Was ist Wildpflaume?
Die Wildpflaume, Kirschpflaume oder Wilde Mirabelle (Prunus cerasifera), altmodisch auch als Myrobalane bezeichnet, wird als frühblühender Zierbaum gerne in Gärten und Parks angepflanzt. Wild kommt sie in einem Gebiet vom Südwesten Sibiriens über den Kaukasus und Iran bis zur Krim und der Balkan-Halbinsel vor. Sie gehört als Mitglied aus der Familie der Rosengewächse (Rosaceae) und der Gattung Prunus zur näheren Verwandtschaft von Pflaume, Mirabelle und Schlehe. Vor allem mit der Letzteren ist sie leicht zu verwechseln, wenn sie nicht gerade blüht oder fruchtet.
Bei der Kirschpflaume handelt es sich um einen vom Grund her meist mehrstämmigen Baum oder Strauch, der eine Höhe von 5-8 Metern erreicht und eine rundliche Krone bildet. Seine Borke ist schwarzgrau und unregelmäßig flach längsrissig; Dornen findet man bei dieser Art eher selten. Junge Zweige sind kahl, grün und auf der zur Sonne zugewandten Seite meist rötlich überlaufen. Mit zunehmendem Alter werden sie graubraun und weisen nur winzige Korkwarzen auf. An den Langtrieben fehlt meistens eine Endknospe.
Die sommergrünen Laubblätter stehen leicht aufwärts gerichtet und wechselständig an den Ästen; sie sind 5-10 Millimeter lang gestielt, mit einer länglichen eiförmigen oder verkehrt-eiförmigen Spreite und auslaufender Spitze. Diese misst 5-8 Zentimeter in der Länge und bis zu vier Zentimeter in der Breite und hat einen fein gesägten Rand. Die Oberseite ist glänzend dunkelgrün, die Unterseite matt und heller. Am Grund stehen ein oder zwei extraflorale Nektarien.
Die wohlriechenden Blüten der Wildpflaume erscheinen oft schon im Februar, vor allem aber im März und April vor oder gemeinsam mit dem Laubaustrieb; sie sitzen einzeln, zu zweit oder zu dritt an den Kurztrieben der vorjährigen Langtriebe. Wie für Rosengewächse typisch sind sie zwittrig, fünfzählig und mit einer doppelten Blütenhülle versehen. Aus einem recht langen Stiel erhebt sich der zurückgeschlagene Kelch und die weiße, 2-3 Zentimeter große schüsselförmig ausgebreitete Krone. Im Inneren der Wildpflaumenblüte stehen 20-30 unterschiedlich lange Staubblätter.
Aus den Fruchtknoten entwickeln sich 2-3 Zentimeter große, kugelrunde oder leicht abgeflachte Steinfrüchte mit saftigem Fruchtfleisch, einem leichten Wachsbelag auf der Haut und einer kleinen Längsrille an der Seite. Im Inneren steckt ein flacher, etwa 1,5-2 Zentimeter langer Steinkern, in dessen holziger Schale sich ein kleiner Samen verbirgt. Die an Mirabellen oder Reineclauden erinnernden Früchte haben eine gelbe Grundfarbe und sind zur Sonne hin rot gefärbt.
Wildpflaume im Garten
Standort
Bei den Ansprüchen an ihren Standort unterscheidet sich die Wildpflaume wenig von der domestizierten Pflaume oder Zwetschge. Sie gedeiht am besten auf einem mittel- bis tiefgründigen, basenreichen und vorzugsweise kalkhaltigen Lehm- oder Lössboden. Viel Sonne oder zumindest Halbschatten sind vor allem für einen reichhaltigen Fruchtansatz notwendig. Der Boden sollte gut durchlässig, mäßig nährstoffreich und immer leicht feucht sein. Die Wildpflaume ist vollkommen frosthart und übersteht auch strenge Winter. Bestenfalls den Blüten können unvermutete Spätfröste zum Verhängnis werden.
Schnitt
Beim Schneiden der Wildpflaume sollte man immer im Hinterkopf behalten, dass die Blüten und Früchte an den Kurztrieben der vorjährigen Langtriebe erscheinen. Alles Ältere lässt sich also relativ bedenkenlos kappen. Man sollte vor allem zusehen, dass die Krone ihre schöne Form behält und abgestorbene und überkreuzende Äste entfernen. Wenn man die bald überhängenden Zweige im Zaum hält wächst die Wildpflaume auch eher baumartig und wird nicht zur Hängepartie.
