Heimische Wildpflanzen sind die neuen Exoten
Heimische Wildpflanzen sind vielerorts selten geworden und damit die neuen Exoten in unseren Gärten. Sie sind, im Gegensatz zu Neuzüchtungen und Neuankömmlingen, eine wichtige Nahrungsquelle für Wildbienen und Schmetterlinge. In puncto Stand- und Klimafestigkeit sind sie anderen Arten deutlich überlegen. Auch kalte Winter überleben sie meist ohne Probleme. Gut für dich, gut für die Natur.
Also pflanzt heimische Arten, so wie diese!
Markus Wichert
Naturgärtner
Was ist Ähriges Tausendblatt?
Das Ährige Tausendblatt ist nur Gärtnern, sondern auch Aquarianern bekannt; die besonders wüchsige Wasserpflanze aus der Familie der Tausendblattgewächse (Haloragaceae) kommt auch in vielen stehenden und langsam fließenden Gewässern mit nährstoffreichem Wasser der ganzen nördlichen Hemisphäre und vielen Ländern der Südhalbkugel vor und erträgt dabei bis zu einem gewissen Grad auch mit Umweltbelastungen wie Schwermetallen und organischen Verbindungen.
Die ausdauernden immergrünen Stauden sind mit einem kräftigen Rhizom im schlickigen Untergrund verankert; die stark verzweigten, oft rötlich überlaufenen Stängel werden 2-3 Meter lang und bleiben mit Ausnahme der Blütenstände stets unter der Wasseroberfläche. Mit etwas Abstand stehen daran meist vier der unverkennbaren, in bis zu 40 kammförmig Fiederchen geteilten und ingesamt 1,5-3,5 Zentimeter langen Blätter. Oft bilden sich mit der Zeit kleine Kalkkrüstchen an den Blättern. Im Winter bleiben Stängel und Blätter erhalten; im Gegensatz zum nahe verwandten Quirligen Tausendblatt bildet diese Art keine Winterknospen (Turionen), die am Teichgrund überwintern und erst im Frühling aufsteigen und austreiben.
Im Sommer erscheinen an den Enden der Triebe die 5-15 Zentimeter großen ährenförmigen Blütenstände, die als einzige Bestandteile des Ährigens Tausendblattes über die Wasseroberfläche hinausragen. Sie erreichen eine Länge von 4-16 Zentimetern und bestehen aus Quirlen, ganz ähnlich den Blättern weiter unten, aber hier mit meist vier stark reduzierten rosafarbenen Knospen, später 4-6 Millimeter große weißen Blüten statt Blättern. Meistens stehen oben die männlichen, weiter unten die weiblichen Blüten, dazwischen finden sich einige zwittrige. Sie alle werden von Tragblättern begleitet; die männlichen Exemplare sind vierzählig mit einem röhrenförmig verwachsenen Kelch, vier Kronblättern und doppelt so vielen Staubblättern, die weiblichen Blüten bestehen nur aus dem Fruchtknoten mit kurzem Griffel und einer fedrigen Narbe, selten sind reduzierte Blütenblätter zu finden. Aus den Fruchtknoten entwickeln sich Spaltfrüchte mit jeweils vier 2-3 Millimeter großen Nüsschen.
Ähriges Tausendblatt im Garten
Standort
Am liebsten ist dem Ährigen Tausendblatt ein Gartenteich mit einem schlickigen Untergrund und einem nährstoffreichen, am besten kalkhaltigen Wasser. Es verträgt auch geringe Mengen an Salz (bis zu neun Promille Kochsalz) und Schadstoffen, sodass es für die meisten Teiche geeignet sein sollte. Austrocknen dürften die empfindlichen Pflanzen nicht. Im Winter ist es ausgesprochen frosthart.
Schnitt
Gegebenenfalls musst Du das Ährige Tausendblatt gründlich im Auge behalten und es regelmäßig ausmisten, damit es nicht überhandnimmt.
Vermehrung
Sich selbst vermehrt das Ährige Tausendblatt ausgesprochen fleißig mit Teilen seines Rhizoms und seiner Stängel wie auch mit den Samen. Hinzu kommen Knospen an den Stängeln und Blättern, die bei hinreichender Größe abbrechen und davonschwimmen. Einmal im Gartenteich angesiedelt musst Du es eher in seinem Ausbreitungsdrang begrenzen als sich um seine Vermehrung kümmern.
Verwendung
Ähriges Tausendblatt ist als Wasserpflanze natürlich für den Gartenteich am besten geeignet – ebenso wie als Aquarienpflanze. Es stellt dabei keine besonderen Ansprüche und vermehrt sich rasch.
Ökologie
- Für den nötigen Auftrieb sorgt ein spezielles luftgefülltes Gewebe in den Stängeln, ein Aerenchym.
- Je nach Luftdruck steigt das Ährige Tausendblatt nach oben oder sinkt nach unten. In Aquarien lässt es sich daher für die Wettervorhersage
- Das Aerenchym lässt auch die Blütenstände über Wasser erscheinen, da das Ährige Tausendblatt auf die Bestäubung mit dem Wind oder seltener durch Insekten angewiesen ist.
- Die Früchte zerfallen bei der Reife in vier schwimmfähige Nüsschen, die mit dem Wasser verbreitet werden und an weit entfernter Stelle keimen können.
- Die Bestände werden vor allem von Jungfischen als Unterschlupf genutzt; dagegen sind sie für größere Fische ein Hindernis.
- Zu den Fischen, die hier ablaichen, gehört der in Deutschland seltene aalähnliche Europäische Schlammpeitzger Musgurnus fossilis, der Fisch des Jahres 1987.
- Dank seiner Widerstandsfähigkeit und der reichlich gebildeten Ableger gilt das Ährige Tausendblatt als stark invasive Pflanze, die sich in vielen Ländern geradezu explosionsartig ausbreitet. Als invasiver Neophyt bedroht es so die dort heimischen aquatischen Ökosysteme, so in Nordamerika und Südafrika.
- Eine Möglichkeit der biologischen Bekämpfung: Der Nachtfalter Acentria ephemerella nutzt die Pflanzen als Raupenfutter. Nach der Eiablage minieren die jungen Raupen in den Blättern und Stängeln, später fressen sie direkt an den Pflanzenteilen und überwintern in den Stängeln, bis sie im Frühjahr schlüpfen.
- In nährstoffreichen Gewässern bilden die Pflanzen schnell große Matten, die das Schwimmen, Boot fahren und Angeln erschweren.
- Wenn diese absterben setzt das reichlich organisches Material frei, sodass das Wasser gerade im Sommer schnell „kippt“ und eutrophiert.
- Andererseits sorgen die lebenden Tausendblätter für reichlich Sauerstoff im Gewässer.
- Myriophyllum spicatum bildet Stoffe, die das Wachstum von Blaualgen wie Microcystis aeruginosa
- Die an den Blättern gebildeten Kalkkrusten zeigen, dass die Pflanzen das Wasser entkalken.
Wissenswertes
- Tausendblatt heißt auch der botanische Name Myriophyllum, der sich aus dem Griechischen ableitet.
- Seltene Kost: Die Wurzeln sind essbar.
Was sind mehrjährige Stauden?
Mehrjährige Stauden bleiben über viele Jahre erhalten. Den Winter überdauern sie eingezogen in Wurzeln, Zwiebeln oder anderen unterirdischen Speicherorganen und treiben im nächsten Frühjahr wieder aus.
Markus Wichert
Naturgärtner