trifft man auf verwilderte Zuchtsorten, die aus Gärten und Streuobstwiesen ausgebüchst sind.
Die Kultur-Birne ist ein säulenförmig, pyramidenförmig oder birnförmig (kein Witz!) wachsender sommergrüner Baum mit sparrig abstehenden Ästen, der eine Höhe von 5-15 Meter und eine Breite von 3-6 Meter erreicht. Bisweilen finden sich vereinzelte Dornen an den Zweigen. Typisch für den Birnbaum ist seine Würfelborke: Die Rinde ist tief rissig und in würfelförmige Felder geteilt. So graubraun wie hier wird sie erst mit der Zeit, bei jungen Birnbäumen ist sie zunächst noch glatt und braun.
Die wechselständig stehenden, etwas ledrig erscheinenden Blätter sind kurz gestielt, eiförmig bis elliptisch, bis zu zehn Zentimeter lang und oberseits glänzend dunkelgrün, auf der Unterseite matt und etwas heller. Die feinen Zähne am Rand weisen allesamt nach vorne. Im Herbst verfärben sie sich gelblich, bevor sie abfallen.
Mitten im Frühling, je nach Lage und Witterungsbedingungen vor allem im April und damit kurze Zeit vor der Apfelblüte, erscheinen rosafarbene Knospen, die sich weißen, in doldenartigen Trauben stehenden und bis zu vier Zentimeter großen Blüten öffnen. Diese sind wie bei Rosengewächsen üblich zwittrig, fünfteilig mit doppelter Blütenhülle und sternförmig; sie riechen unangenehm nach Fisch. Die Kelchblätter sind grün und zipfelig, die Kronblätter 2-4 Zentimeter lang und innen strahlend weiß, außen oft rötlich überlaufen, und im Inneren stehen zahlreiche Staubblätter mit roten Staubbeuteln.
Aus den Fruchtknoten entwickeln sich nach erfolgreicher Bestäubung die typischen saftigen rundlichen bis birnförmigen Apfelfrüchte, die eine Länge von zehn Zentimetern erreichen und reif eine grüne, gelbe oder braune Schale und ein saftiges weiß-gelbes Fruchtfleisch aufweisen. Typisch für Letzteres sind die harten Steinzellen, die Birnen deutlich von den Äpfeln unterscheiden. In ihrem ledrigen Kerngehäuse finden sich bis zu fünf dunkelbraun glänzende längliche Samen.
Kultur-Birne im Garten
Standort
Die Kultur-Birne ist wenig anspruchsvoll und wächst in jedem halbwegs fruchtbaren und gut durchlässigen Boden, so lange der nicht gerade staunass und ausreichend tiefgründig ist. Er sollte möglichst nur wenig Kalk enthalten. Der Standort muss möglichst warm und in voller Sonne liegen.
Das ist auch für die Ernte wichtig: Je mehr Sonne und Wärme, je tiefgründiger und nährstoffreicher die Erde, desto aromatischer die Birnen und umso weniger Steinzellen werden im Fruchtfleisch gebildet. So gesehen ist es kaum verwunderlich, dass die meisten Birnen im Lebensmittelhandel heute aus Italien und Frankreich kommen. Bei Sorten ist zu beachten, dass hier die Veredelungsgrundlage in aller Regel entscheidender für die Bodenverhältnisse ist als die Ansprüche des Edelreises.
Wie es sich für eine einheimische Art gehört ist der Birnbaum vollkommen frosthart und übersteht auch die tiefsten bei uns üblichen Minusgrade. Beim Pflanzen in der Nähe des Hauses sollte man bedenken, dass der etwas penetrante Fischgeruch der Blüten nicht jedermanns/jederfraus Geschmack ist.
Schnitt
Falls der Birnbaum im Garten Wurzelschösslinge treibt solltest Du die rechtzeitig entfernen, sofern Du keinen weiteren Nachwuchs haben möchtest. Die beste Zeit zum Schneiden ist Ende Februar bis Ende März, aber auch bereits im Februar oder nochmal im Spätsommer und Herbst von Mitte Juli bis Anfang September ist ein Schnitt bei Kulturbirnen möglich.
Der Erziehungsschnitt für eine Rundkrone ist etwas diffizil, weil die Äste des Birnbaums recht steil wachsen. Gegebenenfalls musst Du sie dann mit eingekeilten Hölzern spreizen. Zu Beginn reicht es, bei einem jungen Birnbaum den Mitteltrieb und die drei kräftigsten Seitentriebe zu erhalten und bis auf die nach außen zeigenden Knospen einzukürzen. Bei älteren Bäumen immer daran denken, dass die kurzen Triebe an den zweijährigen Ästen die meisten Früchte tragen. Alles was deutlich älter ist kann also ab, bevor die Krone vergreist.