Vermehrung
Wer sich ein Wildpflaumenbäumchen aus einem Samen ziehen möchte, kann das gerne versuchen. Sie keimen recht zuverlässig, brauchen aber Jahre, bis sie zu einem stattlichen Exemplar werden. Daher greift der Gärtner lieber auf die jungen Bäume aus der Baumschule oder dem Gartencenter zurück, die schon etwas mehr Vorsprung haben. Ansonsten kann man auch vom grünen Holz Stecklinge schneiden und in warmer feuchter Erde bewurzeln.
Verwendung
Wildpflaumenbäume sind ähnlich hart im Nehmen wie der Schlehdorn. Sie sind nicht nur ein hübsches und relativ anspruchsloses Obstgehölz für den heimischen, gerne auch kleinen Garten, wo sie sowohl als Solitär als auch in einer Obstwiese gut zur Geltung kommen, sondern auch ein ausgezeichneter Bodenfestiger. In Russland verwendet man sie häufig in landwirtschaftlich genutzten Gebieten als Windschutz, von dem auch die einheimische Fauna profitiert.
Die gute Bienenweide ist auch eine beliebte Unterlage zum Pfropfen und Okulieren von weniger wüchsigen und widerstandsfähigen Obstsorten. Viele haben daher nicht nur eine Pflaume, Mirabelle oder Reineclaude im Garten, sondern auch eine Wildpflaume, ohne es zu ahnen. Nur mit Aprikose verträgt sich die Unterlage absolut nicht.
Eher selten anzutreffen: Wildpflaume kann man auch als Bonsai halten.
Schädlinge
Im Vergleich zu anderen Prunus-Arten gilt die Wildpflaume als ausgesprochen robust, daher die Beliebtheit als Unterlage zum Pfropfen. Blattläuse sind Dauergäste an den Blättern und Blüten, meist aber ohne den Pflanzen nachhaltigen Schaden zuzufügen.
Ökologie
Wie bei den meisten anderen Arten der Gattung Prunus ist auch bei der Wildpflaume der Nektar in den reichlich gebildeten Blüten leicht zugänglich, sodass die Pflanzen von vielen Insekten besucht werden. Hauptbestäuber ist die Honigbiene, aber auch sechs Wildbienen interessieren sich für die ausgezeichnete Bienenweide. Dabei handelt es sich allesamt um Sandbienen (Andrena spec). Wichtig ist sie als Futterlieferant im zeitigen Frühjahr, wo die erwachende Insektenwelt noch vergleichsweise wenig Futter findet. Die Kirschpflaume zählt zu den Obstgehölzen, die im Frühjahr als erste blühen, oft bereits sogar im Februar.
Die Blätter der Kirschpflaume dienen vier Schmetterlingen als Raupenfutter, dem Rotschwanz (Calliteara pudibunda), Goldafter (Euproctis chrysorrhoea), Schlehenspinner (Orgyia antiqua) und dem Nierenfleck-Zipfelfalter (Thecla betulae).
Die reifen Früchte sind ein Anziehungspunkt für Vögel und Wespen, und sobald sie zur Erde fallen auch für Kleinsäuger wie Igel (von den Krabbeltieren in den Früchten), Maus und Siebenschläfer. Bel kleinen Bäumen hat der Gärtner also mit Konkurrenz zu rechnen und ist oftmals froh, wenn man ihm etwas von der Ernte übriglässt. Die Tiere tragen zur Verbreitung der Samen bei, die erst beim Verrotten der harten Außenschale zu keimen beginnen.
Eine Ausnahme bei der Beliebtheit machen die Früchte der Prunus cerasifera var. divaricata. Sie ist schwächer wüchsig als die Wildform, und die zudem kleineren Früchte sind anscheinend derartig sauer, dass noch nicht einmal die Vögel sie fressen. Man erkennt sie im Garten leicht daran, dass selbst im tiefsten Winter noch Früchte am Baum hängen. Der Vögel Leid, des Gärtners Freud: Die bei dieser Varietät stets reingelben Früchte sehen im schneebedeckten Garten besonders apart aus. PS: Auch dem Gärtner selbst schmecken diese Wildmirabellen in den seltensten Fällen.
Wissenswertes
Weder Kirsche noch Pflaume
Die Kirschpflaume oder Wildpflaume ist eine eigenständige Art und keineswegs eine Kreuzung aus Kirsche und Pflaume, wie man anhand des deutschen Namens annehmen könnte. Dieser bezieht sich auf die Früchte, die in der Tat ein Mittelding aus beiderlei Obst darstellen – Wildpflaumen sind rund und saftig wie eine zu groß geratene Kirsche, aber der Steinkern sieht aus wie der einer Pflaume, nur deutlich kleiner. Ähnliches gilt für das Art-Epitheton: cerasifera bedeutet im Lateinischen kirschentragend. Die Bezeichnung Wilde Mirabelle kommt daher nicht von ungefähr.
