Was ist Europäische Stechpalme?
Die Europäische Stechpalme oder Hülse (Ilex aquifolium) ist der einzige europäische Vertreter der Stechpalmengewächse (Aquifoliaceae). Man findet sie zerstreut, aber meist gesellig vor allem im Unterstand von Buchen- und Buchen-Tannen-Wäldern und noch wesentlich häufiger als Zierpflanze in Gärten und Parks.
Es handelt sich dabei um einen immergrünen Baum oder Strauch, der eine Höhe von 2,5-4,5 Metern erreicht und bis zu 300 Jahren alt werden kann, mit einem Stammdurchmesser von bis zu einem halben Meter. Die glatte Rinde bleibt lange grün und verfärbt sich erst im Alter schwarzgrau und rollt sich mit einer dünnen Borke ab. Junge Zweige sind gerieft, grün und kurz und dicht behaart, erst im Folgejahr verkahlen sie und werden rundlich.
Seine elliptischen Blätter stehen wechselständig und sind mit ihrer ledrigen Struktur und stacheligen Spitzen unverwechselbar. Sie haben einen 10-15 Millimeter langen Stiel und werden 5-8 Zentimeter lang und halb so breit; sie sind auf der Oberseite glänzend dunkelgrün, auf der Unterseite matt gelbgrün. Bei alten Pflanzen und in der Nähe der Blütenstände werden die Blätter zusehends weniger dornig, bis sie schließlich einen fast glatten Rand haben. Die Nebenblätter am Blattgrund sind hinfällig, wohingegen die Laubblätter meist drei Jahre alt werden.
Die Europäische Stechpalme ist zweihäusig, es gibt also männliche und weibliche Exemplare mit entsprechenden Blüten. Diese sind kurz gestielt und erscheinen in den Blattachseln vorjähriger Blätter. Die kleinen und unauffälligen vier-, selten fünfzähligen Blüten bestehen aus jeweils am unteren Ende miteinander röhrig verwachsenen grünen Kelchblättern und weißen Kronblättern. Daraus entwickeln sich bei den weiblichen Exemplaren die kugeligen, 8-10 Millimeter großen Steinfrüchte, die anfangs grün und in der Reife glänzend rot erscheinen. In ihrem Inneren beherbergen sie vier 6-7 Millimeter lange geriefte Steinkerne mit den Samen.
Europäische Stechpalme im Garten

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Standort
Die Europäische Stechpalme bevorzugt einen frischen bis mäßig trockenen, mäßig nährstoff- und basenreichen sandigen oder steinigen Lehmboden mit viel Schatten oder Halbschatten. Sonne vertragen die Blätter auf Dauer nicht, und auch Staunässe ist unbekömmlich. Beim Pflanzen im heimischen Garten sollte man an die giftigen Beeren denken – sie werden zwar inzwischen nicht mehr als ganz so giftig eingestuft wie früher, aber gerade kleine Kinder kommen bei den hübschen roten Kügelchen auf dumme Ideen.
Schnitt
Ein Schnitt ist bei der Stechpalme vor allem zur Begrenzung des Wachstums erforderlich, wenn sie die vorgesehenen Grenzen mit ihren Ausläufern zu überschreiten droht. Sie ist gut schnittverträglich. Altes und totes Gehölz kann man jederzeit entfernen.
Vermehrung
Die Büsche schlagen insbesondere im Schatten mit Wurzelsprossen reichlich aus und verbreiten sich so in ihrer Umgebung. Eine Anzucht aus Samen ist mühsam, wesentlich schneller kommt man mit Stecklingen und Absenkern ans Ziel.
Verwendung
Eine Europäische Stechpalme ist ein schöner Solitär für schattige Stellen und macht sich auch gut als Unterwuchs von Baumgruppen. Die Hecken sind blickdicht und bieten Vögeln nicht nur Unterschlupf und Nistmöglichkeiten, sondern auch Winternahrung in Form der zahlreichen Beeren.