Vermehrung
Sich selbst vermehrt die Kultur-Birne durch Wurzelsprosse. Für den heimischen Garten ist das nicht besonders hilfreich: Im Allgemeinen wirst Du wohl einen kleinen Birnbaum in der Baumschule oder im Gartenhandel kaufen, der einen deutlichen Vorsprung gegenüber selbst gezogenen Sämlingen hat. Die meisten Sorten sind ohnehin gepfropft, weil sich die sortentypischen Eigenschaften nur durch vegetative Vermehrung, nicht durch Samen an die Nachkommenschaft übertragen lassen. Wenn Du als erfahrener Gärtner Dich daran versuchen willst: Die ideale Zeit zum Okulieren ist der Sommer, zum Pfropfen der Winter.
Es spricht allerdings auch nichts dagegen, sich an den Samen zu versuchen. Diese sät man im Herbst im Freiland oder im Aussaatbeet aus und lässt sich überraschen, was für eine Birne dabei herauskommt.
Verwendung
In großen Gärten lässt sich der Birnbaum in Obstwiesen integrieren, in kleineren kommt er in aller Regel als Solitärbaum zum Einsatz. Ansonsten findet man ihn oft noch als Alleebaum und in Streuobstwiesen. Kulturbirnen lassen sich auch als Spalierobst erziehen.
Schädlinge
Leider sind Birnen relativ anfällig für Schädlinge und Krankheiten. Sie erkranken vergleichsweise oft an Feuerbrand, Mehltau, Birnenschorf oder Braunfäule, und alte geschwächte Bäume werden von Pilzen wie Hallimasch und anderen Saprophyten befallen. An den Blättern und Blüten finden sich Blattläuse, Schildläuse, Gallmücken, Milben und nicht zuletzt Wicklerraupen als Obstmaden und unerwünschte Fleischbeilage. Raupen und Wespen übertragen auch die durch Monilia-Pilze hervorgerufene Fruchtfäule. Einen Befall mit Birnenpockenmilben (Eryophyes pyris) erkennt man an roten Gallen auf der Blattunterseite, mit dem Gemeinen Birnenblattsauger (Cacopsylla pyri) an kräuselig eingerollten Blättern. Hohle Früchte, die vorzeitig schwarz werden und abfallen sind das Werk der Larven der Birnengallmücke (Contarinia pyrivora).
Ökologie
Die Kultur-Birne wird von einer Vielzahl von Insekten bestäubt – Honigbienen, Wildbienen, Hummeln wie auch Schwebfliegen und Käfer finden sich an den weithin an ihrem Geruch erkennbaren Blüten ein und sammeln den reichlich gebildeten Nektar und/oder Pollen. Der penetrante Fischgeruch geht auf Amine wie Trimethylamin zurück, das vor allem Fliegen buchstäblich wie die Fliegen anlockt. Tierische Unterstützer braucht der Birnbaum, denn selbst bestäuben kann er sich nicht. Keine Insekten – keine Birnen. Der Wind spielt nur bei dichten Beständen und in Obstwiesen überhaupt eine Rolle.
Bemerkenswert ist die Zusammenarbeit von Honigbienen und Wildbienen: Inzwischen weiß man, dass für den optimalen Bestäubungserfolg die Zusammenarbeit von beiden erforderlich ist. Zu den zwölf Wildbienenarten, die sich an den Birnbäumen tummeln, gehören sieben Sandbienen wie Gemeine Sandbiene (Andrena flavipes) und Andrena dorsata, Rote Mauerbiene (Osmia bicornis) und Gehörnte Mauerbiene (Osmia cornuta) sowie Frühlings-Seidenbiene (Colletes cunicularius), Sechsstreifige Schmalbiene (Lasioglossum sexstrigatum) und Rotbeinige Furchenbiene (Halictus rubicundus).
Auch 17 Schmetterlinge machen sich darüber her – davon bekommen wir in der Regel kaum etwas mit, denn es sind allesamt Nachtfalter. Lediglich die Waldbuschflur-Wieseneule (Conistra rubiginea) nutzt die Blüten zum Nektarsammeln, andere wie die seltene Birnbaumeule (Atethmia ambusta), Goldafter (Euproctis chryosorrhoea) und Abendpfauenauge (Smerinthus ocellata) verwenden ihn als Raupenfutter zur Eiablage. Gleiches gilt für Weidenbohrer (Cossus cossus), Apfelwickler (Cydia pomonella) – ein nicht ganz so gern gesehener Gast-, Ringelspinner (Malacosoma neustria) und Großer Fuchs (Nymphalis polychloros).