Verwechslungsgefahr
Im vegetativen Zustand kann man die Wildpflaume relativ leicht mit der Schlehe verwechseln, mit der sich recht nahe verwandt ist. Die Unterschiede: Sie wächst deutlich stattlicher, ausladender und weniger buschig, die Äste hängen oft über und sind deutlich weniger bedornt als beim äußerst wehrhaften Schlehdorn. Auch die Blüten sind unterschiedlich: Wildpflaumenblüten sind deutlich länger gestielt als die beinahe sitzenden Schlehenblüten, und die Schlehe blüht etwas später.
Die Kirschpflaume als Obstbaum
Vermutlich gelangte die Wildpflaume über die Handelsverbindungen der Seidenstraße ins römische Reich, wo sie schon damals sehr geschätzt wurde. Im nördlicheren Mitteleuropa wird sie erst im 16. Jahrhundert schriftlich erwähnt.
Eigentlich ist es verwunderlich, dass das Obst bisher noch nicht mehr Anklang gefunden hat und derart deutlich im Schatten von Pflaume und Kirsche steht: Die Früchte sind groß und saftig, säuerlich aber wohlschmeckend, lange haltbar und gut transportfähig, und Maden des Pflaumenwicklers findet man hier vergleichsweise selten als Fleischbeilage. Zudem blühen und fruchten die Wildpflaumen recht reichhaltig und zuverlässig und weniger anfällig für Schädlinge und Krankheiten. Außerdem sind die Bäume nicht eben unergiebig – ein ausgewachsener Wildmirabellenbaum liefert um die 300 Kilogramm Früchte.
Andererseits sind diese weniger aromatisch und deutlich saurer als ihre Verwandten, und das Fruchtfleisch lässt sich oft nur schwer vom Kern lösen. Vielleicht kommen die Leute noch irgendwann auf den Geschmack – im heimischen Garten kann man mit einer Kirschpflaume jedenfalls nichts falsch machen und Bienen, Wildbienen und Schmetterlingen wie auch Vögeln einen Gefallen tun.
Wildpflaumen in der Küche
Bemerkenswerterweise schmecken die Wildmirabellen von Baum zu Baum und bisweilen auch von Jahr zu Jahr unterschiedlich. Sie werden erst bei ausreichender Reife richtig süß, vorher herrscht ein eher saurer Geschmack vor. Man muss allerdings aufpassen, dass sie nicht mehlig werden. In der Küche verwendet man sie vor allem für die Herstellung von Kompott und Marmelade, gerne auch mit anderen Früchten, vor allem mit „richtigen“ Pflaumen gemischt. Beliebt ist auch der Wildpflaumenlikör – dazu übergießt man das kleingeschnittene Fruchtfleisch mit Kandiszucker und hochprozentigem Alkohol aus der Apotheke und lässt die Mischung unter täglichem Schütteln ein paar Tage stehen.
Myrobalane und Türkenpflaume
Selten trifft man noch auf die altmodische Bezeichnung Myrobalane; sie rührt vom alten Artnamen Prunus myrobalana. Der ungewöhnliche Name kommt aus dem Griechischen und bedeutet sinngemäß wohlriechende Eichel. Regional bezeichnet man sie auch als Türkenpflaume – in der Türkei ist sie tatsächlich wesentlich beliebter als bei uns und wird als can erigi verkauft. Beim Türken um die Ecke bekommt man die Wildmirabellen wesentlich häufiger zu kaufen als im Supermarkt. Eine noch größere Rolle spielt sie in Russland, vom allem am Kaukasus, wo sie häufig als Obstbaum angebaut wird. Hier finden sich auch zahlreiche Sorten mit gelben, rosa, roten und violetten Früchten.
Bach-Blüte Nr. 6
Wohl am bekanntesten ist die Wildpflaume in der Naturheilkunde als Cherry Plum. Bei der von Edward Bach entwickelten Bach-Blütentherapie setzt man die Bachblüte Nr. 6 für Entspannung und mehr Gelassenheit ein.
Das Laub von Wildpflaume ist schnell kompostierbar
Das Herbstlaub von Prunus cerasifera wird innerhalb von etwa einem Jahr zu wertvollem Laubkompost, den du zum Düngen deines Nutzgartens verwenden kannst. Nutze das Laub auch als Mulch, um den Boden vor Erosionen und Frost zu schützen. Ob als Kompost oder als Mulch – so förderst Du die Humusbildung.