Schädlinge
In den Blättern findet sich häufig die Minierfliege Phytomyza aquifoli, deren Larven Gänge ins Gewebe bohren und unregelmäßige braune Flecken verursachen.
Ökologie

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Die Bestäubung der Europäischen Stechpalme übernehmen vor allem Honigbienen. Für die Blätter als Raupenfutter interessiert sich ein Schmetterling, das Blausieb (Zeuzera pyrina). Den Pollen sammeln 12 Wildbienen, vor allem Sandbienen (Andrena spec.), die Rostrote Mauerbiene (Osmia bicornis) und Gehörnte Mauerbiene (Osmia cornuta) sowie die Frühlings-Seidenbiene (Colletes cunicularis).
Für Vögel sind die roten Früchte ein wichtiges Winterfutter, denn sie bleiben häufig bis ins nachfolgende Frühjahr an den Sträuchern stehen und werden mit jedem Frost weicher und weniger bitter. Vor allem Drosseln wie die Amseln sowie Rotkehlchen und Mönchsgrasmücken sind hier Dauergäste und sorgen für die Verdauungsausbreitung der Samen. Darüber hinaus halten die dornigen Blätter Fressfeinde fern, was sich die gefiederten Gesellen für Unterschlupf und Nestbau zunutze machen.
Die Blätter sind vor allem weit unten besonders stachelig, um Fressfeinde fernzuhalten, während sie in der Höhe und in der Nähe der Blüten fast unbewehrt sind. Vögel und Bestäuber kommen also gut in die Stechpalme hinein, wohingegen Kaninchen mit ihren vorwitzigen Näschen nicht weit kommen. Vor hungrigen Rehen und Hirschen schützt die Wehrhaftigkeit oft wenig, und in strengen Wintern kommt es häufig zu Wildverbiss.
Wissenswertes
Mit Ilex bezeichneten die alten Römer eigentlich die Steineiche; der Artname aquifolium hat nichts mit Wasser zu tun, sondern leitet sich von acutus für spitz und folium für Blatt ab. Sie stand auch Pate für den altbekannten Spruch „Ilse bilse, keiner willse“ – eigentlich geht der weiter mit „die böse Hülse“, die sich im Wald schnell zum stachelbewehrten Unkraut entwickelt.
Die Europäische Stechpalme droht selten zu werden, sodass sie laut Bundesartenschutzverordnung unter besonderem Schutz steht. Sie ist giftig, was vor allem für die dekorativen Beeren zutrifft. Die Vogelwelt stört das wenig, sie macht von dem Winterfutter mit Vorliebe Gebrauch.
In den französischen Vogesen kommt die Europäische Stechpalme vergleichsweise häufig vor. Stechpalmenbrand Baie de Houx ist eine nur noch selten hergestellte und teure Elsässer Spezialität, die man aus in Weinbrand mazerierten Beeren herstellt. Der Preis erklärt sich nicht zuletzt damit, dass man im Winter für einen Liter Schnaps fast 100 Kilogramm reife Stechpalmenbeeren mühsam von Hand sammeln muss.
Stechpalmenholz ist in Splint und Kern weiß bis gelblichgrün und hat einen charakteristischen leicht bläulichen Schimmer. Es ist feinfaserig, schwer spaltbar und zäh, aber auch sehr widerstandsfähig und gut polierbar. Daher wurde es früher häufig für Furniere, Intarsien, Messergriffe und Druckstöcke für Holzschnitte verwendet. In Schottland stellte man daraus die Pfeifen für Dudelsäcke her. Das vermutlich bekannteste Relikt dieser früheren Beliebtheit ist Goethes Spazierstock, den man noch heute in seinem Haus am Frauenplan in Weimar bewundern kann.
Die dornigen ledrigen Blätter macht man sich seit Alters her zunutze: In den Hohlräumen von Fachwerk hielten sie Ratten und Mäuse fern, und zu einem Busch gebunden verwendeten es die Schornsteinfeger zum Reinigen von Kaminen.
Neben der Wildform gibt es zahlreiche Zuchtsorten mit abweichender Form und Farbe der Blätter.