Die Verbreitung der Samen erfolgt über die Früchte – was davon nicht von Wespen und anderen Insekten zerlegt wird gelangt bei Kleinsäugern über den Verdauungstrakt unbeschadet und mitunter weit von der Mutterpflanze entfernt am Boden, um dort zu einem neuen Birnbaum heranzuwachsen.
Für einige Pilze ist Pyrus communis ein wichtiger Symbiose-Partner, denn sie bilden zusammen Mycorrhiza aus: Tausche Nährstoffe gegen Zucker aus der Photosynthese. Eine bewährte Partnerschaft, von der beide Seiten profitieren.
Wissenswertes
Pyrus oder Pirus: Namensverwirrung um die Birnen
Von Synonymen nicht verwirren lassen: Bisweilen wird Pyrus communis auch als Pyrus vulgaris bezeichnet. Beides bedeutet sinngemäß Gewöhnliche Birne. Auch die falsche Schreibweise Pirus communis und Pirus vulgaris kommt bisweilen noch vor.
Veredelt auf Birnen und Quitten
Viele Kulturbirnen sind übrigens auf Quitten (Cydonia oblonga) veredelt, Apfel- oder Birnenquitte, die die Früchte des Edelreises noch etwas süßer und aromatischer machen. Auf ‚Quitte aus Angers‘ bleiben die Bäume eher schwach wüchsig, dafür bilden sie umso mehr und umso aromatischere Früchte. Eine andere beliebte Unterlage ist die ausgesprochen robuste und standfeste ‚Kirchensaller Mostbirne‘. Sie ist nicht ganz so anspruchsvoll wie die meisten Quittenunterlagen.
Wo der Birnbaum herkommt
Die Beschreibung oben trifft auf die 08/15-Birne zu – je nach Sorte gibt es recht unterschiedliche Wuchsformen und Wuchshöhen, und bei veredelten Birnensorten spielt auch die Unterlage eine gewichtige Rolle bei dem, was oben herauskommt. Als eine der eher seltener beteiligten Ausgangsformen der heute domestizierten Birnen gilt die Holzbirne oder Wilde Birne (Pyrus pyraster), die sich durch kräftig bedornte Zweige und holzige kleine Birnen auszeichnet. Was wir heute als Kulturbirnen kennen ist eine Auslese verschiedener Birnbaum-Arten, die vermutlich erstmals in West- und Zentralasien, vor allem aber im Kaukasus miteinander gekreuzt wurden und ein nicht mehr nachvollziehbares genetisches Gemisch ergeben haben. Viele dieser Ursorten sind noch heute in der Kaukasusregion wild anzutreffen. Die ersten schriftlichen Berichte bei den alten Griechen und später bei den Römern stammen aus dem ersten vorchristlichen Jahrtausend.
Tafelbirnen und Mostbirnen, Sommer-, Herbst- und Winterbirnen
Jedenfalls war der Mensch fleißig: Inzwischen sind über 1.500 Kultursorten von der Birne beschrieben. Im 18. und 19. Jahrhundert haben sich vor allem französische und belgische Züchter hervorgetan und zahlreiche Sorten geschaffen, die bis heute im Handel erhältlich sind.
Grob unterscheidet man zwischen Tafelbirnen wie ‚Alexander Lucas‘, ‚Williams Christ‘ und ‚Conference‘, die man vorwiegend roh verzehrt, und Mostbirnen wie ‚Gelbmöstler‘ oder ‚Kärntner Speckbirne‘, die zu Saft und Schnaps verarbeitet werden. Letztere haben in der Regel kleinere Früchte als die großen Tafelbirnen, die zudem meistens mehr Saft und Aroma enthalten.
Eine andere Unterscheidung geht nach der Reifezeit vor und unterscheidet Sommerbirnen, Herbstbirnen und Winterbirnen. Sommerbirnen wie ‚Frühe von Trevoux‘ und Herbstbirnen wie ‚Gute Luise‘ sind relativ kurz haltbar, während die Winterbirnen wie ‚Vereinsdechant‘ erst nach längerer Lagerung genussreif werden. Winterbirnen bewahrt man am besten in einem kühlen Raum bei 1 °C und hoher Luftfeuchtigkeit auf. Dann halten viele Sorten bis ins folgende Frühjahr.
Birnen in der Küche: Kalorienarm, zum Einmachen und als Trockenobst
In jedem Fall sind Birnen kalorienarm und enthalten Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente. Zudem wirken sie leicht entwässernd. Man isst sie vor allem roh, belegt damit Kuchen oder verarbeitet sie zu Kompott und Birnenmus. Zum Einmachen in Gläsern werden sie mit Zucker, Essig und Zimtstangen eingekocht. Zerkleinert und getrocknet sind die Hutzeln aus Birnen ein beliebtes Trockenobst, das vor allem um die Weihnachtszeit in Früchtebrot und anderem Backwerk nicht fehlen darf.