Was ist Kleinblütiges Weidenröschen?
Kleinblütiges Weidenröschen oder Bach-Weidenröschen (Epilobium parviflorum) ist bei uns heimisch und wächst ziemlich häufig am Saum fließender Gewässer, an Gräben und Quellen und am Wegesrand. Es findet sich selbst in den Hochlagen der Alpen. Das Mitglied aus der Familie der Nachtkerzengewächse (Onagraceae) ist in Europa und Asien weit verbreitet und weltweit vielerorts eingeschleppt.
Die ausdauernde krautige Pflanze wird mit ihren Blütenständen bis zu einem Meter hoch und bildet oft lockere Bestände. Als Überwinterungsorgane dienen dicht unter der Erde am Wurzelstock sitzende Knospen. Seine aufrechten runden Stängel verzweigen sich erst in der oberen Hälfte und sind grau und zottelig behaart. Vereinzelt finden sich harzreiche Drüsen. Die sitzenden gegenständigen Blätter sind schmal-elliptisch bis schmal-lanzettlich, 3-7 Zentimeter lang und drei Zentimeter breit. Ihr Rand ist schwach und entfernt gezähnt, die Basis herzförmig oder sich in den Stiel verschmälernd und die Spitze auslaufend. An der Basis der Stängel stehen sie rosettig gehäuft und werden nach oben hin zusehends kleiner.
Am Ende der Triebe erscheinen in den Blattachseln die lang gestielten, 6-7 Millimeter großen Blüten in lockeren Trauben. Sie sind vierzählig mit doppelter Blütenhülle, radiärsymmetrisch und zwittrig. Die grünen Kelchblätter sind gekielt ohne Spitze und bis zu sechs Millimeter lang, die rosafarbenen bis dunkelroten Kronblätter mit 6-10 Millimetern deutlich länger und am Ende herzförmig bis tief geschlitzt. Dazwischen stehen acht Staubblätter und der unterständige Fruchtknoten mit vier Narben. Aus letzterem entwickelt sich eine Weidenröschen-typische, bis zu sieben Zentimeter lange rundliche, flaumig behaarte Kapselfrucht. Anfangs ist sie grün, später oft rot überlaufen und springt bei der Reife an der Spitze mit vier Klappen auf, um die zahlreichen Samen freizugeben. Diese sind etwa einen Millimeter groß und schwarz, mit auffälligen Haaren, die den offenen Kapseln ein wolliges Aussehen verleihen.
Kleinblütiges Weidenröschen im Garten

Quelle: weha/shutterstock.com
Standort
Das Kleinblütige Weidenröschen wächst gerne auf einem feuchten bis nassen nährstoff- und basenreichen, milden und humosen Ton- oder Lehmboden. Es braucht viel Licht, steht aber am liebsten im Halbschatten. In voller Sonne wird die rote Färbung noch ausgeprägter. Die Pflanzen sind winterhart.
Schnitt
Will man eine unkontrollierte Selbstaussaat verhindern, sollte man die abgeblühten Teile regelmäßig entfernen. Zudem blühen sie dadurch noch länger.
Vermehrung
Die Samen kann man an Ort und Stelle im Garten aussäen, sobald sie reif sind, oder im folgenden Frühjahr. Vorhandene Bestände lassen sich im Frühling oder Herbst teilen und versetzen. Stecklinge wachsen schnell und zuverlässig an, wenn man sie im zeitigen Frühjahr von grünen Trieben schneidet.
Verwendung
Das Kleinblütige Weidenröschen eignet sich für krautbestandene Rabatten, Blumenbeete und Steingärten. Auch im nassen Uferbereich eines Gartenteiches findet es ideale Bedingungen vor.
Schädlinge
Sämlinge sind ein gefundenes Fressen für Schnecken. Später treten bisweilen Rostpilze und Mehltau an den Blättern auf.
Ökologie
Das Kleinblütige Weidenröschen ist selbstbestäubend oder nimmt gerne die Hilfe von Insekten in Anspruch. Drei Schmetterlinge finden sich an den Pflanzen ein: Der Raps-Weißling (Pieris napi) nutzt den Nektar als Nahrung, Mittlerer Weinschwärmer (Deilephila elpenor) und Nachtkerzenschwärmer (Proserpinus proserpinus) als Raupenfutter. Die haarigen Anhängsel der Samen sorgen für die Verbreitung mit dem Wind, der die wolligen Büschel weit fortträgt.
Wissenswertes
Kleinblütig heißt dieses Weidenröschen, weil es dem Zottigen Weidenröschen Epilobium hirsutum sehr ähnelt, aber deutlich kleinere Blüten ausweist. In den Kräuterbüchern des Mittelalters werden verschiedene Arten des Weidenröschen als Heilpflanzen beschrieben, darunter auch das Kleinblütige Weidenröschen. Es gilt heute in der Naturheilkunde als harntreibendes Mittel und soll bei Prostatabeschwerden hilfreich sein. Das Kraut ist reich an Flavonoiden, Gerbstoffen und Sitosterol, die entzündungshemmend und antioxidativ wirksam sind.
In der Natur bildet das Kleinblütige Weidenröschen zahlreiche Hybriden, von denen auch einige im Gartenfachhandel auftauchen. Seine inzwischen fast weltweite Verbreitung sorgt vielerorts für Probleme. Mit seinen zahlreichen weitfliegenden Samen fasst der aggressive Neophyt schnell überall Fuß und verdrängt die einheimischen Arten – gut, dass es bei uns bereits heimisch ist.
Was sind mehrjährige Stauden?
Mehrjährige Stauden bleiben über viele Jahre erhalten. Den Winter überdauern sie eingezogen in Wurzeln, Zwiebeln oder anderen unterirdischen Speicherorganen und treiben im nächsten Frühjahr wieder aus.
Markus Wichert
Naturgärtner